Klage gegen Standardvertragsklauseln

Internationaler Datenaustausch in Gefahr?

11. Oktober 2017, 13:38 Uhr |
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Der Europäische Gerichtshof prüft demnächst die Standardvertragsklauseln für den internationalen Datenaustausch. Ein Aus dieser hätte nicht nur Einfluss auf die Datenschutzgrundverordnung, sondern würde die gesamte deutsche Wirtschaft hart treffen.

Bei einer repräsentativen Befragung unter mehr als 500 Unternehmen im Auftrag des Digitalverbandes Bitkom zeigt sich, dass der Austausch von Daten zwischen Unternehmen weit verbreitet ist. So lassen 44 Prozent der Unternehmen mit 20 oder mehr Mitarbeitern personenbezogene Daten von externen Dienstleistern verarbeiten. Bei Unternehmen ab 500 Beschäftigten liegt die Quote sogar noch höher: Zwei Drittel (67 Prozent) nutzten entsprechende Dienste im Zusammenhang mit Cloud-Lösungen. Zudem verarbeiten 31 Prozent selbst Daten im Auftrag anderer, unter den Großen sind es sogar 59 Prozent. Innerhalb der EU stellt das kein Problem dar, doch alle Unternehmen, deren Datenaustausch über die Grenzen hinweggehen, müssen wieder bangen: Der irische Gerichtshof hat eine Klage gegen die Rechtmäßigkeit sogenannter Standardvertragsklauseln, die Grundlage für den internationalen Datenaustausch sind, an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) weitergeleiten.

Das Urteil der EU-Richter könnte sich auch negativ auf das Privacy Shield auswirken. Dieses hat die rechtlichen Grundlagen für den Datenaustausch mit den USA geschaffen, nachdem das bislang gültige Safe-Harbor-Abkommen von den Gerichten gekippt worden war. Der irische Gerichtshof äußert nun generelle Zweifel daran, dass das Grundrecht auf gerichtlichen Rechtsschutz für europäische Bürger in den USA gewahrt ist. “Deutsche Unternehmen sind international tätig und haben Töchter und Geschäftspartner in aller Welt. Ohne Daten zu übermitteln, können sie nicht mit Niederlassungen und Kunden zusammenarbeiten”, erklärt Susanne Dehmel, Geschäftsleitern Recht & Sicherheit beim Bitkom. Die Unternehmen bräuchten verlässliche und handhabbare Regeln, um ihre internationale Zusammenarbeit auf legale Datentransfers zu stützen. Wenn Europa die grenzüberschreitenden Datenströme kappen würde, hätte dies unmittelbar negative Auswirkungen auf das internationale Geschäft unserer Unternehmen. Europa dürfe keine Dateninsel werden.

Ein Aus für Standardvertragsklauseln oder das Privacy Shield würde die deutsche Wirtschaft hart treffen. Zehn Prozent der Unternehmen übermitteln der Studie zufolge selbst personenbezogene Daten in die USA, unter den großen Unternehmen ab 500 Mitarbeitern ist es sogar mehr als jedes zweite (54 Prozent). Darüber hinaus lassen 6 Prozent der Unternehmen, personenbezogene Daten in den USA verarbeiten – unter den großen Unternehmen sogar 32 Prozent. Dabei dienen 8 von 10 Unternehmen (79 Prozent) Standardvertragsklauseln als Rechtsgrundlage. “Standardvertragsklauseln sind bislang das meistgenutzte Instrument für einen rechtssicheren Datenaustausch mit den USA. Viele Unternehmen, die früher mit Safe Harbor gearbeitet haben, haben nach dem Urteil des EuGH in 2015 ihre Verträge darauf umgestellt”, so Dehmel. “Sollten die Standardvertragsklauseln als nicht ausreichend angesehen werden, wissen Unternehmen nicht, womit sie weiterarbeiten können.”

Zudem spielen die nun auf den Prüfstand gestellten Standardvertragsklauseln eine bedeutende Rolle in der mühsam erarbeiteten europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Diese regelt ab 25. Mai 2018 noch detaillierter als die bislang geltende Datenschutz-Richtlinie, unter welchen Umständen personenbezogene Daten aus der EU in Drittstaaten übermittelt werden dürfen. Dies ist dann ohne Weiteres möglich, wenn die EU-Kommission festgestellt hat, dass das Drittland ein angemessenes Datenschutzniveau bietet. Besteht kein solcher Beschluss für ein bestimmtes Drittland, so dürfen personenbezogene Daten nur dorthin übermittelt werden, wenn der Datenverarbeiter geeignete Garantien – die DSGVO nennt hier ausdrücklich Standardvertragsklauseln – vorgesehen hat. “Die durch den irischen Gerichtshof angestoßene EuGH-Entscheidung dürfte noch sehr viel bedeutender sein als das Urteil über Safe Harbor. “Falls sich die EuGH-Entscheidung nicht nur auf den Datentransfer zwischen der EU und den USA bezieht, sondern allgemein auf die Vertragsklauseln, könnte dies verheerende Folgen für die europäischen Volkswirtschaften haben”, so Dehmel.

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