Wie sich Unternehmen vorbereiten können

EU-Verordung: Roam like Home

19. November 2014, 11:02 Uhr | Monika Riedl, IT-Autorin

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Bedeutung für den TK-Markt

Seit dem Inkrafttreten der neuen Regulierungsvorgaben hat sich einiges für die Anbieter des Mobilfunkmarktes geändert. Sie mussten zwei Punkte in Anbetracht der Neuausrichtung des Roamingsegments und der Positionierung am Markt bedenken: "Einmal galt es auf die sukzessive Preiserosion zu reagieren und des Weiteren waren die Anforderungen der EU an europäische Dienstleister hinsichtlich Roaming-Decoupling und Local-Breakout einzuhalten. TK-Unternehmen wurden damit die Weichen für eine Neuausrichtung am europäischen Binnenmarkt gestellt", erklärt Unternehmensberater Philipp Thomaschewski von Iskander Business Partner. Aus diesen Veränderungen ergeben sich nun kurz-, mittel- und langfristige Handlungsoptionen, die in Betracht kommen.

a) Kurzfristige Maßnahmen
Ein Aspekt, der frühestmöglich zu berücksichtigen ist, wäre die Bindung der Bestandskunden an das Unternehmen. Es ist zu bedenken, dass sich die Kunden mit ihren Vertragsverlängerungen bis ins "Scenario 2017+" an ihren Anbieter binden – also dem Termin, an dem alle Tarife europaweit angeglichen werden. "Gerade diesen Kunden sollten Anbieter mit speziellen Roaming-Paketen innerhalb ihrer aktuell bestehenden Tarifen entgegenkommen", erklärt Philipp Thomaschewski. Auf diese Weise lassen sich akut gefährdete Umsätze vorübergehend festigen. Beispielsweise hat die Deutsche Telekom ab Juli diesen Jahres die All-Inclusive-Option eingeführt, bei der das Inklusiv-Datenvolumen des heimischen Vertrages im Ausland weiter genutzt werden kann.

Eine weitere Möglichkeit, dem Preisverfall entgegenzuwirken, liegt in der Differenzierung der Datengeschwindigkeiten im Ausland. Aktuell wird nur auf Basis des verbrauchten Volumens abgerechnet. "Alternativ bietet sich die Möglichkeit, die Vorgaben der EU hinsichtlich der Volumenpreise zu erfüllen und darüber hinaus im Ausland extra Umsätze über eine Geschwindigkeitsdifferenzierung zu generieren, zum Beispiel mit 3G- und 4G-Angeboten", rät Thomaschewski. Beispielhaft wäre eine Kampagne, die verschiedene Optionen eines EU-Reisepakets nach Geschwindigkeit anbietet.

b) Mittelfristige Maßnahmen
Eine mittelfristige Chance, um Neukunden zu gewinnen, eröffnet sich im Rahmen der Roaming-Decoupling- und Local-Breakout-Regelungen. Handynutzer sind dabei im Ausland nicht an den Vertrag
ihres einheimischen Anbieters gebunden. "Diesen Effekt können einheimische Telekommunikationsunternehmen nutzen, um Angebote für ausländische Kunden zu erstellen. Auf diese Weise kann der Anbieter nicht nur neue Kunden gewinnen, sondern mit attraktiven Angeboten eine werbende Wirkung im Herkunftsland des Kunden erzielen", führt Philipp Gröne von Iskander Business Partner aus.

Daneben müssen sich Telekommunikationsunternehmen bewusst sein, dass die Nutzung solcher Umsatzpotentiale auch Implementierungsprozesse mit sich bringt, die technisch enorm komplex sein können. Beispielsweise kommt es zu Änderungen der Rechnungsstellung und der Anbindung an den Heimatprovider sowie die Umsetzung von interagierenden Service-Prozessen zwischen den einzelnen Ländergesellschaften.

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Philipp Gröne, Iskander Business Partner: "Roaming-Decoupling, Local-Breakout und der Wegfall der EU-Roaming-Umsätze werden stark in das Kerngeschäft eingreifen und zudem die Konkurrenzsituation am Markt verschärfen."
Philipp Gröne, Iskander Business Partner: "Roaming-Decoupling, Local-Breakout und der Wegfall der EU-Roaming-Umsätze werden stark in das Kerngeschäft eingreifen und zudem die Konkurrenzsituation am Markt verschärfen."
© Iskander Business Partner

c) Langfristige Maßnahmen
Weiterhin gilt es auch, langfristig zu planen und im Hinblick auf das "Scenario 2017+" Maßnahmen in Erwägung zu ziehen. "Roaming-Decoupling, Local-Breakout und der Wegfall der EU-Roaming-
Umsätze werden stark in das Kerngeschäft eingreifen und zudem die Konkurrenzsituation am Markt verschärfen", warnt Gröne. Als Teil eines globalen Unternehmens wie Vodafone oder Deutsche Telekom, empfiehlt es sich, die Möglichkeiten des Konzern-Netzwerks zu nutzen. Mit entsprechenden Angeboten können Kunden sodann innerhalb des Konzerns bedarfsgerecht versorgt werden, was einen Wechsel zu anderen Angeboten verhindern kann. Auf diese Weise ergeben sich Chancen, Kunden sogar auf internationaler Ebene in einem einzigen Netzwerk einzubinden. In diesem Fall ist eine Positionierung als Full-Service-Anbieter durchaus sinnvoll, der nicht nur als Netzinfrastrukturanbieter fungiert, sondern Dienstleistungen mit einem Mehrwert für den Kunden bietet, die sogar über die eigenen Landesgrenzen hinaus gültig sind.

Für Unternehmen, die auf kein Netzwerk zurückgreifen können, gibt es die Möglichkeit einer Partnerstrategie. Um den richtigen Partner zu finden, ist jedoch eine eingehende Analyse der eigenen Kundenbasis von Nöten. Unter anderem sind Fragen zu den häufigsten Reisezielen der Kunden, welche Services im Ausland vermehrt genutzt werden (Daten oder Telefonie), Präsenz eines Netzes im eigenen Heimatmarkt oder der Fakt, ob Partnerschaften vor Ort schon etabliert sind, für die Auswahl relevant. Dementsprechend ist eine Positionierung als reiner Infrastrukturanbieter naheliegend, dessen Kernkompetenz in der Netzqualität liegt. Damit wird eine teure Ausrichtung als Full-Service-Anbieter mit starker Markenfokussierung vermieden.

"Bei beiden Strategien zeigt sich aber, dass Telekommunikationsanbieter heute schon Netzkapazitäten einkaufen und ausbauen müssen. Zudem sollte jetzt schon in einer werthaltigen Beziehung zu ausländischen Partnern investiert werden", gibt Philipp Gröne zu bedenken.


  1. EU-Verordung: Roam like Home
  2. Bedeutung für den TK-Markt
  3. Worauf Unternehmen als Großkunden achten sollten

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