Stefan Sagowski und sein vor 20 Jahren noch kleines Team hatten um die Jahrtausendwende nämlich ein kleines Wunder vollbracht. Sie hatten Bechtle binnen weniger Wochen an den damals euphorischen Neuen Markt der Frankfurter Wertpapierbörse gebracht. Bilanzen der letzten Jahre testieren lassen und Emissionsprospekt erstellen: Das war »drei Monate Druckbetankung Bechtle«, sagt Sagowski. Er arbeitete von sechs Uhr morgen bis ein Uhr nachts und vor der Zulassung zum Börsengang ganze 48 Stunden im Dauereinsatz, bevor dann auch für Bechtle dann am 30.März 2000 erstmals die Börsenglocke ertönte.
Ein halbes Jahr zuvor hatte bereits Wettbewerber Cancom das Parkett in Frankfurt betreten. Die Zeit lief Bechtle davon. Wäre dieser Termin nur eine oder zwei Wochen später festgelegt worden, Bechtle hätte womöglich sein Börsendepüt absagen müssen.
Denn im März 2000 platzte die Dotcom-Blase, ziemlich genau am 20.März, als das renommierte US-Wirtschaftsmagazin Barron's seine Titelgeschichte »Burning Fast« herausgebracht hatte. In einer Todesliste waren rund 200 Internetunternehmen aufgeführt und der Zeitpunkt genannt worden, wann ihnen aufgrund der Verluste das Geld ausgehen würde und sie Insolvenz anmelden müssten. Erst die geballte Geldvernichtung einer gesamten Branche führte schließlich jedem vor Augen, dass selbst neue Technologie wie das Internet nach der trivialen Logik zu funktionieren habe, wonach man mehr Geld einnehmen als ausgeben sollte. Hatten Finanzmedien die Aktienkurse der Dotcoms zuvor noch durch euphorische Berichte in die Höhe getrieben, schickten sie jetzt mit eigenen Todeslisten die Notierungen auf immer tiefere Talfahrten. Geplante Börsengänge wurden ab April 2000 verschoben oder platzten endgültig.
Bechtle, damals schon nicht vergleichbar mit substanzlosen, aber phantasievollen Internet-Startups, hatte als handeltreibendes Systemhaus die Kurve gerade noch rechtzeitig genommen, das IPO-Team hätte sich an diesem 30.März 2000 eigentlich kräftig auf die Schultern klopfen müssen. Aber einen überaus erfolgreichen Moment feiern, ging und geht bei Bechtle bis heute so, wie ihn Stefan Sagowski und sein Chef Gerhard Schick an jenem Donnerstag begangen hatten: Nach dem Börsendebüt fuhren sie nachmittags wieder »ins Gscheft«, der eine kniete sich ins liegengebliebene Tagesgeschäft, der andere vertiefte sich in die Auftragseingänge des Vortags. Ein ganz normaler Tag eben, wie ihn die Ratio pflichterfüllten Zahlenmenschen auferlegt.