So manch eine neue Technologie verschwindet so schnell, wie sie gekommen ist. Für das Cloud-Computing dürfte das nicht zutreffen. Oder doch?
Dass Zeus für Wolken, Wind und Wetter verantwortlich gewesen ist, gilt schon längst als überholter Mythos. Doch auch wenn es die kleine Nephele – die vom mächtigsten griechischen Gott erschaffene Wolke – nie gegeben hat: Moderne Mythen über die digitale Wolke, die Cloud, halten sich erstaunlich hartnäckig. Und das, obwohl der Umgang mit der Cloud im privaten wie im beruflichen Leben allgegenwärtig geworden ist. Eine aktuelle Studie entzaubert jetzt die fünf am meisten verbreiteten Irrtümer.
Mythos: Cloud Computing ist ein Hype, der wieder verschwindet
Der Glaube, dass Cloud Computing nur ein vorübergehender Trend ist, gehört immer noch zu einer der größten Fehleinschätzungen rund um diese Technologie. Tatsächlich hat sich die Cloud als wesentlicher Bestandteil der modernen IT-Landschaft etabliert. Unternehmen und Behörden weltweit nutzen Cloud-Technologien, um ihre Effizienz zu steigern, Kosten zu senken und die eigene Skalierbarkeit zu verbessern. Denn die Cloud ermöglicht es ihnen, Ressourcen flexibel bereitzustellen, Anwendungen und Daten sicher zu speichern und von überall auf der Welt darauf zuzugreifen. Mit der zunehmenden Entwicklung von Cloud-Services und der Integration neuer Technologien wie KI und dem Internet der Dinge eröffnet die Cloud ganz neue Möglichkeiten für Unternehmen. Laut einer aktuellen Studie von connect professional, connect channel und LANline sind Cloud-Dienste bereits bei zwei Drittel der Befragten dauerhaft im beruflichen Einsatz. Unternehmen investieren massiv in die Cloud, um ihre Innovationen voranzutreiben und Wettbewerbsvorteile zu erlangen. Cloud Computing ist demnach aus dem beruflichen Alltag nicht mehr wegzudenken, es spielt eine dauerhafte und entscheidende Rolle in der digitalen Transformation.
Mythos: Eine Cloud allein reicht aus Public Cloud, Private Cloud, Hybrid Cloud oder Multi-Cloud: Was ist eigentlich die beste Lösung für Unternehmen? Die Überzeugung, dass eine Cloud allein ausreicht, hält sich hartnäckig. Doch eine „One-size-fits-all"-Lösung in Form einer einzelnen Cloud passt nicht immer. Für viele Unternehmen bietet sich die Hybrid Cloud als eine clevere Kombination aus Public und Private Cloud an: Besonders schützenswerte Daten liegen dann in der Private Cloud, während andere Daten und Ressourcen komplett ausgelagert werden können. Das ist bereits gelebte Praxis: Laut der genannten Studie arbeiten 82 Prozent der Unternehmen in Deutschland mit mehr als einem Cloud-Anbieter zusammen. Sie nutzen mehrere Infrastrukturen, die für sich selbst eigenständig sind, aber über standardisierte Schnittstellen (APIs) sicher angebunden werden können.
Mythos: Cloud-Dienste sind nicht vertrauenswürdig
In einigen Unternehmen hält sich das Vorurteil, dass die Cloud per se unsicher ist. In Wahrheit setzen Cloud-Anbieter jedoch umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen ein, um die Daten ihrer Kunden zu schützen. Von Verschlüsselungstechnologien über Zugriffskontrollen bis hin zu redundanten Back-ups – transparent integrierte kryptografische Mechanismen machen Datentransfers, Speicherung und Verarbeitung sowie die Vernetzung von Ressourcen in einer OpenStack-Umgebung durchgängig sicher. Mit diesen robusten Tools und Technologien sind Unternehmen meist besser vor unerlaubten Zugriffen und Datenlecks geschützt, als wenn sie eigene On-Premises-Systeme aufbauen, warten und aktualisieren müssen. In der genannten Studie gaben fast zwei Drittel der Befragten (65 Prozent) an, sie hätten seit der Einführung von Cloud-Diensten mit keinerlei Security-Vorfällen zu kämpfen.
Mythos: Eine Cloud-Migration bestehender Anwendungen reicht aus
Der Ansatz, bestehende Anwendungen und Daten einfach in die Cloud zu verschieben, ohne größere Veränderungen daran vorzunehmen („lift & shift“), klingt zunächst verlockend. Doch hier lohnt sich ein zweiter Blick. Mittelfristig führt kein Weg an einer Cloud-native-Transformation vorbei. Nur so wird das Potenzial der Cloud gegenüber der klassischen IT auch wirklich gehoben. Dazu gehört zum Beispiel der Aufbau von Anwendungen aus einer Vielzahl von einzelnen Microservices, die dann standardisiert in sogenannten Containern über Open-Source-Lösungen wie Kubernetes orchestriert werden können. Damit erschließt die Cloud-native-Transformation nicht nur neue Möglichkeiten, sondern ebnet den Weg in die IT der Zukunft. Immer mehr IT-Verantwortliche haben das bereits erkannt: In der Cloud-Studie nannten 53 Prozent der Befragten als erwarteten Vorteil der Cloud eine insgesamt modernisierte IT-Architektur – noch vor gängigen Motiven wie einer Steigerung der Skalierbarkeit (42 Prozent) oder einer Kostenreduzierung (30 Prozent).
Mythos: Cloud = Hyperscaler
Ein gängiges Vorurteil bezieht sich auf die großen Hyperscaler: Es suggeriert, dass kleine und mittlere Provider mit begrenzten Ressourcen gar keine konkurrenzfähigen Cloud-Angebote aufbauen können. Die erwähnte Studie zeigt jedoch, dass 66 Prozent der befragten Unternehmen lokale Provider für ihre Cloud-Dienste bevorzugen. Regionale, aber auch branchen- wie anwendungsspezialisierte Cloud-Services können maßgeschneiderte Cloud-Lösungen bieten, die den individuellen Anforderungen eines Unternehmens durchaus gerecht werden. Cloud-Dienste funktionieren also nicht nur mit Hyperscalern, sondern auch unabhängig oder in Kombination mit diesen.
Mythen wurden schon immer durch Wissen entlarvt, und mittlerweile gibt es ausreichend überprüfbare Fakten, die die Cloud-Technologie hinreichend beleuchten. Der Weg in die Cloud ist somit frei – ob für Unternehmen oder Behörden.
Norbert Müller ist Vice President Cloud Solutions bei Secunet