Recht und Gesetz

Auf Nummer sicher!

22. Februar 2016, 9:35 Uhr | Redaktion: Markus Kien

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Business-Continuity mit Lizenzvereinbarungen sichern

Im Rahmen von Lizenzvereinbarungen empfiehlt es sich, präzise Regelungen zu den Nutzungsrechten sowie zu Haftungsvoraussetzungen und -umfang aufzunehmen. Eine Haftungsfreistellungsklausel für den Fall, dass die lizenzierte Software Rechte Dritter verletzt, entspricht gängigen Standards. Sie erfasst aber nicht immer Schäden eines etwaigen Produktionsausfalls beispielsweise aufgrund von Unterlassungsansprüchen. Hier ist es umso wichtiger, im Rahmen der Vertragsverhandlungen Einblick in die Software und ihre Komponenten zu nehmen. Bei der Vereinbarung von Lizenzaudits ist es noch wichtiger als sonst, dass diese so ausgestaltet sind, dass die Produktionsabläufe möglichst nicht oder nur geringfügig beeinflusst werden. In Bezug auf Wartungs- und Pflegeverträge sollten, wie im Übrigen bei allen in die Produktionsabläufe eingebundenen IT-Diensten, die Service-Level-Agreements (SLA) möglichst eng definiert werden. Das gilt beispielsweise sowohl für die zugesicherte Verfügbarkeit als auch die geplanten Ausfallzeiten zur Durchführung von Updates und der Wartung der Systeme. Insbesondere Softwarehersteller und IT-Dienstleister werden sich auf diese veränderten Gegebenheiten einstellen müssen. Neben individuellen Update- und Wartungskonzepten, um Produktionsausfälle zu vermeiden oder zu minimieren, bedarf es auch Absicherungen für den Fall von Rechtsverletzungen.

Ähnliches gilt für Unterbrechungen innerhalb der Lizenzkette zwischen Softwarehersteller und Unternehmen, beispielsweise wenn der Softwarehersteller oder ein zwischengeschalteter Lizenzgeber Insolvenz anmeldet. Zwar hat die höchstrichterliche Rechtsprechung im Falle der Insolvenz eines Zwischenhändlers entschieden, dass die vergebenen Unterlizenzen unabhängig davon weiter gelten, egal, ob sie dauerhaft erworben oder nur gemietet wurden. In welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen dieser so genannte Sukzessionsschutz greift, ist aber nach wie vor nicht abschließend geklärt. Auch dieses Risiko geht zu Lasten des produzierenden Unternehmens und sollte daher durch den Abschluss einer Versicherung abgedeckt werden.

Dem Insolvenzrisiko des Softwareherstellers oder Zwischenhändlers lässt sich rechtlich mit einer Hinterlegungsvereinbarung bezüglich des Quellcodes begegnen. Auf diese Weise können zumindest der Zugriff auf die Software, die weitere Benutzung und mögliche Wartung sowie Weiterentwicklungen faktisch abgesichert werden. Rechtlich gilt es dann, schnellstmöglich eine Einigung mit dem neuen beziehungsweise eigentlichen Lizenzinhaber anzustreben.

Kooperation versus kartellrechtlich relevante Absprachen

Durch die enge M2M-Vernetzung von Software- und Maschinenherstellern, Zu-lieferern und Vertrieb entstehen faktische und vertragliche Beziehungsgeflechte und Abhängigkeitsverhältnisse, die über die oben genannten rechtlichen Fallstricke der gemeinsamen Datennutzung hinausgehen. Letztendlich ist es eine schmale Gratwanderung zwischen einer engen Kooperation und kartellrechtlich relevanten Absprachen. Aus einem intelligenten Vertriebssystem wird so über Nacht ein selektives.

Durch die (exklusive) Kooperation mit einem Hersteller eines bestimmten, branchenspezifischen Maschinentyps, steht auch kleinen Softwarefirmen die Möglichkeit offen, ihre Konkurrenten vom Markt zu verdrängen oder die so gewonnene Schlüsselstellung dazu zu nutzen, den nachgelagerten Produktionsmarkt nachhaltig zu beeinflussen. Insbesondere im Bereich der M2M-Kommunikation kommt es letztendlich auf die Programmierung und Definition von Schnittstellen an. Aus dem legitimen Schutz der eigenen Urheberrechte und Patente wird so schnell die Abschottung ganzer Märkte. Eine derartige missbräuchliche Ausnutzung der eigenen marktbeherrschenden Stellung zieht neben empfindlichen Bußgeldern nicht selten auch die Pflicht zur Offenlegung der Schnittstellen zugunsten einer weitreichenden Interoperabilität und in letzter Konsequenz die Einräumung von Zwangslizenzen nach sich. Mit zunehmender Komplexität der Kooperations- und Vertragsverhältnisse im Bereich M2M und Industrie 4.0 wird es daher, insbesondere für Mittelständler, umso wichtiger, sich mit den auch für sie geltenden wettbewerbs- und kartellrechtlichen Rahmenbedingungen auseinanderzusetzen.

Softwarehersteller haften für physisches Endprodukt

Softwarehersteller werden bei Industrie 4.0 stärker in den Produktionsprozess einbezogen. Das bedeutet für sie aber auch zusätzliche Haftungsrisiken, die sich auf die Produktion sowie das produzierte Endprodukt erstrecken können. Sind Schäden im Rahmen der Produktion auf eine feh-lerhafte Programmierung der Software zurückzuführen, trifft den Softwarehersteller neben den vertraglich übernommenen Haftungsrisiken auch das ureigene Produkthaftungsrisiko.

Inwieweit er auch für Schäden an den Produktionsmaschinen oder dem Endprodukt (Mangelfolgeschäden) einzustehen hat, hängt davon ab, ob der Schaden auf einen Fehler der Software zurückzuführen ist, den der Hersteller zu vertreten hat, oder ob andere Umstände, wie etwa Be-dienfehler den Schaden (mit-)verursacht haben. Haben die Partner keine anderweitigen Vereinbarungen getroffen, haftet der Softwarehersteller der Höhe nach unbegrenzt. Das gilt auch für die sogenannten „Weiterfressermängel“, bei denen beispielsweise Programmierfehler der Firmware einen Schaden an der Platine oder gar der Maschine verursachen, in die sie integriert ist.

Doch damit enden die rechtlichen Fallstricke längst noch nicht. Wer etwa wissen will, warum Hersteller plötzlich nach dem Telekommunikationsgesetz handeln müssen oder wie sie Produktbeobachtungspflichten besser nachgehen können, findet Informationen im „Leitfaden M2M und Recht: Fallstricke und Handlungsleitlinien“, herausgegeben von Eco – Verband der Internetwirtschaft e. V.   

Autoren:  Dr. Bettina Horster, Vorstand Business Development bei Vivai Software, Direktorin Mobile bei Eco – Verband der Internetwirtschaft / Dr. Sebastian Brüggemann, Rechtsanwalt, Lehrbeauftragter / Dr. Jens Eckhardt, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Informationstechnologierecht, Juconomy Rechtsanwälte / Dr. Jan-Peter Ohrtman, Rechtsanwalt, PwC Legal

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