CRN: Aktuell rollt eine regelrechte Blockchain-Lawine durch die Gebrauchtsoftwarebranche. Warum haben Sie sich hier bisher zurückgehalten und inwieweit kann eine Blockchain ohne Beteiligung der Hersteller als initialen Verkäufern überhaupt die suggerierte Sicherheit bieten?
Drexel: Wir haben uns vermutlich sogar als einer der ersten mit der Thematik beschäftigt und dies auch in einem Interview mit CRN im März bekannt gemacht. Unsere Prüfung kam, anders als offenbar die etlicher Nachahmer, zu dem eindeutigen Ergebnis, dass der Einsatz der Blockchain für Lizenztransaktionen im Sinne der Auditsicherheit ohne den Einbezug der Hersteller weitgehend wertlos und eher marketingtauglicher Aktionismus ist.
Ein Beispiel: Ein Endkunde kauft 10.000 Office 2019-Standardlizenzen von einem Händler der Lizenzen eines Ersterwerbers mit Sitz in Kanada aufgekauft hat (erstmalige Inverkehrbringung außerhalb der EU). Diese Lizenzen dürfen laut EuGH-Urteil nicht weiterveräußert werden, da sich die Nutzungsrechte nicht erschöpft haben. Die Blockchain sichert in diesem Fall zwar ab, dass tatsächlich nur 10.000 Stück weiterverkauft werden, nur ist keine einzige davon rechtskonform übertragbar. Im Ergebnis wurde nur „heiße Luft“ verkauft. Oder wie Sie in einem Ihrer früheren Beiträge sehr treffend getitelt haben, es besteht Gefahr, dass der Kunde die Katze im Blockchain-Sack kauft.
CRN: Was entgegnen Sie dem gerne bemühten Argument, eine Offenlegung der Rechtekette würde für Händler und Kunden einen gigantischen Aktenberg bedeuten?
Drexel: Ich bitte Sie, wer aus Akten heute noch Berge baut, hat in der Softwarebranche nichts verloren. Die Daten werden natürlich in elektronischer Form gespeichert und aufbewahrt. Anbieter und Kunden die Unterlagen noch ausdrucken und abheften, sind von einer Blockchain-Lösung sicher meilenweit entfernt. Auch im Falle eines Audits sind Blockchain-Lösungen vollkommen irrelevant, denn dem Hersteller kommt es einzig und allein darauf an, dass der Kunde die Herkunft der Nutzungsrechte nachweisen kann. Über welchen Weg er das tut, entscheidet er selbst.