Techconsult-Analyse im August: IT-Cloud-Index für den Mittelstand

Prism bestärkt Cloud-Skeptiker

16. August 2013, 6:01 Uhr | LANline/jos

In einer Langzeituntersuchung (IT-Cloud-Index) untersuchen die Marktforscher von Techconsult den Stellenwert von Cloud Computing in mittelständischen Anwenderunternehmen. Die Ergebnisse der Befragung zum dritten Quartal 2013 spiegeln erste Auswirkungen des kürzlich öffentlich gewordenen Spionageskandals um Prism auf den deutschen Cloud-Markt wider.

An vorderster Stelle positionieren die deutschen Mittelständler wiederholt den Punkt Sicherheit in Bezug auf Hemmnisse bei der Einführung von Cloud-Services in ihre Unternehmen. Damit im Einklang stehen auch die geforderten Kriterien an Cloud-Anbieter, die unter anderem höchste Sicherheitsverfahren, Zukunftssicherheit durch eine erkennbare Bonität und ein Angebot von sicheren Rechenzentren vorweisen müssen, um in die engere Auswahl der befragten Anwenderunternehmen zu kommen.

Dies könnte der Beginn einer langen und erfolgreichen Zeit für Cloud-Anbieter sein, die sowohl ihren Firmensitz als auch ihr Rechenzentrum in Deutschland beheimatet wissen. Fachmedien, Unternehmensberater sowie Interessenverbände und Informationsportale spielen bei der Auswahl und Entscheidungsfindung von Cloud-Services eine entscheidende Rolle und sollen den Anwenderunternehmen offensichtlich einen geordneten und transparenten Einstieg zur Cloud-Technik sichern.

Die Ängste vor der Cloud-Technik sind durch die Offenlegung des amerikanischen Überwachungsprogramms Prism und des britischen Tempora-Programms im deutschen Mittelstand wieder gestärkt. Zeigte sich im vierten Quartal 2012 eine erste Aufhebung dieser Ängste, indem eine erhöhte Nachfrage nach Security-Lösungen aus der Cloud im Mittelstand festzustellen war, ist das Thema Sicherheitsrisiken in Bezug auf Cloud Services mit 67 Prozent fast wieder auf dem Stand des Vorjahresquartals angelangt. Auf Rang zwei mit 60 Prozent nannten die befragten Unternehmen als größtes Hindernis bei der Einführung von Cloud-Services Bedenken hinsichtlich des Verlustes der Kontrolle über ihre Systemlandschaft.

Dabei ergab die aktuelle Umfrage, dass viele Mittelständler mit dieser Sorge vor allem groß angelegte Kooperationen deutscher Cloud-Anbieter über die Landesgrenzen hinweg beschäftigen. Die Anwenderunternehmen befürchten dadurch einen nachhaltigen Kontrollverlust über ihre IT-Systeme, wenn ausländische Cloud-Services hinter deutschen Anbietern stehen und damit auch verbundene rechtliche Unsicherheiten. Damit im Zusammenhang ist auch die von 56 Prozent geteilte Ansicht zu sehen, dass rechtliche Rahmenbedingungen und gesetzliche Vorgaben Hürden für die Einführung von Cloud-Lösungen darstellen.

So können intransparente Cloud-Angebote eine Vielzahl rechtlicher Fragestellungen aufwerfen, mit denen sich die Anwenderunternehmen befassen müssen, um nicht gegen geltendes Recht oder interne Unternehmensvorgaben zu verstoßen. Rechtliche Anforderungen können sowohl das Vertragsrecht wie auch das Datenschutzrecht als auch das Haftungsrecht betreffen.

Zudem befürchten die befragten Unternehmen bei der Inanspruchnahme von nicht klar definierten Cloud-Services, gegen gesetzliche Aufbewahrungs- und Löschfristen zu verstoßen. Knapp die Hälfte der befragten Unternehmen im Mittelstand glaubt zudem noch, dass viele Cloud-Anbieter bis heute keine ausreichend dokumentierten Programmierschnittstellen für ihre Cloud-Services zur Verfügung stellen und sich demnach Daten und Systeme nur unter erschwerten Bedingungen wieder aus der Cloud herausholen lassen.

Generell zeigen die genannten Hemmnisse, dass die Bedenken und Sorgen gerade bei den so genannten Cloud-Gegnern oder Unternehmen, die von der Einführung von Cloud-Services noch nicht ganz überzeugt waren, unter dem Eindruck der Abhörskandale wieder verstärkt zugenommen haben.

In Anbetracht der gestiegenen Sensibilität gegenüber Cloud-Angeboten wird sich die Cloud-Branche stärker denn je für einen transparenten und detaillierten Cloud-Markt stark machen müssen. 71 Prozent der befragten Unternehmen stellen als entscheidendes Kriterium für die Auswahl eines Cloud-Anbieters den Einsatz anerkannter Sicherheitsverfahren oder eine Zertifizierung durch unabhängige Dritte wie beispielsweise ISO 27001 zur Bedingung. Zertifizierungen dieser Art schaffen gerade bei mittelständischen Anwenderunternehmen Vertrauen hinsichtlich der zu erwartenden Sicherheitsstrategien und verfahren eines Cloud-Anbieters, da diese durch unabhängige Dritte qualitativ getestet und bestätigt wurden.

Ebenfalls von höchster Priorität ist für die befragten Unternehmen das Vertrauen in die Zukunftssicherheit des Cloud-Anbieters. Demnach erwarten die Anwenderunternehmen von den Cloud-Anbietern die Vorhaltung einer ausreichenden Liquidität sowie detailliertes Fach-Know-how und vorzeigbare Referenzprojekte sowie Innovationsfähigkeit, um langfristig von der Cloud-Technik zu profitieren.

Dass Cloud-Services „made in Germany“ , also auf deutschen Rechenzentren basierend, als Wettbewerbsvorteil angesehen werden können, bestätigen 56 Prozent der befragten Unternehmen im deutschen Mittelstand. Verschärft wird diese Sichtweise noch mit der Angabe von fast 50 Prozent, dass der Sitz des Cloud-Anbieters in Deutschland sein müsse, um einen Cloud-Service in Anspruch nehmen zu wollen.

Dies macht deutlich, wer in Zukunft massiv durch die bekannt gewordenen Abhörskandale profitieren kann, nämlich Cloud-Anbieter mit Standort des Rechenzentrums und Firmensitz in Deutschland. Der größte europäische Softwarehersteller, SAP mit Sitz im baden-württembergischen Walldorf, kann in diesem Jahr für sein Cloud-Geschäft dreistellige Wachstumsraten verzeichnen und erwartet für 2013 einen neuen Höchstumsatz von einer Milliarde Euro.

Laut Max Schulze, Analyst beim durchführenden Analystenhaus Techconsult, sei SAP nur eines von vielen Beispielen, die zeigen, dass die deutsche und europäische Cloud-Industrie keinen Schaden, sondern tendenziell eher einen Mehrgewinn durch Prism und andere Abhörskandale erlangen wird. „Die Abhöraktivitäten der Geheimdienste aus den USA werden ein gewaltiges negatives Echo für Cloud-Services und deren Anbieter im gesamten amerikanischen Raum bedeuten. Die Cloud-Technik hat viele Vorteile, besonders die des Flexibilitätszuwachses und der Kostenreduzierung. Diese verpuffen jedoch sehr schnell, wenn elementare Kriterien wie umfassender Schutz der Daten, hinreichende Detaillierung des Angebots und vor allem Standortfragen nicht klar definiert werden.“

„Prism hat deutschen Cloud-Anbietern, die auf Cloud-Services ,made in Germany' setzen und darüber hinaus die ermittelten Kriterien an Cloud-Anbieter hinreichend erfüllen, neuen Aufschwung gebracht“, erläutert Schulze. „Auf die seit Jahren bekannten Effektivitätsgewinne durch den Einsatz der Cloud-Technik wollen wohl die wenigsten Unternehmen zukünftig verzichten, daher werden die Wege zwangsläufig zum Server-Standort Deutschland mit seinem strengen Datenschutzrecht führen.“ Es liege jetzt an den Cloud-Anbietern selbst, die neu gewonnene Aufmerksamkeit für sich erfolgreich zu nutzen, und an der Justiz, eine glaubwürdige Datenschutzverordnung für Europa durchzusetzen, so Schulze abschließend.

Auf der Suche nach einem geeigneten Cloud-Service stehen zumeist kleinere Unternehmen mit wenig IT-Fachpersonal vor einem undurchsichtigen und vielschichtigen Dschungel. Um mehr Transparenz zu erhalten, informieren sich 59 Prozent der befragten Unternehmen vorwiegen in IT-Fachzeitschriften über den möglichen Einsatz von Cloud- Services für ihr Unternehmen. 43 Prozent der befragten Unternehmen setzen zudem verstärkt auf externe Beratungsangebote.

Zwar ist der Einsatz von Unternehmensberatern kostspielig, jedoch werden diese Kosten bei der Einführung von umfassenden Cloud Services eingerechnet und helfen den Anwenderunternehmen zu einer realistischen Einschätzung ihres Bedarfs. Dazu gehört eine Ist-Analyse der Unternehmenseigenen IT-Ressourcen im Vergleich zu den analysierten zukünftigen Cloud-Anschaffungen, die für den nachhaltigen Erfolg des Unternehmens notwendig werden. Die Bewertung der Ergebnisse setzt dabei spezifisches Cloud-Know-how voraus, das gerade in kleineren Unternehmen mit Fokus auf andere Geschäftsfelder in der Form nicht vorhanden ist. Zusätzlich informieren sich 38 Prozent der Befragten auf Informationsportalen und fachqualifizierten Internet-Seiten über die in den Printmedien aufgegriffen Cloud-Themen.

Die vollständige Studie mit den Ergebnissen zur Langzeituntersuchung zum Stellenwert von Cloud-Computing in mittelständischen Anwenderunternehmen findet sich hier: www.it-cloud-index.de.

Neben der Veröffentlichung der aktuellen Studienergebnisse befindet sich auf dem neugestalteten Cloud-Portal von Techconsult (www.it-cloud-index.de) ein Online-Benchmark-System für Anwenderunternehmen. Bei einer Teilnahme erhalten Unternehmen auf sechs bis acht Seiten einen direkten Vergleich ihrer Cloud-Computing-Strategie und der wichtigsten Cloud-Computing-Indikatoren ihres Unternehmens mit denen ihrer Mitbewerber derselben Branche und Größenklasse. Der IT-Cloud-Index soll so als Gradmesser für die Etablierung von Cloud Computing im deutschen Mittelstand dienen und über den zeitlichen Verlauf den Anwenderunternehmen das Ablesen möglicher Trendlinien und Tendenzen erlauben.


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