Welche Probleme beim Handel mit gebrauchter Software noch aufgeworfen werden können, zeigt beispielhaft ein praktischer Testlauf der CRN-Redaktion. Wir haben dazu ein neues Notebook mit Windows 7 Professional bei Dell bestellt, von dem wir anschließend die COA entfernt haben. Gleichzeitig haben wir uns bei einem bekannten Gebrauchtsoftwarehändler ein Paket mit der gleichen Recovery-Version bestellt, wie sie dem Notebook beilag. Anschließend haben wir den originalen Dell-Datenträger samt zugehöriger COA zusammen mit der Rechnung des Händlers an den Produktidentifikationsservice »PID« geschickt.
Was dabei herauskam ist erstaunlich: Obwohl es sich laut PID zwar sowohl um einen originalen Datenträger und eine originale COA handelt, wurden die beiden Stücke in dieser Kombination als markenrechtliche Fälschung identifiziert. Der PID behielt das Softwarepaket deshalb ein, sandte allerdings als Ersatz eine Windows 7 Professional Version von Microsoft. Offenbar hängt es also unter Umständen mehr von der Herkunft als von Bestandteilen des Softwarepakets wie COA und Datenträger selbst ab, was eine Fälschung ist.
Obwohl das nach dem laienhaften Rechtsverständnis äußerst merkwürdig klingen mag, kann es juristisch allerdings durchaus Sinn machen: Denn trotz der neuen Urteile sind damit nicht alle alten Entscheidungen gleich völlig aufgehoben. Und hier gibt es beispielsweise ein Urteil des BGH aus dem Jahr 2011, welches in der willkürlichen Zusammenführung von COAs und Datenträgern durch Dritte eine markenrechtliche Verletzung sieht. Eine ähnliche Entscheidung hat auch das Oberlandesgericht Frankfurt nach dem BGH-Urteil gefällt. Auf diese Grundlagen beruft sich auch der PID in seiner Begründung hauptsächlich.
Allerdings bleibt hierbei die Frage, was eine solche willkürliche Zusammenführung ist. Denn nachdem in unserem Beispiel die COA und der Datenträger bereits in dieser Zusammenstellung von Dell verschickt wurden, hätte nach unserem laienhaften Rechtsverständnis unter Umständen bereits Dell die Markenrechte verletzt. In diesem Sinne ist juristisch noch die Frage zu klären, inwieweit Microsoft überhaupt das Markenrecht an Softwarepaketen für sich in Anspruch nehmen kann, die von OEM-Herstellern in den Umlauf gebracht werden.