Dass wir Deutsche auf „Made in Germany“ und die Qualität von Produkten und Dienstleistungen seit vielen Jahren stolz sind, und auch in vielen anderen Staaten aufgrund der hohen Qualität hochgelobt werden, ist nichts Neues. In der Vergangenheit waren es insbesondere die Ingenieursleistungen mit denen man sich auszeichnete. Doch seit einiger Zeit wird der Standort Deutschland für Rechenzentrumsbetreiber zu einem der beliebtesten und erfolgreichsten weltweit.
Dabei spielen Kosten, technologische Brillanz, regionale Vorteile und Compliance wesentliche Rollen. Beispielsweise gehört Deutschland zu den Vorreitern in Sachen Senkung des Energieverbrauchs und des CO2-Ausstoßes, es gehört zu den visionären Regionen der Welt, wenn es darum geht, existierende oder neue Technologien so zu verwenden, dass sie den besten Nutzen bringen. Und nicht zuletzt hat Deutschland eine rechtstaatliche Verfassung, die es sowohl privaten als auch unternehmerischen Nutzern von Rechenzentren erlaubt, ihre Daten sicher und ohne unkontrollierten Zugriff im Rechenzentrum zu verwahren.
Deutschland gehört zu den Ländern, die über weltweit enorm wichtige Knotenpunkte im Internetverkehr verfügen. Doch Deutschland hat auch seine Nachteile. Aspekte wie Strom, Grund und Boden oder bauliche Vorschriften sind nicht zu verachtende Preistreiber, die Deutschland als Top-Standort belasten. Hinzu kommen unsichere Szenarien, die beispielsweise durch das vielleicht bevorstehende Freihandelsabkommen mit den USA bestehen. Der dadurch entstehende Preiskampf oder die damit verbundene internationale Rechts-lage können für deutsche Rechenzentrumsbetreiber zum heutigen Zeitpunkt unberechenbare Konsequenzen ebenso wie Chancen beinhalten.
Deutschland ist Rechenzentrumsland
Die Prognosen scheinen jedoch gut zu sein. Trotz einiger ungeklärter Zukunftsszenarien spricht auch der Branchenverband Bitkom von deutlichen Wachstumsraten für den Rechenzentrumsmarkt in Deutschland. Laut einer Studie des Borderstep Instituts, im Auftrag des Bitkom, wuchs das Angebot an Colocation-Flächen in Deutschland von 2008 bis 2013 um rund 20 Prozent. Deutschland befindet sich dabei im europäischen Ranking der Tier-1-Standorte auf Platz zwei. Dabei ist eine große Ansammlung von Rechenzentrumsbetreibern im Rhein-Main-Gebiet zu finden. Die zentrale Lage und die direkte Anbindung an den DE-CIX-Internetknoten sind unter anderem ausschlaggebende Gründe dafür.
Die Krux mit der Energie
Rechenzentren sind Energiefresser. Server, Netzwerk- oder Speicherkomponenten beispielsweise benötigen Unmengen an Strom. Milliarden von Transistoren und Halbleitern wandeln Strom in Hitze um. Wie die „New York Times“ schon im Jahr 2009 berichtete, verbraucht Google kontinuierlich 260 Millionen Watt – ungefähr ein Viertel der Produktionsleistung eines Atomkraftwerks und genug, um eine Stadt mit bis zu 200.000 Haushalten zu versorgen. Diese beispielhafte Zahl dürfte sich angesichts der rasanten Weiterentwicklung der IT bis heute deutlich erhöht haben und ein Ende des zunehmenden Energieverbrauchs in Rechenzentren ist nicht in Sicht.
Die deutschen Betreiber von Rechenzentren sehen sich zudem in einer besonderen Wettbewerbslage was die Nutzung von Energie betrifft. Europaweit sind seit einiger Zeit EEG-Zulagen mit dem Strom zu bezahlen. Hinzu kommen Steuern und weitere Abgaben, die im Strompreis einberechnet sind. In Deutschland besteht seit 2013 rund die Hälfte des Strompreises aus Steuern und Abgaben. Den größten Posten nimmt dabei die EEG-Umlage ein, die von 3,5 Cent/kWh im Jahr 2012 auf 5,3 Cent/kWh im Jahr 2013 und auf 6,24 Cent/kWh im Jahr 2014 angestiegen ist.
So kommt es, dass im europäischen Vergleich ein Rechenzentrumsbetreiber in Frankreich 7 Cent pro Kilowatt, in Holland oder England rund 9 Cent pro Kilowatt zu bezahlen hat, in Deutschland hingegen sind es rund 14 Cent. Bei den großen Abnahmemengen an Strom für Rechenzentren summieren sich die deutlich höheren Preise sehr schnell zu einem sehr großen Betrag, der auf die Kunden umgelegt werden muss. Dadurch können Rechenzentrumsbetreiber wie beispielsweise in England oder Holland günstiger wirtschaften. Allerdings zeigt sich ein schwaches Licht am Horizont, das die Wettbewerbsungleichheit wieder ins Lot bringen kann.
Dem Bund steht frei, besonders energieintensive Branchen von der EEG-Umlage zu befreien oder zumindest teilweise zu unterstützen, was auch in einigen energieintensiven Branchen umgesetzt ist – darunter Teile der Schwerindustrie aber auch Mastbetriebe oder Golfplatzbetreiber. Ausgerechnet Rechenzentren gehörten allerdings bei diesen Sonderregelungen bisher nicht zu den unterstützungswerten Branchen. Dies könnte sich bald ändern. Die EU stellt es dem Bund frei, auch diese Branche zu entlasten. Die Diskussionen laufen doch bisher ohne konkreten Beschluss. Auch der Branchenverband Bitkom fordert Nachbesserung für Rechenzentren beim EEG-Entwurf. Der Bitkom spricht aufgrund dieser Preisentwicklungen sogar von einer möglichen „Vertreibung“ der Rechenzentrumsanbieter aus Deutschland.
Doch solange die Strompreise samt Abgaben und Zulagen derart teuer bleiben, sind die deutschen Rechenzentrumsbe-treiber zur Kreativität gezwungen. Schon lange stehen diverse Technologien zur Verfügung, Rechenzentren wesentlich effizienter und stromsparender zu betreiben. Diese Technologien nutzen einige Anbieter in Deutschland auf unterschiedlichste Art und Weise aus. Langfristig ist dies eine sehr gute Strategie, denn nur so erhält man ein kleines Stückchen Unabhängigkeit von den Strompreisen. Im internationalen Vergleich sind diese deutlich moderneren Rechenzentren durchaus wettbewerbsfähig.