Handel und Distribution stehen im Spannungsfeld von Digitalisierungs- und Marktdruck. Um den digitalen Wandel zu bewältigen, wird IT-Beratung und -Consulting immer wichtiger. Zwischen traditionellem Geschäftsprozedere und Digitalisierungswillen braucht es ein Zielbild und gebündelte Intelligenz.
Die IT-Dienstleistungsbranche bewegt sich in einem geladenen Spannungsfeld. Viele Unternehmen mussten und müssen verstärkt ihre Geschäftsmodelle anpassen und in digitale Technologien investieren. Besonders deutlich macht dies die aktuelle Notwendigkeit an digitalen Arbeitsplätzen. Aber auch unter gelockerten Abstandsregulierungen und Gesundheitsmaßnahmen sind B2B-KundInnen immer seltener gewillt, den Old-Fashioned-Weg zum stationären Handel zu wählen. Der Boom an Onlinebestellungen zwingt dazu, auf digitale Vertriebskanäle umzusteigen, wie zuletzt auch die Lünendonk-Studie zum Markt für IT-Beratung und IT-Service in Deutschland deutlich gemacht hat. Das treibt Digitalisierungsprozesse und den Wandel zu einer digitalen Plattformökonomie an und ruft mit steigendem Marktdruck IT-Beratungs- und Systemintegrationsunternehmen auf den Plan. Doch umrüsten, die IT-Infrastruktur bei laufendem Betrieb anpassen und kurzfristig auf digital umschalten reicht nicht aus, um sich behaupten zu können.
Im Vergleich zum früheren Aufgabenfeld hat sich für die IT-Beratung viel verändert. „Als wir mit einem Projekt für einen IT-Distributor vor drei, vier Jahren gestartet sind, lag der Schwerpunkt für das Sourcing einzelner Elektronik-Komponenten bei Menge-Zeit-Preis-Korrelationen. Das bedeutete zu dem Zeitpunkt E-Mail, Excel-Listen, Nachfrage-Menge, Zeit, Lieferanten. Es war ein händischer Prozess“, erklärt Alexander Janthur, Gründer und CEO der Digitalagentur Turbine Kreuzberg. Mittlerweile haben Unternehmen erste Projekte oder Initiativen umgesetzt. Produktdaten wurden digitalisiert, Online-Shops realisiert. Die personelle Ausstattung, samt eigens für die Digitalisierung angeworbener Talente, wurden aufgestockt. Statt einfacher Korrelationen und Sourcing von Elektronik-Komponenten rückt immer mehr die Analyse und strategische Weiterentwicklung von Geschäftsprozessen in den Vordergrund. Lediglich neue Systeme zu integrieren, IT zu warten und Hardware-Empfehlungen auszusprechen, ist Stand von gestern. Heutzutage umfasst die effektivere Gestaltung IT-basierter Arbeitsabläufe mehr als die Anpassung von IT-Infrastrukturen und die Entwicklung von Anwendungssoftware. Während interne Developer-Teams bei der Entwicklung unterstützt werden möchten, soll gleichzeitig die erneuerte Geschäftsstrategie auch zur Unternehmenskultur passen. Möglichst alle beteiligten Fachbereiche wollen bei der Vermittlung von IT mitgedacht werden – darauf legt insbesondere der Dienstleister Wert, dessen IT-Infrastruktur das Herzstück darstellt.
Auf Digitalisierung spezialisierte Consulting-Unternehmen bekommen auf diesem Weg immer mehr Verantwortung. Sie selbst müssen eine entsprechende Infrastruktur vorweisen und legen auf dem Weg ihres Digitalisierungsservices in fast allen Bereichen Hand an. Wenn dann auf der Strecke nicht alles am Stück mitgedacht wird und stattdessen ein Stufenmodell entsteht, verzögert sich unter Umständen die Transformation um Jahre. Das bedeutete für die Digitalagentur Turbine Kreuzberg beispielsweise, die Prozesse durch Automatisierungen extrem zu verkürzen und auf der Bedarfsseite einen neuen Fachbereich zu entwickeln. Wo früher eine strikte Trennung zwischen Software-Entwicklung und dem Betrieb sowie Management herrschte, wünschen sich Auftraggeber nun, dass der Betrieb mitverantwortet und gebündelte Lösungen geboten werden. In dieser nachfragegetriebenen Arbeitsweise muss dem höheren Bewusstsein der KundInnen Rechnung getragen und parallel nach Alternativen gesucht werden, wenn die eigene Digitalisierung nur schwer umsetzbar ist. Eine Alternative zum Verkauf bietet hier die Konsolidierung. Über eine gemeinsame Plattform könne auf diese Weise für den Handel ein Angebot entstehen „mit der sie ihre eigene Digitalisierung schaffen könnten“, erklärt der CEO. Aus eigener Kraft sei das oft schwer. Denn die Hersteller haben ganz andere Möglichkeiten, auch langfristig zu investieren.