Datenqualität in Migrationsprojekten

Datenmigration: Von der Pflicht zur Kür

30. September 2021, 8:00 Uhr | Autor: Axel Schmale / Redaktion: Diana Künstler

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

DQ-Strategie bei Migrationsprojekten

Unternehmen, die Migrationsprojekte planen, sind gut beraten, schon in der Konzeption eine Datenqualitätsstrategie zu entwickeln. Damit diese zu den richtigen Entscheidungen und der passenden Technologieauswahl führt, ist es angebracht, zuerst einen Status quo zu erheben. Zu einer solchen Bestandsaufnahme zum Start gehört eine Landkarte der datenführenden Systeme, eine Beurteilung der Kompatibilität ihrer Schnittstellen und Datenmodelle untereinander sowie eine zumindest stichprobenartige Analyse der Datenqualität. So lassen sich die für das Migrationsprojekt erfolgsentscheidenden Stellschrauben und technischen Voraussetzungen dokumentieren und in die Planung einbeziehen.

Die Evaluation der Datenqualität gibt Auskunft über den Stand der Dinge bei den zentralen Kriterien der Datenqualität. Wie steht es um die Aktualität? Sind die Kunden- und Geschäftspartnerdaten auf dem neuesten Stand, wann wurden sie zuletzt vom Kunden selbst geändert oder im Kontakt mit Vertrieb oder Kundensupport verifiziert? Je nach Ergebnis kann es ratsam sein, ein datenführendes System wie ein CRM- oder ein ERP-System als Master zu definieren und noch vor der eigentlichen Migration eine Aktualisierungskampagne per E-Mail-Newsletter oder über die Serviceabteilung durchzuführen. Dies lohnt sich bei Daten, die nur direkt vom Kunden in Erfahrung zu bringen sind. Der Datenqualitätscheck verrät auch, wie es um die Vollständigkeit der Datensätze bestellt ist. Datenpunkte, die im künftigen Masterdatensatz fehlen, können eventuell im Rahmen der Migration aus anderen Systemen eingelesen und verifiziert werden. Dafür ist ein genaues Studium der Datenmodelle der verschiedenen Quellsysteme notwendig, damit bei der Zusammenführung keine neuen Fehler entstehen.

Bei Migrationsprojekten im Zuge von Mergers & Acquisitions, also Übernahmen und -fusionen, wie sie gerade im Finanzsektor unter anderem durch wachsende regulatorische Vorgaben, Kostendruck und die Niedrigzinspolitik der EZB zunehmend an Bedeutung gewinnen, kommen der Dublettenprüfung und ihrem nahen Verwandten, der Identitätsprüfung oder „Identity Resolution“, eine besondere Bedeutung zu. Mit ihrer Hilfe lässt sich ein gar nicht so seltenes M&A-Szenario bewältigen: Wenn zwei Banken zusammengehen und so auch erstmals ihr Einzugsgebiet über Bundeslandgrenzen hinaus erweitern, findet sich in den Kundendaten oft eine erhebliche Zahl an Überschneidungen. Diese Doppelkunden eindeutig zu identifizieren, ihre Datensätze zusammenzuführen und dabei alle Datenpunkte wie Namen, Firmierungen, Ansprechpartner, Telefonnummern oder auch E-Mail-Adressen zu validieren und zusammenzuführen, ist alles andere als trivial. Gute Vorbereitung ist essenziell, und spezialisierte Softwarelösungen können technologische Unterstützung bieten, um auch große Datenbestände zu verarbeiten.

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Der Nutzen guter Datenqualität

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Vor allem bei Bankenfusionen sollten Verantwortliche die externen Datenbestände, die in das bestehende System integriert werden müssen oder dazu dienen, eigene Daten anzureichern, vor der Migration in den Datenbestand hinsichtlich der gesetzlichen Auflagen überprüfen. Werden aufgrund schlechter Datenbestände etwa PEPs nicht erkannt, drohen Bußgelder und Sanktionsmaßnahmen. Unter PEPs versteht man politisch exponierte Personen, das ist ein Politiker oder eine Person im unmittelbaren Umfeld eines Politikers, die bezüglich Geldwäsche strengeren Anforderungen als ein Normalbürger unterliegt. Banken sollten der Qualitätssicherung also nicht nur während des Migrationsprojekts, sondern auch danach entsprechend hohe Aufmerksamkeit schenken – und das konzernübergreifend über alle Tochterunternehmen und Einheiten hinweg.
© Uniserv

Bei aller Komplexität von Migrationsprojekten, die mit einer Verbesserung der Kundendatenqualität einhergehen, sollte man aber nicht vergessen, mit welchem Ziel das Projekt angegangen wird. Neben den angestrebten Einsparungen durch Verzicht auf doppelte IT-Systeme und effizientere Prozesse etwa in der Kundenbetreuung und Vertragserfüllung sind auch Zukunftspotenziale gerade hinsichtlich der Digitalisierung zu heben.

Denn stimmt die Qualität der migrierten Daten, erfolgen datengestützte Geschäftsentscheidungen, die Etablierung einer Data Governance und auch die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle mithilfe einer korrekten Datenbasis. Das zahlt sich direkt aus, wie die Capgemini-Studie „The Age of Insight: How Consumer Product and Retail Organizations can accelerate Value Capture from Data“ zeigt: 73 Prozent der befragten datengetriebenen Einzelhändler und Konsumgüterhersteller konnten einen quantifizierbaren Wertbeitrag durch den Einsatz von Daten erzielen. Diese sogenannten „Data Master“ erreichen eine 30 Prozent höhere Gewinnmarge als der Branchendurchschnitt. Und das ist doch ein deutlich erfreulicherer Nebeneffekt, als in einem alten Handy die Telefonnummer eines früheren Schwarms wiederzufinden.

Axel Schmale, Senior Account Manager und Branchenexperte für den Finanzsektor bei Uniserv


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