Baustelle Rechenzentrum (Fortsetzung)




Virtualisierungsdruck
Bevor die Zukunft, bis zu 40 GBit/s über Ethernet, wahr wird, haben viele RZ-Betreiber einschließlich der Hosting-Provider andere Sorgen. »Die Konsolidierung und Virtualisierung von Servern und Speichersystemen, also ihre Ballung im Herzen des Rechenzentrums, treibt die Verkehrslasten in die Höhe«, konstatiert Andreas Vogl, verantwortlich für die Serviceentwicklung im Bereich Data-Center bei Siemens IT Solutions and Services. Er sieht damit die RZ-Betreiber ab einer gewissen Größenordnung zwangsläufig ins Verkabelungsprofil der Kategorie 6A hineinlaufen, weil damit auch die Verkehrslasten hin zu den PCs stiegen. Genügend Performance auf Jahre hinaus sei nicht der einzige Grund, rechtzeitig in diese Verkabelungskategorie aufzubrechen. »Die Verkabelung ist ein fundamentaler Baustein im Data-Center. Jede Vereinfachung und jeder verbesserter Datendurchsatz tragen direkt zu einer steigenden Performance in einem Rechenzentrum bei«, gibt Vogl den Entscheidern in den RZ zu bedenken. Und, fügt er hinzu, Anforderungen und Abhängigkeiten von elektronischen Geschäftsprozesse nähmen stetig zu und verlangten hoch verfügbare Lösungen. Sie erlaubten keine SLA-Engpässe im Rechenzentrum.
Jürgen Distler, IIMS Specialist DACH & MarCom Manager Deutschland, Tyco Electronics: »Einige Verkabelungssystemhersteller haben den gesamtheitlichen Ansatz mittlerweile erkannt und bieten neben der Verkabelung Soft- und Hardware zur Dokumentation der Infrastruktur mit Schnittstellen hin zu anderen Softwaretools.«
Die direkten Zusammenhänge zwischen Verkabelung, aktiven Komponenten und leistungsstarken Server- und Speicher-Pools wirft eine Frage auf: Inwieweit werden von den Verkabelungssystemherstellern die Anforderungen mittlerweile ganzheitlich gesehen? Jürgen Distler, IIMS Specialist DACH & MarCom Manager Deutschland bei Tyco Electronics, registriert weiterhin einen Gap zwischen den passiven und aktiven Komponenten sowie den Software-Applikationen. »Die Welten mit ihren speziellen Anforderungen liegen noch weit auseinander«, argumentiert er. Die passive Seite habe eher die Hardware im Auge, die aktive Seite konzentriere sich mehr auf die Software und was sich innerhalb der oberen Schichten des ISO/OSI-Modells abspiele. »Wir wünschen uns, dass alle etwas näher zusammenrücken. Dadurch könnten auch viele Missverständnisse vermieden werden«, meint Distler. Einige Verkabelungssystemhersteller haben den gesamtheitlichen Ansatz mittlerweile erkannt und bieten neben der Verkabelung Soft- und Hardware zur Dokumentation der Infrastruktur, mit Schnittstellen hin zu anderen Softwaretools.
André Gerlach, Sprecher, BdNI: »Ein Projekt, wie die passive Verkabelung hat einen Planungshorizont von mindestens 10 Jahren -- Über diesen langen Zeitraum muss sie den steigenden Daten- und Verarbeitungslasten standhalten.«
Thomas Hüsch, Leiter Technik, Psiber Data: »Mehr Entwicklungs-Koexistenz ist zwischen den Verkabelungssystem- und anderen Herstellern notwendig. Denn Fehler, die innerhalb der Kabelinfrastruktur passieren, schlagen künftig stärker als in der Vergangenheit auf den höheren Ebenen durch.«
Nur das Ganze zählt
Teilnehmer der Runde wie Vogl und Töpfer sind sich darin einig, dass mit der Virtualisierung und Geschäftsprozessoptimierung auch die Verkabelungssystemhersteller mehr ganzheitlich denken und entwickeln sollten. Fehler, die innerhalb ihrer Infrastruktur passieren, schlagen dadurch stärker als in der Vergangenheit auf den höheren Ebenen durch. »Die Protokollanalyse über alle Ebenen zeigt, dass heute mehr denn je oberhalb der Verkabelung gemessen werden muss«, pflichtet Hüsch von Psiber Data bei. Er plädiert deshalb zumindest »für mehr Entwicklungs-Koexistenz« zwischen den Verkabelungssystem- und anderen Herstellern. Es sei allerdings schwierig, diesen ganzheitlichen Anspruch bei der Dokumentation und beim IT-Management durchzuhalten, schränkt Hüsch ein.
Auch für Per Kall, Teamleiter Consulting im Bereich Service-Management bei Materna, steht außer Frage: »Alle Applikationen, Datenquellen und Infrastrukturkomponenten müssen für die Bereitstellung verlässlicher IT-Services nahtlos ineinander greifen.« Die Verkabelung als physisches Leitungssystem für alles, was sich darüber abspiele, sei davon keinesfalls ausgenommen. Diese umfassende ganzheitliche Sicht müsse von Anfang an, von der Planung über die Realisierung und den Betrieb bis zur Weiterentwicklung des Gesamtsystems greifen. Somit sei auch die passive Verkabelung ein wichtiger Bestandteil der mitunter ausgesprochen vielschichtig ausgestalteten IT-Services –ganz im Sinne des ITIL-Modells zum Aufbau des IT-Service-Managements und einer angemessenen IT-Service-Organisation.
Letztlich wird für alle beteiligten Systemlieferanten und Projektierer kein Weg daran vorbeiführen, sich für einen Service-optimierten IT-Auftritt anderen Produktbereichen zu öffnen. Unternehmen und Hosting-Provider als RZ-Betreiber sind in Zeiten der Geschäftsprozess-Optimierung, für die der IT-Motor insgesamt rund laufen muss, gleichermaßen darauf angewiesen. Vogl von Siemens IT Solutions and Services verweist auf die eigene RZ-Praxis des Dienstleisters. »Switch-, Server- und Speicher-Bereinigung respektive -Virtualisierung, Überwachen und Steuern von Power- und Klimatisierungs-Kreisläufen sowie ein umfassendes IT-Management einschließlich Dokumentation, Auditing und Reporting: Das alles lässt sich nur ganzheitlich bewerkstelligen.« Er geht einen Schritt weiter: »Das alles ist nur mit einer ganzheitlichen Sicht- und Herangehensweise möglich. « Nur so könnten jeweils Wechselbeziehungen und -wirkungen richtig bemessen werden, um in Gänze den RZ-Auftritt richtig an sich verändernden Rahmenbedingungen und Anforderungsprofilen auszurichten und permanent zu optimieren. Deshalb bezieht man bei Siemens IT Solutions and Services die Verkabelung und Anschlüsse als vollberechtigte Glieder der IT mit in die Konzeption und Realisierung ein. Das, ergänzt Vogl, schließe ein, den Zustand des RZ über alle Ausführungsebenen immer wieder zu messen und zu beurteilen.