Der Hype ist groß: Die „Smartization“ der Metropolen rund um den Globus ist ein Megatrend des 21. Jahrhunderts. Die Rolle von Telekommunikationsanbietern in diesem Szenario ist vielfältig – und anspruchsvoll.
Immer mehr Menschen zieht es in Städte. Nach einer UN-Prognose werden im Jahr 2050 zwei Drittel der dann rund zehn Mil-liarden Bewohner auf der Erde in Städten leben – daraus ergeben sich zahlreiche Herausforderungen und der Bedarf für neue Lösungen ist gewaltig. Schon heute werden Städte zusehends vernetzt. Technologische Errungenschaften sollen das Leben der Bewohner komfortabler, effizienter aber auch sicherer und gesünder gestalten. Das Rückgrat der vernetzten Stadt der Zukunft ist das „Internet der Dinge“ – ein Netzwerk aus unzähligen Geräten und Sensoren, die miteinander verbunden sind, kommunizieren und interagieren – und so die „Smart City“ Realität werden lassen.
Derzeit implementieren mehr als 100 Städte weltweit neue „Smart Solutions“, also intelligente Lösungen in ihre urbane Infrastruktur. Der größte Teil der Investitionen fließt dabei in den Aufbau intelligenter Stromnetze, den Ausbau öffentlicher Breitbandversorgung sowie Automatisierungs-abläufe wie Verkehrsleit- und Sicherheits-systeme. Schon heute zeichnet sich aber eine Verschiebung zu noch komplexeren Lösungen ab, welche weit über die bestehenden, singulären Anwendungsbeispiele hinausgehen. So kann ein Verkehrsleitsystem auch bei Sicherheits- oder Umwelt-Herausforderungen wichtige Daten liefern, zum Beispiel bei einer Notsituation – einem Feuer oder einem Unfall – ganzheitlich den schnellsten Weg für die Feuerwehr räumen.
Immer neue Lösungen steigern stetig das Marktpotenzial. So haben sich die globalen Smart City-Umsätze binnen vier Jahren von 0,7 Billionen US-Dollar im Jahr 2012 auf 1,3 Billionen Dollar im Jahr 2016 fast verdoppelt. Die Strategie- und Innovationsberatung Arthur D. Little prognostiziert für das Jahr 2020 sogar Umsätze von insgesamt rund 2,1 Billionen US-Dollar. Bei vielen der aktuell umgesetzten Maßnahmen handelt es sich allerdings um Pilot- und Testprojekte in den jeweiligen Segmenten, welche nicht zuletzt auch zu Stadtmarketing-Zwecken genutzt werden und damit einen eher
geringen Einfluss auf das gesamte Stadt-Ökosystem haben.
Vom Piloten zum Ökosystem
Häufig fehlt eine strategisch verankerte Integrationsstrategie, die es ermöglicht, die verschiedenen Segmente sinnvoll miteinander zu verknüpfen und somit den Mehrwert für die einzelnen Anwendungsfelder zu vergrößern. Prominentes Beispiel ist die Straßenbeleuchtung – Smart Lightning. Aus Perspektive der Energieversorger kann im einzelnen Segment sicherlich der Energieverbrauch optimiert werden, aber wirklich wertvoll wird die Anwendung erst, wenn andere Segmente, wie zum Beispiel Mobilität und Parkleitsysteme, Umweltschutz, Sicherheit oder auch reine Konnektivität für die Bewohner in das Geschäftsmodell einfließen.
Städte, die versuchen, sich erst durch einzelne losgelöste Piloten dem Thema Smart City zu nähern, scheitern häufig da-ran, diese segmentübergreifenden Anwendungsfälle im Nachhinein zu etablieren. In der Folge entsteht eine Anzahl an Insellösungen, die aber aufgrund der Isolation weder effizient noch nutzerorientiert sind.
Darüber hinaus sehen viele Städte das Thema Smart City als eine IT-getriebene Angelegenheit. Dabei wird vergessen, dass die generierten Informationen und Anwendungen für eine große Anzahl kommerzieller Anwender von enormer Wichtigkeit sind – mitunter ist also eine Smart City ein Enabler für lokale Geschäftsmodelle und Start-ups. So haben Städte wie Birmingham das Thema Open Data als einen ihrer Smart City-Eckpfeiler definiert, um die generierten Daten zu vermarkten. Dadurch wird deutlich, dass eine Smart City vielmehr eine Ansammlung kommerzieller Geschäftsmodelle darstellt, als allein eine IT-getriebene Verknüpfung von Dingen. Es ist davon auszugehen, dass die Wertschöpfungspotenziale auch über 2020 hinaus weiter rapide steigen, sofern Smart Cities als wertschöpfende und differenzierende Systeme verstanden werden.
Aufgrund der enormen Wachstumschancen müssen sich TK-Unternehmen frühzeitig im neuen Wettbewerberfeld der „Stadt der Zukunft“ positionieren. Rund um den Globus engagieren sich bereits Branchengrößen wie AT&T, Telefónica oder Orange im Kontext Smart City. Die Rolle der TK-Anbieter geht dabei zunehmend weg von der des bloßen Konnektivitäts-Dienstleis-ters. So sind flächendeckende Breitbandnetze zwar eine Notwendigkeit, ihr wertschöpfender Anteil an einer Smart City aber überschaubar und insbesondere in den großen Städten der industriellen Welt ersetzbar.