Die Lumia-Smartphones sind zweifellos Stephen Elops Baby. Er wählte das Design-Team. Er persönlich overrulte Nokias Design-Experten bezüglich z.B. den Kameras. Er wählte die Zeit der Markteinführung aus, die zu installierende Version von Windows-Phone und die Länder, wo man zuerst auf den Markt ging. Er stellte auch nach eigenen Worten das bisher größte Budget für die Markteinführung bereit, das Nokia jemals gesehen hatte, dreimal größer als jedes Budget zuvor. Nokia war zu dieser Zeit mit Abstand der größte Werbekunde in der Mobiltelefon-Branche (eine Ehre, die jetzt Samsung zu Teil wird). Elop hat sogar den Namen für die Geräte ausgewählt.
Er kümmerte sich mehr im Detail um die ersten beiden Lumia-Mobiltelefone als jeder CEO in der Vergangenheit zuvor. Elop erklärte sogar stolz dem amerikanischen Fernsehsender CNBC, dass er es den normalen Design-Teams von Nokia nicht erlaubt hatte, die ersten Lumia-Handys zu entwickeln, sondern er das Team in dem in Kalifornien ansässigen Büro handverlesen hat, so dass sich die ersten Lumia-Handys besonders gut für die USA eignen würden. Im letzten Quartal vor Elops Ankündigung, d.h. im 4. Quartal 2010, verkaufte Nokia 2,6 Millionen Handys in den nordamerikanischen Markt, im letzten Quartal, für das Elop verantwortlich war, d.h. Q2 2013, verkaufte Nokia ebendort 0,5 Mio. Handys - ein Rückgang von 81 %.
Die Lumia-Serie hätte der Retter für Nokia sein können, wären Sie echte Killer-Handys gewesen wie es das Nokia N8 im 4. Quartal 2010 war (das N8 hat einen Nokia-Rekord für die besten Verkaufszahlen in einem Einführungsquartal gesetzt). Nokia wusste, wie man tolle Handys baut. Nach Elops Abkündigung der Symbian-Handys war der Druck allerdings enorm: Lumia musste gelingen.
Die Einführung von Lumia 720 und 800 geriet dagegen zum Desaster. Es gab Software-Bugs, Fertigungsprobleme und den berüchtigten c101-Fehler, der zum Absturz führte. Dazu wurden die Geräte von deutlich weniger Providern unterstützt als zuvor die Symbian-Geräte. Im Ergebnis sank Nokias ohnehin schon gesunkener Marktanteil (14 %) in Q1 2012 auf 8% verbunden mit millionenschweren Verlusten.
Der Lumia-Serie ging es in der Folge immer schlechter. Einige Nokia- und Windows-Fans prognostizierten regelmäßig, dass das nächste Lumia-Gerät entweder toll genug sei, um als Flaggschiff-Smartphone zu fungieren (trat nicht ein) oder billig genug sei, um am Low-End den Wettbewerb zu verdrängen (trat auch nicht ein). Als letztes kam die typische Ansage, die nächste Version wird es richten, Windows Phone 8 wird alle Probleme lösen.
Nokia bekam tatsächlich nochmal eine zweite Chance. Man hätte alle Fehler von Lumia 1.0 beheben können. Aber auch das Lumia 2.0. mit Windows 8 scheiterte, wie die neuesten Zahlen beweisen: Global kam Nokia in Q1 2014 auf einen Marktanteil von gerade einmal 2,5 % weltweit – schlimmer geht’s kaum noch.
In den nächsten 12 Monaten werden 12.500 ehemalige Nokia-Mitarbeiter gehen müssen, was schon schlimm genug ist. Mit ihnen wird Stephen Elop seit 2010 von ehemals 60.000 Mitarbeitern, die in diesem Jahr 453 Millionen Handys (davon 104 Mio. Smartphones) verkauft hatten, bis Ende 2014 nicht weniger als 48.000 (!) entlassen haben. Die Frage wird sein, werden es die letzten sein. Meine Befürchtung ist: Nein.