Ein Blitz, der in kürzester Zeit eine enorme Menge an Energie liefert, erzeugt einen starken elektromagnetischen Impuls (LEMP). Deshalb muss beim Schutz empfindlicher elektronischer Systeme die Gefahr durch induzierte Spannungsimpulse Berücksichtigung finden. Ein LEMP kann dabei sowohl durch einen direkten Blitzeinschlag in das Gebäude als auch durch einen Blitzeinschlag in der näheren Umgebung des Gebäudes auftreten.
Neben dem Potenzialausgleich aller leitfähigen Gebäudeteile verbessert eine nach DIN EN 62305-4 realisierte Gebäude- oder Raumschirmung den Schutz vor diesen elektromagnetischen Störgrößen erheblich. Schirmungsmaßnahmen lassen sich während der Planung und dem Bau des Rechenzentrums einfach in die Gebäudestruktur integrieren. Nachträgliche Maßnahmen sind oft nur mit sehr hohem kostentechnischem Aufwand und geringerer Wirksamkeit verbunden. Ziel ist es, einen annähernd geschlossenen „Faradayschen Käfig“ zu errichten, um einen definierten Bereich für empfindliche Elektronik auszubilden. In diesem soll das durch Blitzstromimpulse verursachte elektromagnetische Feld so weit reduziert sein, dass die Störgröße, durch die nach DIN EN 62305-4 berechnete Schirmungsmaßnahme gedämpft wird. Das Magnetfeld muss also so weit reduziert sein, dass die Störfestigkeit des Betriebsmittels höher ist als die tatsächliche oder berechnete Belastung am Einbauort. Zur Abschätzung der Magnetfeldstärke unter Berücksichtigung von Schirmungsmaßnahmen stehen spezielle Softwarelösungen zur Simulation zur Verfügung. Fenster oder Türen sind ebenfalls in die Schirmungsmaßnahmen zu integrieren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese ebenfalls ein ausreichendes Dämpfungsverhalten aufweisen. Durchbrüche, wie sie für Kabeldurchführungen nötig sind, sollte man auf ein Minimum reduzieren. Die gewählte Maschenweite und die zusätzliche Nutzung der Bewehrung beeinflussen maßgeblich die Wirksamkeit dieser Schirmungsmaßnahme.
Blitzschutzzonen-Konzept und Überspannungsschutz
Um die hohen Anforderungen an die Verfügbarkeit von empfindlichen elektronischen Systemen in Rechenzentren zu erfüllen, fordert das BSI in seiner „Handlungsempfehlung zu baulich-technischen Maßnahmen für Rechenzentren mit erhöhtem Verfügbarkeitsbedarf“ die Realisierung eines Blitzschutzzonen-Konzepts (LPZ: Lightning Protection Zone) nach DIN EN 62305-4 bis mindestens LPZ 2. Nach diesem Prinzip ist die zu schützende baulichen Anlage in äußere (LPZ 0A, LPZ 0B) und innere Blitzschutzzonen (LPZ 1 – n) zu unterteilen. Laut diesem flexiblen Konzept sind abhängig von der Empfindlichkeit der elektronischen Geräte geeignete LPZ festzulegen. Kreuzen Leitungen die im Vorfeld definierten Blitzschutz-Zonengrenzen, lassen sich Überspannungen in die geschützte Umgebung einführen. Aus diesem Grund ist es wichtig, diese Leitungen an den entsprechenden Zonenübergängen mittels Überspannungs-Ableitern nach VDE 0675-6-11 und -21 in das Potenzialausgleichsnetzwerk einzubeziehen.
Bei allen energie- sowie informationstechnischen Leitungen, die von außen (LPZ 0A) ins Innere des Rechenzentrums führen, muss man damit rechnen, dass ein Blitzteilstrom fließen kann. Hier ist die Leitung am Zonenübergang LPZ 0A auf LPZ 1 mit einem blitzstromtragfähigen Überspannungs-Ableiter zu beschalten.
Sind nur elektromagnetische Einkopplungen am Zonenübergang LPZ 0B auf LPZ 1 zu erwarten, reicht ein Typ 2 Überspannungs-Ableiter (SPD: Surge Protective Device) aus. Auch die Zonenübergänge LPZ 1 auf LPZ 2 und höher sind mit passenden Schutzgeräten zu versehen. Darüber hinaus minimiert eine optimierte Leitungsführung Induktionsschleifen und verringert somit das Entstehen von Überspannungen. Bei großen Niederspannungsschaltanlagen sind zusätzliche Typ-2-Überspannungs-Ableiter auch an den Abgängen der angeschlossenen Unterverteilung einzusetzen. Damit lassen sich induzierte Störgrößen aus den abgehenden Leitungen sicher begrenzen. Daneben sind auch die Signal- und Datenleitungen mit entsprechenden SPDs zu beschalten.
Frühzeitige Implementierung rentiert sich
Eine frühzeitige Implementierung von Blitz- und Überspannungsschutzmaßnahmen nach DIN EN 50600 und DIN EN 62305 ist in der Planungsphase deutlich einfacher und kostengünstiger als eine Realisierung im Nachhinein. Eine Nachrüstung ist oft nur schwer durchzuführen und häufig mit einem sehr hohen finanziellen Aufwand verbunden.
Andreas Fink arbeitet im Bereich Business Development Buildings bei Dehn.