LANline: Wie sehen Sie die Rolle der IT-Branche im Wandel zu mehr Nachhaltigkeit?
Tim Riedel: IT wird oft in Verbindung gebracht mit New Work, agiler Softwareentwicklung, selbstorganisiertem Arbeiten usw. Nachhaltigkeit beinhaltet aber auch, sich zu fragen, wohin die Reise geht, was die Kundschaft wirklich benötigt, welche Produkte sie in Zukunft wirklich brauchen wird. Angesichts der Erderhitzung geht es dann um Themen wie Renaturierung, Carbon Removal, smarte Infrastruktur, regenerative Materialien, Zirkularität, erneuerbare Energie und Speichertechnologien, Smart Agriculture und regenerative Landwirtschaft – was nicht das Gleiche ist – oder auch um das Thema Wasser. Hier sind die Kernfragen: Was ist der Wertbeitrag unserer Produkte? Inwieweit erlauben wir es unseren Beschäftigten zu fragen, was unsere Kunden wirklich brauchen? Und bieten wir das an? Wer hier keine Antworten hat, den wird die technologische Entwicklung in ein paar Jahren überrollen. New Work bedeutet deshalb für mich auch Kundenzentriertheit und die Mitarbeiter zu inspirieren, die Kunden zu fragen: Was werdet ihr künftig in einem zwei oder gar drei Grad wärmeren Planeten wirklich brauchen? Und was können wir euch anbieten, damit es erst gar nicht soweit kommt?
LANline: Welchen Handlungsbedarf sehen Sie seitens des Gesetzgebers, um den Arbeitsalltag umweltfreundlicher zu gestalten?
Tim Riedel: Für die Gestaltung des Arbeitsalltags gibt es schon viele ISO-Normen und Reporting-Pflichten wie die EU-Reporting-Richtlinien. Und dass sich Home-Office bei uns durchsetzt, dafür sorgt allein schon der „War for Talents“. Da liegt der Ball nicht beim Gesetzgeber, sondern vielmehr in der Ausgabenpolitik: Man muss das Geld dort investieren, wo die Ressourcen sind – und das sind die Natur, die Menschen, der gesellschaftliche Zusammenhalt. Wenn Banken und Regierungen weiter rein extraktionsorientiert investieren, dann darf man sich nicht wundern, dass Unternehmen entsprechend handeln. Denn wenn Unternehmen Geld am besten damit verdienen, dass sie den Planeten plündern, kann man es ihnen nicht vorwerfen. Kurz: Wir incentivieren das Falsche.
LANline: Wie kann man vor diesem Hintergrund nachhaltige Projekte in der Unternehmenswelt fördern?
Tim Riedel: Mit „PlaNet“ haben wir eine Plattform für den Austausch geschaffen, sodass ein Unternehmen seine Nachhaltigkeitsprojekte mit anderen teilen kann, um sie zu inspirieren – unabhängig davon, um welchen Nachhaltigkeitsaspekt es geht, sei es Offsetting, Scope 0, Scope 1 bis 3 oder Circular Economy. Auf der PlaNet-Plattform sieht man, welches Unternehmen an welchen Themen arbeitet oder gearbeitet hat. Wer sich also zum Beispiel für Zirkularität interessiert, kann dadurch leicht Kontakt zu den richtigen Ansprechpartnern aufnehmen. Dieses Projekt wollen wir nun zusammen mit anderen Beratungsorganisationen voranbringen.
LANline: Herr Riedel, vielen Dank für das Gespräch.