Steuerverschwendung

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10. November 2021, 11:32 Uhr | Martin Fryba

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Milliarden für dann veralteten Bundesclient

Überflüssige Autobahn-App
Es hätte sehr gewundert, wenn auch das Ressort von noch Verkehrsminister Andreas Scheuer im neuen Schwarzbuch 2021/2022 nicht erwähnt worden wäre. Es geht um vergleichsweise marginale Steuerverschwendung von doch immerhin 1,2 Millionen Euro für die Entwicklung der Autobahn-App unter der Regie der Autobahn GmbH, eine dem Bund gehörende Gesellschaft, die von aktuell 10.000 Mitarbeitern auf 15.000 wachsen soll. Die App sollte laut Steuerzahlerbund mit „exklusiven Daten“ Verkehrsmeldungen, E-Ladestationen sowie Rast- und Parkplätze anzeigen und Zugriff auf mehr als 1.000 Webcams an den Strecken gewähren. Sie sei zunächst gar nicht schlecht angenommen worden, doch die Zahl der täglichen Nutzer sank von anfangs über 150.000 auf nur noch rund 14.000. „Viele Nutzer kritisieren, dass die Anwendung schlecht zu nutzen oder ähnliche Leistungen bereits in anderen Apps zu finden seien“, steht im Schwarzbuch.

Fazit: Wenn die bereitgestellten Informationen tatsächlich einen Mehrwert bieten, sei davon auszugehen, dass dieser in bereits etablierte Apps privater Anbieter integriert sei. „Eine zusätzliche staatliche Autobahn-App braucht es also nicht“. Über die laufenden Kosten der Autobahn-App gab der Betreiber dem Steuerzahlerbund keine Auskunft.

Bund stolpert in die Digitalisierung
Eine Milliarden schwere Verschwendung droht im Projekt der Bundesverwaltung, eine einheitliche IT aufzusetzen. Die 2015 beschlossene „IT-Konsolidierung Bund“ wurde beim Start mit einem mittleren dreistelligen Millionenbetrag budgetiert. Mittlerweile gehe die Bundesregierung von Kosten in Höhe von 3,4 Milliarden sowie erheblichen Verzögerungen aus, schreibt der Steuerzahlerbund. Es ist eingetreten, wovor der ITK-Verband Bitkom seit langem schon warnt: Das „IT Chaos Bund“, so betitelt im Schwarzbuch, ist Folge von unklaren Zuständigkeiten, mangelhafter interner Koordination, Personalmangel und wenig effizienter Steuerung von beteiligten IT-Dienstleistern. 2020 zog das Bundeskanzleramt die Kontrolle an sich, teilte die Projektverwaltung zwischen Finanz- und Innenministerium auf und verschob den Zeitrahmen von 2025 auf 2028.

Reichen die 3,4 Milliarden Euro zur Modernisierung der Bundes-IT wirklich aus? Die Ministerien verteilen Beruhigungspillen: Die Kosten seien gedeckelt, zitiert der nachfragende Steuerzahlerbund aus der Antwort und kommentiert: „Dass Deckel jedoch nicht immer deckeln, zeigt der Bund der Steuerzahler mit trauriger Regelmäßigkeit mit seinen Schwarzbuch-Recherchen“.

Und sollte der unwahrscheinlich Fall eintreten, dass beim geplanten Bundesclient dter Kostenrahmen eingehalten und die neuen standardisierten IT-Arbeitsplätze in der Bundesverwaltung fristgerecht bis 2032 ausgerollt werden, kann man schwerlich von einem modernen Bundesclient sprechen. „Der Bundesrechnungshof sieht die Gefahr, dass dieser schon dann technisch veraltet sein könnte, wenn er denn endlich flächendeckend eingeführt sein wird“, heißt es im Schwarzbuch.

Hamburg verpennt Windows 10-Migration
Und dass der Stadtstaat Hamburg auch zehn Jahre nach der Einstellungsankündigung von Windows 7 zum Januar 2020 noch rund 8.000 Windows 7-Rechner der Polizei für Extra-Supportgebühren in Höhe von rund einer halben Million Euro laufen ließ und immer noch lässt? Geschenkt! Fast 900.000 Euro für 2020 und 2021, die Micrrosoft einstreicht, kostet Hamburg laut Steuerzahlerbund die acht Jahre verschlafene Betriebssystemumstellung, die Ende dieses Jahres komplett vollzogen sein soll. „Gut Ding braucht halt Weile – und leider auch viel Steuergeld“, kommentiert das Schwarzbuch der Steuerverschwendung.

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