Interview: Jörg Hesselink, DC Smarter

Digitaler Zwilling für das RZ

9. Januar 2024, 7:00 Uhr | Jörg Schröper
"Rechenzentren haben einen Anteil etwa 1,5 Prozent am weltweiten Stromverbrauch. Um die weltweiten Klimaziele zu erfüllen, gilt es, den Energiebedarf zu reduzieren und diesen zudem aus erneuerbaren Energien zu decken."
© DC Smarter

Jörg Hesselink ist CEO von DC Smarter, einem jungen Unternehmen, das eine auf KI basierende Software für das Infrastruktur-Management im Rechenzentrum anbietet. Im Gespräch mit connect-professional plädiert er für intelligente Lösungen.

Hesselink selbst ist  kein Newcomer, sondern verfügt als erfahrener IT-Leiter über umfangreiche Expertise im Management und Betrieb von IT-Infrastrukturen. Mehr als drei Jahrzehnte war er in unterschiedlichen Management-Positionen in der Branche tätig.

connect-professional: Herr Hesselink, das Infrastruktur-Management war lange – und ist häufig immer noch – ein ungeliebtes Thema. Wie beurteilen Sie diese Situation derzeit auf dem deutschen Markt?
Hesselink: Tatsächlich wurde das Infrastruktur-Management lange vernachlässigt. Aktuell sehen wir, dass ein Umdenken stattfindet. Das Thema avanciert vom Nice-to-have zum Must-do. Immer mehr Unternehmen erkennen, dass es nicht nur wichtig ist, die logische Netzwerkstruktur zu kennen. Es geht schlicht darum, dass man nichts verbessern oder beschützen kann, wenn man nicht weiß, dass man es hat und – sehr wichtig – wo genau es sich befindet. Dazu gehören vor allem zwei Faktoren: Energieeffizienz und Sicherheit.

connect-professional: Welche Punkte betreffen das Energiethema konkret?
Hesselink: Rechenzentren haben einen Anteil etwa 1,5 Prozent am weltweiten Stromverbrauch. Um die weltweiten Klimaziele zu erfüllen, gilt es, den Energiebedarf zu reduzieren und diesen zudem aus erneuerbaren Energien zu decken. Gesetzlich wird dies durch strengere Energie-Effizienzgesetze umgesetzt, EU-weit ist hier die Norm EN 50600 zu nennen. Für Deutschland sind die Vorschriften des neuen Energie-Effizienzgesetzes maßgeblich. Ein erweitertes Infrastruktur-Management zeigt zum Beispiel die Einsparpotenziale auf und ermöglicht es so den Unternehmen, ihren Stromverbrauch zu minimieren.

connect-professional: Für bestimmte Unternehmen gelten besonders strenge Kriterien …
Hesselink: … das ist richtig. Noch höher ist der Duck – vor allem der Zeitdruck –für Unternehmen, die zur kritischen Infrastruktur zählen. Die von der Europäischen Union Ende 2022 verabschiedete Erweiterung der Network and Information Security – als NIS2 bekannt – fasst nicht nur den Kreis derjenigen Organisationen und Unternehmen deutlich weiter, die zur kritischen Infrastruktur zählen. Die hier festgelegten Mindeststandards, die KRITIS-Unternehmen in Hinblick auf Cybersicherheit einhalten müssen, reichen weit. Die genaue Dokumentation als Basis einer schnellen Reaktionsfähigkeit ist ein wichtiger Bestandteil von NIS2, und bei Missachtung drohen erhebliche Strafen. Bis Oktober 2024 müssen alle EU- Mitgliedstaaten die Richtlinie in nationales Gesetz umgesetzt haben.

connect-professional: Was heißt das für hiesige Unternehmen?
Hesselink: In Deutschland bedeutet dies konkret, dass nach Inkrafttreten des NIS2-Umsetzungsgesetzes voraussichtlich mehr als 29.000 statt der bislang rund 1.600 Unternehmen die KRITIS-Kriterien erfüllen und sich als Teil der kritischen Infrastruktur beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik registrieren müssen. Für diese Unternehmen läuft die Zeit. Beides, Norm und Direktive, führen dazu, dass dem IT-Asset-Management, der Inventarisierung und Dokumentation eine größere Bedeutung zukommen. Der Markt ist deutlich mehr in Bewegung, und die Unternehmen suchen nach zukunftsweisenden Lösungen, die ihnen helfen, die IT-Infrastruktur schnell und effizient zu erfassen und vor allem dauerhaft aktuell zu halten. Noch einmal: Die Erkenntnis reift, dass ich nichts energieeffizienter oder sicherer machen kann, wenn ich nicht weiß, dass ich es überhaupt habe und wo genau es sich befindet.

connect-professional: Technische Ansätze zu einem möglichst automatisierten Infrastruktur-Management gibt es im Grunde schon länger. Als Beispiel kann man etwa RFID im Steckverbinder zur Patch-Feld-Verwaltung nennen. Viele waren nicht erfolgreich. Was macht Ihre Lösung anders?
Hesselink: Die bisherigen Lösungen basierten auf Hardware und haben sich deshalb nicht wirklich durchgesetzt. Hardware bedeutet immer Investition und Aufwand bei Installation, Wartung und im Betrieb. Zudem hat Hardware eine begrenzte Haltbarkeit und muss somit irgendwann getauscht werden. Unser DC-Vision-System ist eine Softwarelösung und basiert auf innovativen Techniken wie einem digitalen Zwilling und auf künstlicher Intelligenz. Der physische Rack-Aufbau wird in einem digitalen Zwilling nachgebaut und anschließend mit einer Vielzahl an technischen und organisatorischen Informationen zu den verbauten Komponenten angereichert. Über Mixed Reality können die technischen Teams vor Ort im Rechenzentrum schnell und einfach auf die Daten zuzugreifen. Ein mobiles Endgerät wird vor das Rack gehalten. Mit Hilfe der KI und digitaler Zwillinge erkennt das System innerhalb von Sekunden mit hoher Präzision und Wahrscheinlichkeit die Geräte und Standorte bis hin zur Höheneinheit in einem Rack, zeigt die exakte 3D-Darstellung aller Komponenten und blendet relevante Informationen ein. Der große Vorteil dabei ist: Bei jedem Arbeitsauftrag von IT- oder Technikteam vor Ort lassen sich sofort und ohne Medienbruch mögliche Änderungen im entsprechenden System hinterlegen.

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