ICT CHANNEL: Wie können Sie sich dabei von anderen Anbietern abheben und wo sehen Sie hier noch Platz für weitere Partnerschaften?
Müller: Systemhäuser und OEMs kämpfen gerade mit den Folgen des Chipmangels. Neugeräte haben oft sehr lange Lieferzeiten, teilweise bis Mitte 2022. Hier können wir durch refurbished Hardware schnelle Lösungen anbieten. Unser Vorteil gegenüber Resellern ist, dass der Kunde bei uns nicht nur das Gerät, sondern auch den dazugehörigen Support erhält – und das global. Als Teil der Evernex sind wir Marktführer für TPM in Rechenzentren in Europa, in 165 Ländern mit hochqualifizierten Technikern im Einsatz und verfügen über 850.000 Ersatzteile an mehr als 330 Logistikstützpunkten weltweit. Wir sehen uns nicht als austauschbarer Dienstleister, sondern als langfristiger Partner unserer Kunden.
Als unabhängiger Dienstleister sind wir immer an der Zusammenarbeit mit Distributoren und Systemhäusern interessiert. Durch starke Partnerschaften sind wir in der Lage, unser Portfolio noch besser auf individuelle Bedürfnisse unserer Kunden anzupassen.
ICT CHANNEL: Ist die Nachhaltigkeit neben Preis und Verfügbarkeit nur ein Bonus, den die Kunden gerne mitnehmen, oder inzwischen auch für sich selbst ein Argument für den Gebrauchtkauft? Wo und wie kommt hier das Recycling ins Spiel?
Müller: Die sofortige Verfügbarkeit von refurbished Hardware hat durch den Chipmangel an Bedeutung gewonnen und natürlich macht der günstige Preis diese Komponenten attraktiv. Wir merken aber auch, dass das Thema Nachhaltigkeit immer wichtiger wird. Es hat in vielen Unternehmen ein Wandel stattgefunden, der momentan alle Ebenen unserer Gesellschaft durchdringt. Dass der CO2-Ausstoß vermindert wird, ist kein nice to have mehr, sondern ein Muss. Durch unser Geschäftsmodell der herstellerunabhängigen Wartung, die daraus resultierende längere Lebensdauer von Hardware sowie durch refurbished Hardware werden aktiv Emissionen eingespart, weil Produktionsabläufe wegfallen.
Die Gesellschaft wandelt sich von einer Wegwerf- zu einer Wiederverwertungs-Gesellschaft. Das betrifft auch die Unternehmen. Refurbished Hardware vermindert Elektroschrott, weil Komponenten weiterverwendet statt entsorgt werden. Das ist ein wichtiger Punkt im Umweltschutz. Hier setzen wir als Technogroup und Evernex auch mit einem anderen Geschäftsbereich an – dem Recycling. Nur weil ein Gerät nicht mehr einsatzfähig ist, heißt es nicht, dass seine einzelnen Materialen und Komponenten nicht noch einen Wert besitzen. Diese zu extrahieren und sie einer fachgerechten Wiederverwertung zuzuführen, schont nicht nur die Umwelt, sondern unterstützt auch den ROI des Gerätes. Somit liefert der Dreiklang zwischen TPM, refurbished Hardware und Recycling einen echten Mehrwert in ökonomischer und ökologischer Nachhaltigkeit, der uns sehr wichtig ist und den auch unsere Kunden zu schätzen wissen.
ICT CHANNEL: Wo sehen Sie die wichtigsten Ansatzpunkte auf Seiten der Hersteller und Politik, um die Verlängerung der Lebenszyklen zu erleichtern?
Müller: Zum einen sehe ich hier die Verwendung von Standardbausteinen, zum Beispiel bei Batterien und Akkus an Stelle von Sonderbauformen. Zum zweiten ist die Einhaltung der neuen EU-Verordnung 2019/424 zu nennen, die für einen längeren, sicheren Betrieb der Hardware sorgt. Sie verpflichtet die Hersteller von Servern, ihre Geräte länger mit Sicherheitsaktualisierungen und aktualisierter Firmware zu versorgen – und zwar kostenlos oder zu fairen, transparenten und nichtdiskriminierenden Kosten. Mit der neuen Regelung haben Betreiber die Gewissheit, dass Firmware-Updates auch ohne Herstellerbeteiligung verfügbar sein werden. Damit entfällt ein Argument für den vorzeitigen Austausch von technisch einwandfreier und performanter Hardware. Das macht Third-Party Maintenance und damit die Verlängerung der Lebenszyklen für Unternehmen noch attraktiver.