Vertrieb im Wandel

„Security verkauft sich nicht mehr von allein“

30. April 2025, 13:30 Uhr | Diana Künstler
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KI, NIS2-Richtlinie, geopolitisch motivierte Cyberangriffe: Der IT-Channel steht unter Druck. Wie der Distributor Sysob Reseller durch den Security-Dschungel führt, neue Hersteller aufbaut und dabei auf menschliche Nähe statt KI-Bots setzt. Ein Blick hinter die Strategie der „Boutique mit Tiefgang“.

Die Digitalisierung schreitet voran – und mit ihr wachsen die Herausforderungen für IT-Dienstleister und Fachhandelspartner: Cyberangriffe werden komplexer, Regulierungen wie NIS2 und der AI Act fordern neue Kompetenzen, und Künstliche Intelligenz entwickelt sich zur disruptiven Kraft. In diesem Spannungsfeld positioniert sich Sysob (Eigenschreibweise „sysob“) als Boutique-Distributor mit technologischem Gespür, Nähe zum Channel und einem tiefen Verständnis für europäische IT-Bedürfnisse. „Unser Fokus liegt klar auf Security – das macht rund 80 Prozent unseres Umsatzes aus“, erklärt Markus Senbert, Channel Sales Director bei Sysob. „Wir sehen uns nicht als klassischen Broadliner, sondern als spezialisierte Plattform für beratungsintensive Lösungen.“

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Markus Senbert, Sysob
Markus Senbert, Channel Sales Director bei Sysob: „Security war in der Vergangenheit oftmals ein Selbstläufer. Jetzt muss man wieder lösungsorientiert verkaufen können.“
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Der logistische Anteil liegt bei unter zehn Prozent, das Geschäft ist stark projektgetrieben. Man konzentriert sich auf Projektgeschäft, technische Expertise und individuelle Beratung. Dabei agiert der Distributor als verlängerte Werkbank für seine Hersteller – vom Business Development über das Partnermanagement bis hin zur technischen Schulung und Vertriebsunterstützung. Damit möchte sich der VAD bewusst vom Mainstream abgrenzen. Die Bandbreite der Partner reicht von kleinen, hochspezialisierten Beratungsunternehmen bis hin zu großen Systemhäusern. „Wir können mit allen – wenn es sinnvoll ist“, so Senbert im Gespräch mit connect professional. Voraussetzung sei allerdings immer: technologische Qualität, strategische Kohärenz und eine enge vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Früher erkannt, besser aufgestellt

Sysob versteht sich als Frühindikator für technologische Trends – und hat mehrfach bewiesen, dass man frühzeitig die richtigen Themen besetzt: E-Mail-Security (seit 2004), Passwortmanagement und Multifaktor-Authentifizierung gehörten zu den ersten Feldern, in denen der Distributor Lösungen in den Channel brachte. Heute gehören Anbieter wie Yubico, HID, Netwrix oder Appterix zum festen Bestandteil des Portfolios. „Wir bauen ganzheitliche Lösungsszenarien – etwa für den Schutz digitaler Identitäten – und stellen sie unseren Partnern nicht nur technisch, sondern auch konzeptionell zur Verfügung“, betont Senbert. Das bedeutet: fertige Use Cases, kombinierbare Produktmodule, Schulungen, technische Unterstützung – und nicht zuletzt eine klare vertriebliche Argumentation. Ein Beleg dafür: „Wir fakturieren jährlich rund 1.600 Kunden“, so Senbert. „Und rund 150 davon beziehen mehrere Lösungen. Das zeigt, wie wichtig Cross-Selling in unserem Modell ist.“

KI: Chance, Risiko und Aufklärungsauftrag

Michael Schwidder, Sysob
Michael Schwidder, Vendor Alliance Director bei Sysob: „Wir befinden uns in einem Wettlauf: Wer nutzt KI besser – Angreifer oder Verteidiger?“
© Sysob

Ein zentrales Thema der kommenden Jahre ist – wenig überraschend – die Künstliche Intelligenz. „Ich glaube, vielen ist noch gar nicht bewusst, welche Umwälzungen da auf uns zukommen“, sagt Senbert. „KI ist vergleichbar mit der Erfindung des Stroms oder der Industrialisierung. Sie wird jeden Prozess, jede Branche verändern – auch die IT-Security.“ Tatsächlich sind KI-Funktionen heute bereits in vielen Security-Produkten enthalten: zur Mustererkennung, zur Echtzeitanalyse von E-Mails oder zur proaktiven Gefahrenabwehr. Doch die Kehrseite ist ebenso relevant: KI kann auch genutzt werden, um Schadsoftware zu erzeugen, Passwörter zu knacken oder Deepfakes zu produzieren. „Es wird ein Wettlauf zwischen Angreifern und Verteidigern“, sagt Michael Schwidder, Vendor Alliance Director bei Sysob. „Entscheidend ist, wer die KI besser nutzt – der, der attackiert, oder der, der schützt.“ Gerade hier sieht Sysob seine Aufgabe: Reseller zu sensibilisieren, Lösungen einzuordnen, Know-how zu vermitteln – auch im Kontext aktueller Regulierungen wie dem AI Act. Senbert warnt jedoch vor Überregulierung: „Wenn Europa KI zu stark einschränkt, verlieren wir gegenüber USA und China den Anschluss. Wir brauchen Regeln – aber auch Offenheit und Mut.“

Dabei sieht Sysob auch die Reseller in der Pflicht – als Aufklärer und Übersetzer gegenüber dem Mittelstand. „In vielen Unternehmen ist MFA noch kein Begriff“, berichtet Senbert. „IT muss laufen – das ist oft alles. Aber gerade hier beginnt unsere Arbeit: Wir liefern die Argumente, die Technik und die Schulung, damit der Reseller seine Kunden mitnehmen kann.“

Senbert: „Wir sind authentisch, ein bisschen zum Anfassen – und genau das braucht der Channel in KI-Zeiten.“

Trotz aller technologischen Entwicklung betont Sysob die Bedeutung des Menschlichen. „Wir sind authentisch – ein bisschen zum Anfassen“, sagt Senbert. Beratung und Vertrauen spielen im Channel weiterhin eine zentrale Rolle. „Ich glaube nicht, dass in fünf Jahren ein KI-Operator unsere Partner ersetzt. Persönlicher Kontakt bleibt entscheidend.“ Diesen Gedanken lebt Sysob – etwa im Rahmen des hauseigenen Gipfeltreffens, das 2025 vom 25. bis 27. Juni im bayerischen Lam stattfindet. Während einer gemeinsamen Wanderung präsentieren Hersteller ihre Lösungen in persönlichen, analogen Pitches. Abends wird diskutiert, vernetzt und entspannt – ganz ohne Beamer, aber mit Weitblick. „Das Gipfeltreffen zeigt am besten, wie wir ticken“, sagt Senbert. „Nicht Masse zählt, sondern Qualität, Nähe und Austausch.“

Partnerschaft mit Weitblick

Ein oft unterschätzter Aspekt: Sysob fördert nicht nur den Dialog zwischen Hersteller und Reseller, sondern auch den Austausch unter Resellern selbst. Partner mit unterschiedlichen Spezialisierungen – etwa auf Firewalling, Infrastruktur oder Passwortmanagement – vernetzen sich, unterstützen sich gegenseitig bei Projekten und bilden funktionierende Netzwerke. Das wird aktiv angeregt, etwa durch Veranstaltungen oder Solution-Kombinationen.

Schwidder: „Wir haben keine Hire-and-Fire-Mentalität. Unsere Herstellerpartnerschaften sind echte strategische Allianzen.“

Auch bei der Auswahl neuer Hersteller verfolgt Sysob eine klare Linie. „Wir haben keine Hire-and-Fire-Mentalität“, betont Schwidder. Neue Anbieter werden sorgfältig geprüft – technisch, strategisch und organisatorisch. Oft hilft Sysob beim Aufbau von Partnerprogrammen, vor allem wenn internationale Hersteller den DACH-Markt erschließen wollen. „Viele Kunden wollen heute keine Lösungen mehr, bei denen theoretisch ein Zugriff durch US-Behörden über den Patriot Act möglich wäre“, so Senbert. Entsprechend setzt Sysob verstärkt auf Hersteller aus Europa, lokaler Präsenz und sinnvollen Schnittstellen zum bestehenden Portfolio – wie NoSpamProxy aus Paderborn, Clavister aus Schweden oder Stormshield aus Frankreich. Letztere entwickeln Firewalls mit höchsten Zertifizierungen. „Digitale Souveränität, lokaler Support, BSI-Zertifizierung – das sind heute echte Kaufargumente“, sagt Schwidder. „Und wir helfen den Resellern, diese Themen gegenüber ihren Kunden zu positionieren.“

Vertriebsrealität im Wandel

Der Markt hat sich verändert. „Früher lief Security oftmals von allein“, sagt Senbert. „Heute muss Vertrieb wieder Vertrieb sein.“ Viele Endkunden seien zurückhaltender geworden, Budgets wackeln, Investitionen werden verschoben. Umso wichtiger sei es, den Nutzen einer Lösung überzeugend darzustellen – auch jenseits akuter Bedrohungslagen. „Wenn ein Angriff passiert ist, spielt das Budget keine Rolle mehr. Aber vorher muss jemand das Thema treiben – und das ist Aufgabe des Resellers.“

Viele Reseller spezialisieren sich vor diesem Hintergrund – etwa auf Passwortmanagement oder IT-Compliance. Andere reduzieren ihr Portfolio, um der wachsenden Komplexität zu begegnen. Sysob sieht sich dabei als Orientierungsgeber. „Die Informationsflut ist gewaltig. Unsere Aufgabe ist es, zu filtern, zu kuratieren, zu verbinden – und technisch zu unterstützen“, resümiert Schwidder.


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