Das Jahr von Wi-Fi 6 und 5G

Respektvolle Annäherung

20. Mai 2020, 7:00 Uhr | Stefan Mutschler/jos

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

5G als Wettbewerber

Rückkehr der „Mikrowellen“-Frequenz

Während die beiden letzten Wi-Fi-Generationen ausschließlich im 5-GHz-Band beheimatet waren, reaktiviert Wi-Fi 6 auch das 2,4-GHz-Band wieder, das in den ersten Wi-Fi-Generationen zum Einsatz kam und das auch bei Haushaltsgeräten wie etwa der Mikrowelle zu finden ist. Die letzten Updates für 2,4-GHz-Technik bei WLANs liegen mehr als zehn Jahre zurück. Wer noch entsprechende WLANs nutzt, ist sicher gut beraten, sich mit Wi-Fi 6 die jüngsten technischen Entwicklungen für dieses Frequenzband zu sichern.

Aus der Sicht der Benutzer wird das Netz mit Wi-Fi 6 insgesamt viel weniger überlastet erscheinen als mit Wi-Fi 5. Ein weiterer Vorteil ist, dass sich die 2,4- und 5-GHz-Bänder kombinieren lassen, wodurch noch mehr Kanäle für Daten entstehen. Der Wi-Fi-6-Standard umfasst auch die 1.024-QAM-Kodierung (Quadratur-Amplitudenmodulation), die es ermöglicht, mehr Daten pro Paket zu übertragen. Die erhöhte Kapazität ist von wesentlicher Bedeutung, da das Volumen des mobilen Datenverkehrs laut aktuellen Prognosen allein in den nächsten vier Jahren auf das etwa Vierfache des heutigen Volumens wachsen dürfte.

Ein wichtiger Punkt bei Wi-Fi 6 ist auch die verbesserte Sicherheit. Das mit dem Standard zertifizierte WPA3-Verfahren löst den in die Jahre gekommenen WPA2-Standard ab. Sensible Informationen sind  nun mit einer 196-Bit-Verschlüsselung sicherungsfähig. Neue Funktionen erweitern auch die Sicherheit der Infrastruktur und ermöglichen eine bessere Erkennung von Interferenzen und Störungen. Für die verbesserte Energieeffizienz ist die Funktion Target Wake Time (TWT) verantwortlich. Durch diesen Weckruf bei Bedarf sparen Client-Geräte, die den Wi-Fi-6-Standard unterstützen, zwei Drittel des Stromverbrauchs. Batterien in Produkten wie Smartphones, Laptops, Tablets und IoT-Geräten halten also deutlich länger als mit Wi-Fi 5.

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Helmut Reisinger
Laut Helmut Reisinger, CEO bei OBS, wird die 5G-Implementierungsform private mobile Areale erlauben, die weit über das Maß bisheriger Wi-Fi-Installationen hinausgehen.
© OBS

5G als Wettbewerber zu Wi-Fi 6?

Der Hype um die 5G-Technik nimmt weiter zu, und viele Netzbetreiber fördern sie als eine Möglichkeit, die Märkte für Unternehmensnetzwerke und IoT mit einem End-to-End-Service zu bedienen, der sowohl den Innen- als auch den Außenbereich abdeckt. Damit sind natürlich Überschneidungen mit WLAN vorprogrammiert. Aber selbst 5G-Provider wie zum Beispiel OBS (die B2B-Sparte der Orange Gruppe) betonen, dass 5G keine Verdrängungstechnik sei, sondern auf Koexistenz mit anderen Techniken wie insbesondere Wi-Fi 6 abgelegt sei. 5G auf dem Campus erlaube die massenhafte Verbindung von Objekten - schnell, zuverlässig und sicher.

„Darüber hinaus wird diese Implementierungsform private mobile Areale erlauben, weit über das Maß bisheriger Wi-Fi-Installationen hinaus“, so Helmut Reisinger, CEO bei OBS. Wi-Fi erreiche derzeit bereits klar seine Grenzen hinsichtlich Abdeckung und vor allem Flexibilität. Nach dem softwaredefinierten WAN (SD-WAN) komme nun verstärkt das mehr softwaregesteuerte LAN mit 5G als wichtigste Säule in dieses Szenario.

Auch künftig soll Wi-Fi primäre Technik bleiben, wenn es um begrenzte Areale und Clients mit limitiertem Bewegungsdrang geht. Höhere Mobilität (auch in schnellen Geschwindigkeiten wie etwa mit einem PKW) bleibt die Domäne von Mobilfunk, ebenso die effizientere Abdeckung von großflächigen Arealen. Wi-Fi (6) bleibt allein schon aus wirtschaftlichen Gründen – wo immer es passt – im Spiel. Sowohl Aufbau als auch Betrieb von Wi-Fi-Netzen sind deutlich günstiger und einfacher als bei 5G-Infrastrukturen, von lizenzrechtlichen Genehmigungen und Gebühren an den Provider/Lizenzgeber ganz abgesehen. Gute Ergänzungsmöglichkeiten der beiden Techniken sehen Experten bei der Lastverteilung – ähnlich wie das schon seit Jahren mit LTE und „WLAN-Offloading“ praktiziert wird. Mit 5G und Wi-Fi 6 soll dies sogar noch erheblich einfacher werden.

Auch wenn es punktuell weitere technische Annäherungen zwischen WLAN und Mobilfunk gibt, die eine Kooperation zum Wohle der Nutzer nahelegen, deutet nichts auf eine Verdrängung des einen oder anderen Ansatzes hin. Im Gegenteil: In ihren neuen Versionen schärfen sie sogar ihre jeweiligen Anwendungsprofile und machen sich auch auf lange Sicht unentbehrlich.
 

Wi-Fi 7 bereits in Entwicklung

Am Nachfolger von 802.11ax arbeitet die IEEE-Organisation bereits. Verantwortlich ist hier die Arbeitsgruppe 802.11be Extremely High Throughput (EHT). Wie der Namenszusatz andeutet, soll vor allem der Durchsatz mit 802.11be nochmals deutlich steigen. Technische Basis soll allerdings 802.11ax sein, für das verschiedene Optimierungen in der Diskussion sind. Dazu zählen unter anderem:

 

  • eine Kanalbandbreite von 320 MHz und effizientere Nutzung des nicht zusammenhängenden Spektrums,
  • Mehrband-/Mehrkanal-Aggregation und -Betrieb,
  • 16 räumliche Streams und Verbesserungen der MIMO-Protokolle (Multiple Input/Multiple Output) und
  • verbesserte Protokolle für die Link-Anpassung und Session-Weiterleitung.


Es gilt als wahrscheinlich, dass die Wi-Fi Alliance den neuen, frühestens für 2024 geplanten Standard als Wi-Fi 7 zertifizieren wird.

 


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