Erstkäufe und der Hype um neue Technologien haben den Smartphone-Markt lange angetrieben. Inzwischen ist er aber kein Selbstläufer mehr.
Die Markt-Durchdringung mit Smartphones ist so hoch, dass erste Anschaffungen nicht mehr zum Wachstum beitragen. Auch sind die technischen Innovationen und Neuerungen der Geräte nicht mehr so frappierend von einer Generation zur nächsten, dass es für die Konsumenten eine jährliche Neuinvestition rechtfertigen würde. Die aktuellste Marktprognose spiegelt dies wider: Wir gehen davon aus, dass sich die Zahl der weltweit verkauften Smartphones bis zum Ende des Jahres 2019 auf 1,5 Milliarden Einheiten belaufen wird. Das entspricht einem Rückgang von 2,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die stärkste Einbuße verzeichnen dabei die hoch entwickelten Märkte: Japan, Westeuropa und Nordamerika.
Übersättigter Markt
In diesen Märkten ist der High-End-Smartphone-Markt im besonderen Maße übersättigt und kommerzialisiert. Obwohl bahnbrechende Innovationen fehlen, bleiben die durchschnittlichen Verkaufspreise hoch – damit fehlen die Anreize, das eigene Smartphone kurzfristig upzugraden. Zudem wurde der Markt davon beeinflusst, dass Huawei im zweiten Quartal 2019 keinen Zugang zu Technologien von Zulieferern aus den USA hatte. Zwar ist die Blockade im US-Markt gegenüber Huawei derzeit aufgeschoben, insgesamt spürt die Marke jedoch die Auswirkungen und den entsprechenden Image-Verlust. Die zweite Hälfte des zweiten Quartals 2019 war für Huawei in EMEA daher sicherlich eine Herausforderung. Die führende Position auf dem Heimatmarkt blieb jedoch unverändert. Da die Situation trotz des aktuellen Aufschubs unklar bleibt, dürfte dies anderen Herstellern zum Beispiel in Westeuropa neue Chancen eröffnen.
Insgesamt geht Gartner davon aus, dass sich die Nachfrage im zweiten Halbjahr 2019 noch weiter abschwächen wird. Neben dem High-End-Markt werden sich Ersatzkäufe auch für Low- und Mid-End-Smartphones aufgrund geringer Wertvorteile weiter verlangsamen.
Push durch 5G?
Ein Faktor, der diese Entwicklung wieder ein Stück weit umkehren könnte, ist die 5G-Technologie. Es ist anzunehmen, dass die Verkaufszahlen im Jahr 2020 weltweit wieder steigen werden. Bis dahin werden Telekommunikationsanbieter bereits in verschiedenen Regionen der Welt 5G-Service-Pakete anbieten und es werden mehr 5G-Gerätemodelle verfügbar sein. Zudem erwarten wir im Jahr 2020 den Launch des ersten 5G-fähigen Apple iPhones, das für iPhone-Nutzer einen erheblichen Anreiz für Upgrades setzen könnte.
Auch die technische Entwicklung der 5G-Netzwerke ist noch keineswegs abgeschlossen. So wird der Großteil des technischen 5G-Potenzials, wie etwa die geringe Latenzzeit, voraussichtlich erst im vierten Quartal 2019 erschlossen sein. Allerdings wird es noch einige Zeit dauern, bis 5G die Märkte komplett durchdringen wird. Zudem gehen wir davon aus, dass weniger als 45 Prozent der Kommunikationsdienstleister weltweit bis zum Jahr 2025 ein kommerzielles 5G-Netz aufgebaut haben werden.
Ein wichtiger Marktrend ist zudem die weitere Entwicklung des Smartphones zum wichtigsten Zugangs-Tool bei Online-Aktivitäten. Generell ist beim Einsatz des Smartphones, zum Beispiel beim Online-Banking zur Eigenindentifizierung, darauf zu achten, Kombinationen aus zwei oder mehreren Optionen zu wählen: Zum einen sind das Push-Modi sowie eingebettete Public-Key-Authentifizierungen, also sich mit Hilfe eines Schlüssels, bestehend aus privatem sowie öffentlichem Schlüssel, anzumelden. So ist zum Beispiel das biometrische Verfahren, das den Kunden den Zugang mit dem Smartphone ermöglicht, eines der wichtigsten Identifikationsmittel für Banken. Besonders hervorzuheben sind solche Verfahren, die eine Gesichts- oder Spracherkennung verwenden. Insgesamt fungiert das Smartphone immer mehr als Schlüssel fuür identitätsrelevante Daten.
Innovationsfaktor Smartphone
In Anbetracht dieser vielen Faktoren, müssen Smartphone-Anbieter ihr Augenmerk klar auf die Innovationen richten und sich auf Technologien fokussieren, die für den Benutzer einen direkten Mehr- und Neuwert darstellen. Die Anreize zum Neukauf müssen durch neue Features und Technologien gerechtfertigt werden.
Annette Zimmermann ist VP Analyst bei Gartner