Die Cloud hat viele Vorteile aber sie ist definitiv kein Allheilmittel und ihr Einsatz lohnt sich nicht in allen Fällen. Wann die Cloud sinnvoll ist – und wann nicht – erklärt Stephan Flöther von Adacor.
In modernen Unternehmen geht nichts mehr ohne eine leistungsfähige IT. Mit der Cloud-Technologie haben CIOs und IT-Manager aber eine ganze Reihe von Optionen an die Hand bekommen, wie sie ihre Infrastruktur aufbauen können: Komplett outsourcen, alles im eigenen Rechenzentrum ansiedeln oder beides in einer hybriden Form? Die Entscheidungsfindung ist hier alles andere als trivial, weil sie weit reichende Konsequenzen bei nahezu allen IT- und Geschäftsprozessen nach sich zieht.
Aus kaufmännischer Sicht stehen sicherlich die Kosten im Vordergrund. Bei selbst betriebenen Lösungen schlagen vor allem die Investitionen in Hard- und Software zu Buche, wobei aber der laufende Betrieb nicht umsonst ist, weil die Systeme administriert und gepflegt werden müssen. Im Vordergrund stehen hier aber die Investitionskosten oder auf Englisch „Capital Expenditures”, während bei der Cloud ausschließlich die laufenden Betriebskosten („Operational Expenditures”) anfallen. Fixe versus variable Kosten oder CapEx versus OpEx ist aber ein Stück weit auch Geschmackssache oder buchhalterischer Gestaltungsspielraum. Eine Aussage, welche Kostenart „besser” ist, kann pauschal nicht getroffen werden.
Flexibel und in alle Richtungen skalierbar
Wichtig ist daher, dass neben den Kosten auch Faktoren wie die Qualität und Leistung in die Entscheidungsfindung einbezogen werden. Beispielsweise kann mit der Cloud die Performance eines Onlineshop-Systems jederzeit automatisch an die Kundennachfrage angepasst werden. Bei Sonderaktionen können automatisch virtuelle Maschinen oder Container dazu geschaltet – und nachher wieder abgeschaltet werden. Kosten entstehen je nach gewähltem Modell nur für die genutzten IT-Ressourcen („Pay-per-Use”). Hingegen ist bei einer reinen „On-Premise”-Lösung die zur Verfügung stehende Hardware immer begrenzt – um die genannten Sonderaktionen zu bewältigen, muss sie sehr performant ausgelegt werden, was dazu führt, dass sie in der restlichen Zeit oft nur zu einem Bruchteil wirklich genutzt wird.
Dabei kann quasi grenzenlos skaliert werden, und zwar sowohl horizontal als auch vertikal: Horizontale Skalierbarkeit bedeutet, dass mehr logische Einheiten verfügbar gemacht werden. Das geschieht zum Beispiel durch das Hinzufügen von weiteren VMs oder Containern. Hier gibt es praktisch keine Grenzen für die Erweiterung der Hardware. Die Effizienz für das Unternehmen hängt aber vor allem von der implementierten Software ab, nicht jede Software lässt sich gleich gut parallelisieren. Von vertikaler Skalierbarkeit wird gesprochen, wenn Anwendungen, die mehr Kapazitäten benötigen, zu einer größeren virtuellen Maschine transferiert werden oder wenn eine virtuelle Maschine für die entsprechende Anwendung vergrößert wird. Von der vertikalen Skalierbarkeit kann grundsätzlich jede Anwendung profitieren, allerdings erfordert diese Vorgehensweise in der Regel einen Neustart der Applikation oder der VM.
Maximal von der Cloud-Infrastruktur profitieren kann eine Anwendung nur dann, wenn sie vollständig horizontal skalierbar ist. Es reicht nicht aus, lediglich eine bestehende Anwendung auf einer VM zu installieren. Nur wenn Anwendungsdesign und Systemarchitektur für den Cloud-Betrieb ausgelegt sind, können Unternehmen auch von dem „Pay per Use“-Modell profitieren.
Nachrechnen, ob es sich rechnet
Die Kosten einer Inhouse-Lösung lassen sich relativ einfach mit den laufenden Kosten des Cloud-Modells vergleichen. Hierfür bieten sich gängige Zeiträume von Abschreibungen und Lebenszeiten von IT-Systemen als Hilfsmittel an, um die Gesamtkosten über den vollständigen Lebenszyklus für beide Modelle zu bestimmen. Anders als bei einem PC oder einem Verbraucherprodukt erfolgt der Kostenvergleich nicht über ein angehängtes Preisschild, sondern über das Modell der Total Cost of Ownership (TCO), das alle Kosten aggregiert. Die Kosten für IT-Ressourcen untergliedern sich dabei grob in „direkte Kosten“ (zum Beispiel Anschaffungskosten, Betriebskosten und Kosten für die Verwaltung) und „indirekte Kosten“ (zum Beispiel Entwicklungskosten, Trainingskosten und Kosten für entgangene Geschäftstätigkeiten).
Viele Cloud-Anbieter stellen für solche Analysen Kalkulatoren zur Verfügung. Über eine Eingabemaske wird unter anderem abgefragt, welche Services benötigt werden, welche Laufzeit und welcher Rechenzentrumsstandort gewünscht wird. Die Ergebnisse der Beispielrechner sind vielleicht nicht immer hundertprozentig akkurat, sie bieten aber eine gute Basis, die eine Anpassung der eigenen Werte und Berechnungsgrundlagen ermöglicht und den Vergleich einer Cloud-Lösung mit den bisherigen Inhouse-Kosten erleichtert.
Ohne Strategie verpuffen die Vorteile
Bei der Entscheidung pro oder contra Cloud sollten aber auch „weiche” Faktoren Berücksichtigung finden. Eventuell gibt es Widerstände der eigenen Belegschaft gegenüber neuen Technologien. Oder besondere Datenschutzanforderungen verbieten eine Cloud-Speicherung von Daten. Oder ein erhöhter Migrationsaufwand lohnt sich besonders, weil die Qualität durch vorgefertigte Design Patterns aus der Cloud erheblich gesteigert werden kann. Je mehr dieser Faktoren berücksichtigt werden, desto besser lässt sich im Einklang mit der Unternehmensstrategie eine Entscheidung herbeiführen.
Ganz so einfach wie es die Cloud-Anbieter oft durchklingen lassen, sollten sich Verantwortliche die Entscheidung aber sicher nicht machen. Anwendungen und IT-Strukturen lassen sich oft nicht 1-zu-1 in die Cloud übertragen. Und wenn der Cloud-Einsatz nicht strategisch geplant wird, entpuppen sich die genannten Vorteile auch schnell als Rohrkrepierer. Aber es kann kaum ein Zweifel bestehen, dass dem Cloud-Computing die Zukunft gehört – nicht nur, aber auch aus Kostengründen. Am besten fahren Unternehmen dabei erfahrungsgemäß aktuell mit hybriden Formen.
Stephan Flöther ist Senior Consultant Cloud bei der Adacor Hosting