Auch ohne solche drastischen Änderungen an der Computerhardware lassen sich die Rahmenbedingungen für den Betrieb deutlich verbessern, vor allem bei aktueller Hardware. Wichtigste Stellschraube ist die Temperatur der zugeführten Luft. Während hier noch vor wenigen Jahren Werte um die 20 Grad Standard waren, sind heute bis zu 40 Grad anzutreffen. Die American Society of Heating, Refrigerating and Air-Conditioning Engineers (ASHRAE) hat die zulässigen Eckdaten in ihren Richtlinien für den Betrieb von Rechenzentren im Jahr 2008 erheblich gelockert. Sowohl die Bandbreite der Temperaturen als auch der Luftfeuchte ist größer geworden und wird von vielen Firmen bereitwillig ausgenutzt. Hersteller wie Dell oder SGI haben die Garantiebereiche ihrer Server an die veränderten Vorgaben angepasst, so dass Betreiber die höheren Temperaturen in den Rechenzentren nutzen dürfen.
Ein breites Feuchtigkeits- und Temperaturspektrum erlaubt die häufigere Verwendung von Außenluft zur Kühlung, die so genannte freie Kühlung, entweder indirekt mit Wasser als Transportmedium oder direkt über gefilterte Außenluft als einziges Medium. Mit den angepassten ASHRAE-Angaben aus 2008 ist in Mittel und Nordeuropa fast das ganze Jahr über freie Kühlung möglich, ohne – bis auf wenige Tage im Jahr – einen zusätzlichen und stromintensiven Chiller nutzen zu müssen. Doch nicht jede Hardware verträgt die hohen Eingangstemperaturen, Switches und ältere Server benötigen oft kühlere Zulufttemperaturen. Eine Möglichkeit zur Abhilfe besteht darin, Klimazonen zu bilden und die entsprechende Hardware dort nach ihren Anforderungen zu gruppieren.
Dem Strom hinterher
Wenn es günstiger ist, die Außentemperatur zur Kühlung heranzuziehen, dann ist es natürlich am sinnvollsten, ein Rechenzentrum dort zu betreiben, wo es beständig kühle Luft gibt. In den skandinavischen Ländern entstehen deshalb zurzeit zahlreiche neue, große Rechenzentren. Facebook hat gerade eine Anlage in Schweden eröffnet, die komplett mit Freikühlung auskommt und Google kühlt seine Server in Finnland mit Meerwasser. Im Fall von Facebooks schwedischer Anlage in Luleå spielt auch der dort verfügbare günstige Ökostrom eine Rolle. Das wird auch in Deutschland die Rechenzentrumswelt verändern. Nachdem sich Erzeuger alternativer Energien an Standorten ansiedeln, wo die besten Umgebungsbedingungen für Wind- oder Wasserkraft herrschen, werden Rechenzentrumsbetreiber den Erzeugern folgen. Denn weil mittelfristig leistungsfähige Trassen fehlen, um beispielsweise an der Nordsee erzeugten Strom nach Bayern zu transportieren, ist es sinnvoll, das Rechenzentrum in der Nähe des Stromerzeugers zu bauen. Nachdem die Durchschnittstemperatur an der Küste auch niedriger ist als im Münchner Umland, lässt sich dadurch auch freie Kühlung über die Umgebungsluft realisieren.