In der TK-Branche ist die Einführung von Network Functions Virtualization (NFV) bislang hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Doch Totgesagte leben länger: Durch 5G und Remote Work wird die Technologie wichtiger als jemals zuvor.
Die Virtualisierung von Netzwerkfunktionen ist kein wirklich neues Konzept. In einer NFV-Architektur wird die Hardware von der Software entkoppelt. Eine gemeinsame Hardwareschicht aus Standardservern kommt zum Einsatz, um eine Vielzahl von herstellerseitig bereitgestellten Netzwerkfunktionen zu hosten, die in virtuellen Maschinen laufen. Diese werden als virtuelle Netzwerkfunktionen (VNF) bezeichnet.
Bei optimaler Nutzung beschleunigen NFV-Architekturen die Aktivierung von neuen Diensten und Netzwerkfunktionen. Zudem ermöglichen sie eine flexible Netzwerkskalierung in nahezu Echtzeit, um die Gesamtbetriebskosten zu senken.
Bislang verlief die Einführung von NFV jedoch langsamer als erwartet – aufgrund der technologischen Komplexität und des eng damit verbundenen Fachkräftemangels. Die TK-Branche konnte bislang auch nicht frühzeitig die erwarteten Kostenvorteile erreichen. Dies hat das Vertrauen in die Technologie beeinträchtigt. Hinzu kommt, dass sich das Bereitstellen, Patchen und Orchestrieren von VNFs verschiedener Anbieter als schwierig und kostspielig erwiesen hat, insbesondere im Hinblick auf das Server-Volumen.
5G erfordert Virtualisierung
Trotz der Unzufriedenheit vieler Führungskräfte und der Engpässe bei der Bereitstellung befindet sich NFV weiterhin auf dem Schirm der meisten Service Provider – und das aus gutem Grund. Denn unabhängig von den bisherigen Hindernissen wird die 5G-Technologie rasch neue Anwendungsfälle für Dienste hervorbringen, die jeweils unterschiedliche Netzwerkanforderungen in Bezug auf Geschwindigkeit, Latenz und Isolierung stellen.
Um 5G-Dienste in großem Maßstab bereitstellen zu können, muss das zugrunde liegende Netzwerk daher softwaregesteuert und automatisiert sein. So benötigen die TK-Unternehmen eine Netzwerkvirtualisierung und damit NFV. Tatsächlich bildet dieser Ansatz einen notwendigen Entwicklungsschritt auf dem Weg zu einer umfassenden Virtualisierung.
Schub durch Corona
Zudem hat die Covid-19-Pandemie die Aufmerksamkeit der TK-Unternehmen auf diese Technologie gelenkt. Denn die Fähigkeit zur Fernsteuerung, Verwaltung und Bereitstellung von Netzwerkdiensten auf softwaredefinierte Weise wird im Zuge von Remote Work immer wichtiger.
So steigt der weltweite NFV-Markt laut einer Studie von Research and Markets von 12,9 Milliarden US-Dollar im Jahr 2019 auf 36,3 Milliarden Dollar 2024. Dies entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 22,9 Prozent. Eine von Ovum durchgeführte Umfrage ergab, dass 60 Prozent der Service Provider in den nächsten zwei Jahren mit einer weit verbreiteten Einführung von NFV rechnen. Aktuell nutzen nur 20 Prozent die Technologie im großen Stil.
Dieselbe Untersuchung weist auch darauf hin, dass zwar einige der heutigen virtuellen Maschinen und VNFs bis 2030 weiterbestehen, deren Betreiber aber wahrscheinlich auf eine deutlich andere Art und Weise arbeiten werden. Dazu gehört auch, dass die Service Provider neue Dienste mit Hilfe von Automatisierungs- und Orchestrierungswerkzeugen einführen und verbessern. Diese könnten auf kommerziellen Plattformen laufen, die von bestehenden Dienstleistern für die TK-Branche bereitgestellt werden. Es könnten aber auch die gleichen Open-Source-Tools zum Einsatz kommen, die IT- und Cloud-Entwickler verwenden, wie Ansible oder Terraform.