Wer den aktuellen Aufenthaltsort seiner Kunden kennt, kann sie passgenau ansprechen und informieren. GPS ist jedoch zu ungenau, in Gebäuden sind andere Technologien gefragt, die in Kombination mit Smartphones und Digital Signage facettenreiche Werkzeuge für eine ortsbezogene Kundenansprache liefern.
Ein wichtiger Faktor der Kundenansprache wird aktuell noch sehr zögerlich genutzt: der Standort. Dabei ist das Wissen um den genauen Aufenthaltsort für Betreiber von Bahnhöfen, Einkaufszentren oder Messen enorm wertvoll. Wer weiß, wo sich der Kunde befindet, kann ihm einerseits gezielt Mehrwerte wie Navigationsdienste oder Umgebungsinformationen anbieten. Andererseits wird auf dieser Basis standortbezogenes Marketing möglich, angepasst an Interessen und Angebote in nächster Nähe.
Die Erhebung dieser Daten muss aber nicht zwangsläufig die aktive Ansprache des Kunden zum Ziel haben. Betreiber können Besucherströme analysieren, Bewegungsprofile erstellen und auf Grundlage dieser Informationen die eigenen Strukturen und Kapazitäten optimieren. „Indoor-Positionsbestimmung ist zum einen in Endanwender-Lösungen gefragt. Das kann zum Beispiel eine Indoor-Navigations-App für Museen, Krankenhäuser, Flughäfen, Bahnhöfe, Messen, große Büros oder Shopping-Center sein“, erklärt Tobias Donaubauer, CEO von Infsoft, einem in Großmehring ansässigen Anbieter entsprechender Lokalisierungs-Systeme. „Zum anderen nutzen Firmen die Indoor-Positionsbestimmung, um Güter im Gebäude zu finden, Fahrwege zu optimieren, Mitarbeiter im Notfall zu finden und zu evakuieren sowie Auslastungen und Laufwege zu analysieren.“
GPS zu ungenau
Die wohl bekannteste technische Grundlage für standortbezogene Dienste ist GPS. Für die Routenplanung eignet sich das satellitengestützte System hervorragend – in Innenräumen stößt es hingegen schnell an seine Grenzen, ist nicht immer zuverlässig oder schlicht nicht verfügbar. Hinzu kommt die fehlende Genauigkeit. Laut Donaubauer liegt sie bei GPS bei rund fünf bis 20 Metern. „Indoor-Positionssysteme können je nach Technologie bis zu zehn Zentimeter Genauigkeit erreichen“, so der CEO.
Donaubauer unterscheidet zwischen zwei Systemvarianten. Zum einen serverbasierte Lösungen, die über Spezialhardware Ortungssignale von Smartphones oder anderen Geräten empfangen und diese an die Cloud oder On-Premise-Server weiterleiten. Ein App ist nicht nötig, gleichzeitig gibt es aber auch keine Möglichkeit zur Interaktion mit Kunden oder Angestellten. Ziel sind beispielweise Laufweganalysen, Asset- und Personaltracking oder die Erstellung von Bewegungsprofilen.
Bei clientbasierten Systemen ist hingegen aktiv das Smartphone eingebunden und eine App wertet Signale von Beacons oder WLAN-Access-Points aus. Auf diesem Weg entsteht laut Donaubauer ein Rückkanal, der unter anderem Push-Nachrichten auf den Mobilgeräten zulässt. Hier bietet sich nicht nur die Möglichkeit für Dienste wie Indoor-Navigation, sondern auch für Location Based Services wie Couponing oder Werbeanzeigen in der Nähe der entsprechenden Geschäfte. „Orts- und interessenbezogene Werbung und Informationen sind für den Empfänger wesentlich nützlicher als breitgestreute Anzeigen, die nicht auf die Bedürfnisse des Einzelnen eingehen“, erklärt der Infsoft-CEO. „Zwei Beispiele: Am Frankfurter Flughafen kann ein Passagier seine Flugnummer in die App eintragen. Wenn es eine Änderung des Gates oder der Abflugzeit gibt oder die Wartezeit am Security-Check ungewöhnlich lang ist, wird er eine Nachricht auf sein Smartphone bekommen.“ Ein schweizer Bahnhof arbeite hingegen mit ortsbezogenen Push-Nachrichten, erklärt Donaubauer. „So erhalten zum Beispiel Personen, die sich um die Mittagszeit in der Nähe eines bestimmten Restaurants aufhalten, einen entsprechenden Gutschein auf dem Handy.“
Ihr ganzes Potenzial entfalten die clientbasierten Systeme besonders in Kombination mit Digital Signage-Installationen. Während die personalisierten Angebote auf das Smartphone gesendet werden, zeigen Displays im Ladengeschäft Werbefilme oder weiterführende Informationen zu den entsprechenden Produkten. „Eine intelligente Verknüpfung der ortsbasierten Daten miteinander und eine Anbindung an bestehende Systeme der Kunden ist für uns ganz zentral“, sagt Donaubauer. „Am Frankfurter Flughafen beispielsweise können die Passagiere alle Informationen auch auf großen Touch-Displays abrufen.“ Eine gewinnbringende 360-Grad-Ansprache, die mit Handys einen der wichtigsten Kanäle einbindet. Immerhin nutzen laut einer Befragung von SessionM 90 Prozent der Befragten ihr Smartphone beim Einkauf im stationären Handel – sei es um weitere Informationen einzuholen oder Preise zu vergleichen. Wer hier mit gezielter Werbung und personalisierten Angeboten auf den mobilen Geräten und Displays arbeitet, erhöht die Chance, Kunden an sich zu binden und sich gegen die meist niedrigeren Preise der Online-Mitbewerber zu behaupten.