Kommentar: Mittelstands-IT

Erosion des IT-Wissens im Mittelstand

19. September 2014, 12:04 Uhr | Mathias Hein, freier Consultant in Neuburg an der Donau
Kolumnist: Mathias Hein
© funkschau

Ständig tauchen neue Technologien auf und verändern die Netzwerkwelt. Aus diesem Grund wächst der Bedarf an hoch qualifizierten IT-Administratoren. Dies bedeutet jedoch für das bestehende IT-Personal, dass diese sich nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen können, sondern auch ihre bisherigen Tätigkeitsfelder einem kontinuierlichen Wandel unterworfen sind. In der Konsequenz heißt das: Entweder man entwickelt sich mit dem Wandel der IT mit oder man verliert den Anschluss an die Technologie.

Die Einführung von Software-Defined-Networking (SDN), den Cloud-Systemen und der Software-Orchestrierung bedeuten, dass vielen Basisaufgaben und Betriebsprozesse in Zukunft automatisiert werden. Dadurch werden in naher Zukunft die IT-Teams von den hochqualifizierten Ingenieuren dominiert. Für geringer qualifizierte Mitarbeiter besteht kein Platz mehr und viele Aufgaben, die bisher von ITlern mit mittlerem Wissen erledigt werden, fallen weg.

Die Unternehmensnetzwerke waren in der Vergangenheit ziemlich einfach aufgebaut. Der Core-Bereich sorgte für die Internet-Konnektivität und im Datacenter wurden alle Server, auf denen die Unternehmensanwendungen liefen, installiert. Das Unternehmensnetzwerk bestand unter Umständen aus mehreren Netzwerken, die über WAN-Verbindungen gekoppelt wurden. Da es sich um ein relativ stabiles Gebilde handelte, wurden keine besonderen Anforderungen an die IP-Routing-Topologie gestellt.

Inzwischen ist die Server-Virtualisierung in die Unternehmensnetze eingezogen. Der Hypervisor sorgt für  zusätzliche Funktionalität und Konfigurierbarkeit der virtualisierten Netzwerkressourcen und neue Layer-2-Protokolle tunneln den Verkehr zwischen den redundant ausgelegten Rechenzentren. Der Internet-Perimeter existiert nicht mehr und die virtuellen Maschinen wandern aus dem lokalen Rechenzentrum in die Cloud.

Diese erhöhte Komplexität erfordert neue erweiterte Kenntnisse von den IT-Mitarbeitern. Bei Server-Administratoren reicht es nicht mehr, dass diese nur mit einem Betriebssystem vertraut sind. Sie müssen heute auch das ganze Spektrum der Server-Virtualisierung beherrschen und verstehen, wie die Dienste in einer virtualisierten Umgebung funktionieren, wie Anwendungen durch Firewalls gesichert werden und wie die Anwendungen über virtualisierte Netzwerke miteinander gekoppelt werden. Auch die Netzwerkadministratoren benötigen einen Wissensupgrade. Es genügt heute nicht mehr nur über das IP-Routing und den Spanning-Tree im Detail Bescheid zu wissen. Durch die Netzwerkvirtualisierung (VRF, VDC) ist es darüber hinaus erforderlich, dass die Netzwerker die speziellen Layer-2-Protokolle (OTV, TRILL, VXLAN, NVGRE, STT, VPLS ) für die Verbindung zwischen Datencentern kennen und darüber hinaus auch verstehen, wie der Quality of Service (QoS) und wie Firewalls funktionieren. Da in einem solchen Gebilde bestimmte Netzwerkfunktionen (virtuelle Load-Balancing, virtuelle Firewalls) innerhalb der Hypervisor (Vmware NSX, Cisco Nexus 1000V) realisiert werden, muss auch der Netzwerker ein gehöriges Maß an Virtualisierungs-Know-how mitbringen.

In den IT-Organisationen ist jedoch das Fachwissen auf das jeweilige Aufgabengebiet beschränkt. Bei der Fehlersuche müssen die unterschiedlichen Fachgruppen zusammenarbeiten. In der Praxis beweist sich jedoch, dass spätestens bei der Problemanalyse zwischen den einzelnen Gruppen, das sprichwörtliche "Fingerzeigen" beginnt und jeder versucht sein Revier zu verteidigen. Will eine Organisationen effektiv arbeiten, müssen interdisziplinäre Gruppen ins Leben gerufen werden, die in der Lage sind, Grenzen zu überschreiten, Barrieren abzubauen und die Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen IT-Disziplinen zu fördern. Untersuchungen im Markt zeigen, dass Unternehmen mit funktionsübergreifenden Teams ihre Prozesse besser organisieren, eine erhöhte Einsatzbereitschaft gewährleisten, geringere Ausfallzeiten aufweisen und schneller auf Änderungsprozesse reagieren.

Hierfür müssen die IT-Mitarbeiter über langjährige Erfahrung verfügen und offen für Neuerungen sein. Heute müssen die IT-Teams in der Lage sein, die Probleme auf einer Ende-zu-Ende-Beziehung (in Hard- und Software) zu analysieren. Hierfür sind Programmierkenntnisse, ein Verständnis der Anwendungen, der Betriebssysteme, Datenbanken und Speichersysteme sowie Netzwerke und Sicherheit erforderlich.

Anbieter zum Thema

zu Matchmaker+

  1. Erosion des IT-Wissens im Mittelstand
  2. Probleme des IT- Mittelstands
  3. Der Erosion des IT-Wissens entgegenwirken

Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu connect professional

Weitere Artikel zu Server, Datacenter

Matchmaker+