Seit es Software gibt, ist sie ein Mittel der Prozessoptimierung. Durch sie sollen Arbeitsabläufe schneller, mit weniger Fehlern und in besserer Qualität stattfinden – bei reduzierten Kosten. Dieser traditionelle Zweck ist zwar legitim, im digitalen Zeitalter greift er aber zu kurz. Denn wenn Unternehmen lediglich am bestehenden Status optimieren, bleibt wenig Raum für die Auseinandersetzung mit den tiefer greifenden Chancen und Risiken technologischer Veränderung.
Diese Auseinandersetzung ist in Anbetracht der immensen Reichweite der Digitalisierung jedoch notwendig. Denn die revolutionierende Kraft des Digital-Business erfasst heute alle Branchen. Digitale Konkurrenten mit neuartigen Geschäftsmodellen, smarten Produkten und integrierten Dienstleistungen hinterfragen und verändern bestehende Marktstrukturen. Wollen etablierte Unternehmen klassischer Wirtschaftszweige in Zukunft konkurrenzfähig bleiben, heißt das, den digitalen Wandel durch eigene Transformationsanstrengungen selbst zu gestalten und eine führende Rolle einzunehmen: Leader zu werden.
Andernfalls entsteht die Gefahr einer übermächtigen digitalen Konkurrenz. Dann droht das etablierte Unternehmen vom Leader zum bloßen Follower zu werden – und im Extremfall vollständig vom Markt zu verschwinden. So befindet sich etwa der Musikmarkt in einem fundamentalen Umbruch. Früher spielten die großen Labels mit ihren Tonträgern die Hauptrolle, von der LP bis zur CD. Heute sind Downloads und verstärkt Streaming die Regel. Ein Musikstreaming-Dienst wie Spotify dreht das Geschäft vollständig um: mit digitalen Gütern in einem digitalen Geschäftsmodell.
Der steinige Weg zur digitalen Transformation
„Digital Business Transformation“ bedeutet, bestehende Geschäftslogiken so fortzuentwickeln, dass sie auch unter den Bedingungen einer digital vernetzten Welt erfolgreich sein können. Was oberflächlich betrachtet einfach erscheint, erfordert im Detail erhebliche Anstrengungen. Denn es reicht in der Regel nicht, bestehende Produkte und Dienstleistungen nur im Detail verbessern zu wollen, indem man sie beispielsweise durch digitale Funktionen anreichert. Vielmehr sind radikal neue Lösungen gefragt – im Sinne echter digitaler Innovationen bei eigenen Prozessen, Produkten, Dienstleistungen und Geschäftsmodellen. Gegenüber kleinen und flexiblen digitalen Start-ups haben etablierte Unternehmen hier mitunter einen deutlichen Nachteil. Einerseits ist das aktuelle Geschäft eines etablierten Marktteilnehmers häufig nur sehr bedingt digital ausgerichtet. Die Geschäftstätigkeit war ja traditionell – oft seit Jahren und Jahrzehnten – erfolgreich. Darum wird die Notwendigkeit kaum wahrgenommen, Innovationen zu entwickeln und digitale Geschäftsfelder zu generieren, die auch in Zukunft Erträge sichern. Die ganze Unternehmenskultur ist häufig nicht offen für Neuerungen. Die Folge ist, dass aktuelle digitale Produktionsverfahren – von Frameworks bis Cloud-Plattformen – in etablierten Unternehmen gar nicht bekannt sind oder aber ausgeblendet werden. Dabei können sie entscheidend helfen, Entwicklungen zu beschleunigen und Kosten zu reduzieren.
Zudem besteht in etablierten Unternehmen oft ein organisatorisches Dilemma. Es gibt eine Konkurrenzsituation: zwischen unverzichtbar scheinenden Routinetätigkeiten im operativen Geschäft und potenziell riskanten digitalen Innovationspro-jekten. Tendenziell sind es immer die tagesaktuellen Notwendigkeiten, die den unternehmensinternen Kampf um die knappen Ressourcen bestimmen. Digital-Business-Transformation ist also zunächst eine Aufgabe für das Management. Es ist seine Sache, die Ausrichtung des Unternehmens in Richtung auf künftige digitale Entwicklungen zu erweitern und zugleich dem organisatorischen Dilemma zu begegnen. Auch das etablierte Unternehmen muss im Rahmen der ihm gegebenen Möglichkeiten Wege finden, um die digitale Transformation, die in der jeweiligen Branche bevorsteht – oder schon in vollem Gange ist – aktiv zu gestalten. Aus dieser Perspektive muss das Management neuartige technische Lösungen bewerten. Ob es sich dabei um weitgehend etablierte technische Neuerungen handelt wie beispielsweise mobile Endgeräte, soziale Netze, lokale Dienste und Cloud-Services, oder ob es um zukünftige Themenfelder geht – wie etwa Augmented-Reality, das Internet der Dinge oder die Verzahnung von Technologie und Biologie (Stichwort Biohacking).
Ein weiterer Aspekt ist die Erneuerung von Vorgehensmodellen und Managementmethoden. Gerade in diesem Bereich gibt es schon Werkzeuge, die helfen, unsere Denkmuster für die Herausforderungen der digitalen Welt zu öffnen, das Risiko digitaler Innovationen zu steuern und die Umsetzung zu vereinfachen.
Ansätze wie „Business Model Generation“, „Lean Start-up“ und „Customer Development“ gehören im E-Business- und Digital-Start-up-Umfeld zum Allgemeingut.
Entscheidungsprozesse im Zeitalter der Digitalisierung müssen direkter, Vorgehen flexibler und agiler sein. Die teamorientierte, projektbezogene Zusammenarbeit über die alten organisatorischen Abteilungsgrenzen hinweg wird immer wichtiger.