Für eine vollständige Bewertung ist es noch zu früh, aber das gefühlte Zwischenfazit zeigt durchaus positive Effekte: In Unternehmen mit modernen Infrastrukturen und agilem Umgang mit der gegenwärtigen Realität von „Social Distancing“ sind Videokonferenzen, gemeinsames Arbeiten und die Durchführung von Remote Meetings mit passablem Ergebnis umgesetzt worden. Vielerorts hat sich gezeigt, dass Mitarbeiter, die von zuhause Zugriff auf wichtige Informationen, Dokumente und Ablagestrukturen erhalten, sehr wohl produktiv arbeiten können. Dies liegt unter anderem daran, dass immer mehr Unternehmen Lösungen einsetzen, die einen Cloud-Bezug haben. Geschickt eingesetzt können diese Technologien große Vorteile für das tägliche Arbeiten in verteilten Teams bieten. Nicht mehr zeitgemäße VPN-Knoten kommen hingegen unter großer Last endgültig an ihre Grenzen.
Das Idealbild der Zusammenarbeit lässt sich technologisch klar definieren: Der Mitarbeiter braucht permanent Zugriff auf Systeme, Daten und Informationen – unabhängig vom Gerät oder Betriebssystem. Auf diese Weise wird sogar das Smartphone zum Werkzeug. Denn gängige Kollaborationslösungen bieten Clients für den Browser, Desktop oder das Smartphone an. Meist sind in diesen Lösungen verschiedene Wege für Zusammenarbeit vorgesehen: die gleichzeitige Einwahl in eine Videokonferenz mit allen Clients, das kontextbezogene Nutzen von Chatfunktionen, das Freigeben von Bildschirm und Dateien, das leichzeitiges Arbeiten an Dateien und die Automatisierung von Prozessen.
In einem ausgeglichenen Mix von Technologien und kulturellen Spielregeln kann diese Zusammenarbeit dann auf einer fortgeschrittenen Ebene stattfinden. Zweiflern kann hingegen der Blick auf Open-Source-Projekte helfen. Dort entstehen Software-Engineering-Meisterleistungen mit massiv verteilten Teams, die sich teilweise niemals gesehen haben. Warum und wie sind diese Teams produktiv und erfolgreich? Wichtige Elemente der Zusammenarbeit und des Engineerings werden kompromisslos umgesetzt. Kommunikation auf allen zur Verfügung stehenden Kanälen wird als wichtiges Element betrachtet und im Stakeholder-Management praktisch zum Sport. Dies führt zur schnellen Verteilung von Informationen und ermöglicht kurze Reaktionszeiten mit Hilfe der Schwarmintelligenz.
Es gibt keine heiligen Kühe. Was nicht funktioniert, wird gestrichen. Dies beinhaltet so ziemlich alles, was für den jeweiligen Kontext eine Rolle spielt: Prozesse, Artefakte, Konzepte, Technologien, Positionen. Arbeitsrealität wird als gesunde Mischung aus Agilität und verlässlichen Strukturen gelebt. Und in der Produktion von Open-Source-Systemen werden professionelle Fertigungsstraßen mit allem was automatisierbar ist eingesetzt. Vor diesem Hintergrund ist es geradezu unfassbar, dass derartige Konzepte der Zusammenarbeit nicht längst in unseren Unternehmen angekommen sind. Es schleicht sich das Gefühl ein, die Arbeitswelt stünde sich auch im Jahre 2021 dabei selbst im Weg. Vielerorts ist der Arbeitsplatz noch geprägt von alten Strukturen. Die ehemalige Arbeitswelt pendelte zwischen zwei extremen Polen. Die historische tayloristische Sicht, Menschen als Maschinen zu betrachten und alles aus ihnen herauszuholen, auf der einen Seite. Und die sozialistische Sicht, die sich durch das Kapital ausgebeutet fühlt, auf der anderen. Diese zwei extremen Ansichten führen dazu, dass Manager intransparent agieren und ihren Mitarbeitern im schlimmsten Fall nicht vertrauen. Und es führt dazu, dass Mitarbeiter eine Nine-to-Five-Mentalität einnehmen und nur genau das tun, was in ihrer Stellenbeschreibung steht.
Spätestens hier wird deutlich, dass keine Technologie der Welt diese Weltbilder aufbrechen kann. Stattdessen muss durch das Senior Management eine neue Vision der Zusammenarbeit über alle Ebenen eingebracht werden. Dabei ist es nicht ausreichend, einen Raum im Unternehmen mit Sitzkissen auszustatten.
Die nächste Evolution am Arbeitsplatz hat mit „Smart Workplaces“ aber bereits begonnen. Es sind weitere Möglichkeiten der Automatisierung durch Cloud-Technologien und KI an einigen Stellen schon Wirklichkeit geworden. Cognitive Computing wird in Servicemodellen „als KI aus der Steckdose“ angeboten und soll dafür sorgen, dass eine weitere technologische Durchdringung der Unternehmen erfolgt. Software-Systeme können mittlerweile Texte und Sprache verstehen und Bilder interpretieren. Damit ist es möglich, auch kognitive Tätigkeiten zu automatisieren: Die Auswirkungen auf den Arbeitsplatz werden immens sein. Die großen IT-Hersteller bringen diese Technologien bereits heute über Enterprise-Low-Code-Plattformen in die Arbeitsumgebungen ein. Hiermit ermöglichen sie die schnellere Digitalisierung von Geschäftsprozessen und die weitere Automatisierung durch die Übernahme von kognitiven Aufgaben durch IT-Systeme. Das bedeutet für die Unternehmen, dass sie sich weiter anpassen müssen, um die erforderlichen kulturellen und technologischen Umgebungen zu schaffen.
Unternehmen brauchen eine positive Unternehmenskultur und moderne Technologien, um über die Schwarmintelligenz Innovationen hervorzubringen und Kunden bessere Produkte und Dienstleistungen bereitstellen zu können. Der Digital Workplace wird durch die Aspekte Organisation, Führung und Technologien zum Katalysator für die Digitalisierung. Es ist höchste Zeit, das Thema anzugehen.