Maßgeblich beteiligt an diesen klimasensiblen Kühlungserfolgen sind das eiskalte Wasser norwegischer Fjorde sowie die niedrigen Außentemperaturen. In Nordschweden liegt eines unserer Hochleistungsrechenzentren gerade einmal 80 Kilometer vom Polarkreis entfernt.
LANline: Kann man diese Effizienz etwas genauer quantifizieren?
Thillainathan: Das kann man sehr gut. Am Standort in Nordschweden erzielen wir zum Beispiel eine Power Usage Effectiveness mit einem Wert von extrem günstigen 1,07. Der Wert gibt das Verhältnis der eingesetzten Energie zu dem Betrag an, der nur in die Rechenleistung fließt. In diesem Fall ist dies weit über 90 Prozent der eingesetzten Energie. Selbst bei den modernsten Rechenzentren liegt dieser Wert ungünstiger, nämlich zwischen 1,2 und 1,6. Mit der Anlage in Nordschweden betreiben wir einen Standort, der hervorragend in unsere Blaupause des Rechenzentrums der Zukunft passt. Der Betrieb ist hocheffizient und basiert auf erneuerbaren Energien zu den EU-weit günstigsten Konditionen. Gleichzeitig haben wir alle Möglichkeiten, nahezu beliebig zu skalieren. Doch diese Effizienz hängt auch ganz entschieden damit zusammen, wie wir unsere Rechenzentren planen und bauen.
LANline: Was ist das besondere an solchen Rechenzentren?
Thillainathan: Moderne Software benötigt keine Rechenzentren, wie sie vor zehn oder 20 Jahren gebaut wurden. Dazu haben Virtualisierungs-Plattformen den Anfang gemacht. Docker hat die IT mit der Container-Technologie revolutioniert. Moderne Software skaliert automatisiert über Rechenzentren und im Multi-Cloud-Umfeld über Anbieter hinweg. Unsere Software ist nicht mehr auf einem einzigen, sondern auf vielen Servern installiert. Wird eine höhere Kapazität benötigt, starten Server automatisiert nach. Fällt ein System aus, übernehmen andere dessen Aufgabe. Wir bauen Rechenzentren für Anwendungen ausschließlich auf dieser Basis. Anwendungen und Workload können wir zwischen Rechenzentrumsteilen oder ganzen Rechenzentren verschieben.
LANline: Das heißt, das Konzept ist grundsätzlich ein anderes.
Thillainathan: Exakt. Anders als klassische Colocation-Anbieter verwalten wir nicht nur das Gebäude, die Kühlung, die Stromzufuhr und sorgen für die physische Sicherheit. Wir betreiben darüber hinaus vielmehr auch die Server-Hardware und Virtualisierungsschicht selbst. Das ermöglicht uns gerade beim Thema Energie-Management Synergien und Effizienzsteigerungen, die klassische Colocation-Anbieter einfach nicht vorweisen können. Im Prinzip erfinden wir das Rechenzentrum neu.
LANline: Wie stellt sich Situation in Deutschland dar, wenn man zum Beispiel Ihren Hauptsitz Frankfurt am Main betrachtet, dem unangefochtenen Champion unter den Standorten für Rechenzentren hierzulande. Dort verbraucht die Branche bereits ein Fünftel des gesamten Stroms der Metropole.
Thillainathan: Wenn man bedenkt, dass in Deutschland immer wieder regenerative Energiequellen abgeriegelt werden, weil das Stromnetz überlastet ist, wäre eine Nutzung dieses Überschusses vor Ort in der einen oder anderen Form naheliegend. Laut Experten ließe sich etwa ein Drittel aller deutschen Rechenzentren theoretisch mit dieser Menge versorgen. Eine probate Möglichkeit für mehr Energieeffizienz ist auch die adiabatische Kühlung, die der Luft durch die Verdunstung von Wasser Wärme entzieht. Die Lufttemperatur in Rechenzentren lässt sich so ganz ohne klimaschädliche Kältemittel senken. Andererseits denkt man auch darüber nach, Abwärme klimaneutral zu veredeln, indem man sie an das Fernwärmenetz anschließt und zum Heizen von Wohnungen nutzt. Wer genau hinschaut, kann viele grüne Chancen erkennen, und das tun wir sehr erfolgreich als Northern Data.
LANline: Herr Thillainathan, vielen Dank für das Gespräch.