Erst internationale Standards schaffen die Voraussetzung für die Vergleichbarkeit von Anstrengungen und Ergebnissen im Zuge von Nachhaltigkeit. International oder regional existiert bereits eine ganze Reihe entsprechender Normen und Standards, beispielsweise die 14040er-Reihe der ISO-Normen, das Pathfinder Framework der WBCSD oder auch der Green House Gas Protocol Product Standard. All diese Regelwerke haben ihre Berechtigung. Leider sind sie oft in ihrer Genauigkeit und aufgrund ihres Umfangs nur für Experten verständlich.
Auch die Entwicklung von Standards zu Industrie 4.0 hat entsprechende Definitionen, Kennwerte und Grenzwerte hervorgebracht. Mit RoHS (Beschränkung des Einsatzes gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten) und REACh (Erfassung und Bewertung der Gefahren chemischer Stoffe) gibt es weitere Grundlagen zumindest auf europäischer Ebene.
Um das komplexe Thema Nachhaltigkeit zu adressieren, muss jedoch mehr geschehen. Nationale oder europäische Regelungen müssen internationalisiert werden. Zudem sind internationale Standards nicht nur für Produkte wie etwa Steckverbinder erforderlich, sondern auch für deren Einsatz im Feld. Dabei geht es dann um Installation, Betrieb und Entsorgung – also um den gesamten Lebenszyklus der Produkte in der Anwendung.
Ein Treiber bei der Entwicklung dieser Standards ist neben Deutschland auch Japan. Japanische Experten haben das Projekt ISO/IEC 14763-5 (Information technology – Implementation and operation of customer premises cabling – Part 5 Sustainability) bei ISO/IEC JTC1 SC/25 WG3 initiiert und stellen dafür auch den Projektleiter. Im Zuge dieses Projekts wird allerdings auch das Dilemma sichtbar, in dem sich die Branche befindet. Jeder internationale Standard benötigt ein Kapitel „Conformance“. Es regelt die Überprüfbarkeit der im Standard formulierten Anforderungen (Requirements). Die Forderung, etwa den Energieverbrauch beim Betrieb von Datennetzen zu minimieren oder Verpackungsmaterial für Datennetzwerkkomponenten zu reduzieren, klingt einleuchtend. Aber wie will man diese Anforderungen quantifizieren und in der Praxis dann überprüfen? Dazu sind Grenzwerte nötig, an denen man sich orientieren kann und die auch relativ einfach überprüfbar sein müssen.
Wie sollen Grenzwerte für den Energieverbrauch von Datennetzwerken, in denen hunderte von Stellgliedern, Sensoren und Geräten zusammenarbeiten, jedoch konkret aussehen? Und wie Grenzwerte von Verpackungen für Stecker und Kabel? Wo sollten solche Grenzwerte herkommen, und wie könnte man diese mit vertretbarem Aufwand erfassen und überprüfen? Diese Fragen sind definitiv noch zu klären und entsprechende Datenbanken dazu aufzubauen.
Neue Technik und Nachhaltigkeit
Single Pair Ethernet (SPE) ist eine Ethernet-Technik, die speziell für die Industrieautomatisierung und IoT/IIoT entstanden ist. Sie trägt nach Einschätzung von Experten bereits die richtigen Gene für Nachhaltigkeit in sich. Diese drahtgebundene Netzwerktechnik benötigt auch für eine 1-GBit/s-Übertragungsleistung nur ein Adernpaar (anstatt vier Paare) und kann mittels Singlepair Power over Ethernet (SPoE, variantenreduziertes PoDL) das gleiche Adernpaar zur Fernspeisung von Geräten nutzen. Um diese nachhaltige Technik breit im Markt zu positionieren, ist allerdings die Ausweitung des IEEE-802.3bp-Standards von heute 40 Metern Reichweite auf zukünftig 100 Meter erforderlich.
Das Ziel SPE mit 1 GBit/s über 100 Meter verfolgt derzeit ein Verbundprojekt, an dem Harting (Projektleitung), die Hochschule Reutlingen, Kerpen Datacom und Würth Elektronik eiSos arbeiten. Dieses innovative Vorhaben wird durch Wipano (Wissens- und Technologietransfer durch Patente und Normen, eine Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz) unterstützt und gefördert.