Zwei Drittel der IT-Entscheider in deutschen Unternehmen planen als Folge des NSA-Skandals den stärkeren Einsatz deutscher IT-Lösungen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie des Analysten- und Beratungshauses Pierre Audoin Consultants (PAC). funkschau sprach mit den Chefs zweier deutscher IT-Unternehmen über ihre Sicht auf den Trend hin zu deutschen Lösungen.
Rainer Koppitz, CEO des europäischen Marktführers für Cloud-basierte Telefonanlagen Nfon, und Ralf Koenzen, Gründer und Geschäftsführer des Netzwerkherstellers Lancom Systems standen funkschau Rede und Antwort.
funkschau: Die PAC-Studie „IT Made in Germany – Was wollen deutsche Unternehmen?“ spricht eine klare Sprache. Deutsche Lösungen sind gefragt wie nie. Worin sehen Sie den Grund?
Ralf Koenzen: Der NSA-Skandal hat das Vertrauen in US-amerikanische IT-Produkte und Dienste massiv erschüttert. Durch die Enthüllungen ist jedem klar geworden, dass Datensicherheit heute keine Selbstverständlichkeit mehr ist. Und dass ausländische Anbieter oft Gesetzen unterliegen, die sie zur Zusammenarbeit mit Geheimdiensten zwingen. Zur Not auch zum Nachteil der eigenen Kunden.
Rainer Koppitz: Als deutsches Unternehmen haben wir das Glück, in einem Rechtsraum mit einem völlig anderen Datenschutzverständnis zu agieren als viele ausländische Anbieter. Wir dürfen Produkte und Dienste entwickeln und anbieten, die keine Schnittstellen für Geheimdienste enthalten. Das ist sogar explizit gewünscht. Wir brauchen national ein neues Werteverständnis. Wir müssen für Vertrauen werben, Unternehmenswerte schützen und die Weltmarke „Made in Germany“ endlich in ein neues Zeitalter führen. Daten jeder Art sind heute ein hohes und nicht zu unterschätzendes Gut und der Schutz dieser ist ein Grundrecht eines jeden Kunden.
funkschau: Woran machen Sie fest, dass die Studie auf einen echten Trend gestoßen ist? Vielleicht ist das Interesse an „Made in Germany“ ja auch nur eine Eintagsfliege?
Rainer Koppitz: Nfon ist kein Lifestyle-Produkt und ebenso sind die Übergriffe ausländischer Geheimdienste kein einmaliger Kavaliersdelikt, sondern bewusste und dauerhafte Praxis, die tendenziell weiter ausgebaut wird. Es ist daher falsch zu sagen, dass wir einem Trend aufsitzen oder uns im beschränkten Kosmos einer Eintagsfliege bewegen. Ich sage es gerne immer wieder: Die Business-Kommunikation befindet sich mitten im bedeutendsten Wandel ihrer Geschichte. Das betrifft Technik und Werte. Überspitzt gesagt:
Es gibt keine Bandaufzeichnungsgeräte mehr, Daten werden digitalisiert, wir sprechen auch nicht mehr mit Dosen, die mit Bindfäden verbunden sind, sondern versenden und empfangen mit jedem Vokal Datenpakete. Die Technik hat sich nicht nur weiterentwickelt, sondern ein Wertewandel ist gerade voll im Gange. „Made in Germany“ stand früher für Langlebigkeit und Qualität – und nun treten Aspekte wie die Konformität mit deutschen Sicherheits- und Datenschutzmaßstäben in den Vordergrund. Und übrigens nicht nur bei deutschen IT-Entscheidern, auch bei den europäischen Nachbarn ist „IT Made in Germany“ in zunehmendem Maße gefragt.
Ralf Koenzen: ... und die PAC-Studie deckt sich weitgehend mit den Ergebnissen einer eigenen Umfrage, die wir in 2013 durchgeführt haben. Damals erklärten sogar über 80 Prozent der Befragten, dass sie in Zukunft stärker auf das Herkunftsland ihrer IT-Produkte achten wollten. Hier zeichnet sich also ganz klar ein nachhaltiger Trend ab. Das bestätigen uns auch unsere Partner.