ICT CHANNEL: Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass die zahlreichen Erstkäufer gebrauchte Hardware auch künftig als Alternative in Betracht ziehen, wenn die Verknappungen wegfallen?
Büchle: Ich finde es vielversprechend, dass die aktuelle Marktlage die Nachfrage nach refurbished ITK Produkten befeuert hat und so Kundengruppen unser Angebot testen können, die normalerweise nicht an den Gebrauchtkauf gedacht hätten. Diese neuen Kundinnen und Kunden kommen aus allen Teilen der Gesellschaft: Privatpersonen, KMUs, gemeinnützige Einrichtungen, Mitarbeitenden unserer Partnerunternehmen usw. Wir sind sicher, dass wir sie auch für die Zukunft mit hochwertiger Gebraucht-Ware überzeugen können. Punkte wie Preis, Qualität und ein stetig steigendes Bewusstsein für mehr Nachhaltigkeit sprechen klar dafür.
ICT CHANNEL: Aber spielt die Nachhaltigkeit hier tatsächlich schon eine tragende Rolle als Verkaufsargument, oder ist sie eher nur ein netter Nebeneffekt des finanziellen Einsparungspotenzials?
Büchle: Betrachten wir zunächst den Verkauf unserer Hardware: Wir wissen, dass gute Business-Hardware, die professionell aufbereitet wurde, eine gute Alternative zu Neuware darstellt. Dieses Wissen setzt sich zunehmend in der Öffentlichkeit durch, wobei Qualität und Preis das erste Kaufargument darstellen. Der Aspekt der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit ist aktuell ein Zusatzargument, welches aber meiner Meinung nach an Gewichtung gewinnen wird.
Hinsichtlich der Beschaffung der Hardware sind wir hier schon ein Stück weiter: Wir erhalten immer mehr Anfragen von Unternehmen, die vor allem wegen dem Aspekt der Nachhaltigkeit gerne mit uns kooperieren möchten. Sicherlich bezahlen wir auch nach wie vor marktübliche Ankaufspreise für gebrauchte Hardware, sofern für unsere Partner zwingend notwendig. Allerdings verliert der Preis tendenziell an Gewichtung, während der Aspekt der Nachhaltigkeit immer mehr an Relevanz gewinnt.
ICT CHANNEL: Können Sie das noch etwas konkretisieren?
Büchle: Ein Beispiel: Wir verleihen jedem Partner eine jährliche Wirkungsurkunde, in der wir die positive ökologische und soziale Wirkung durch Refurbishment und Recycling seiner Hardware und den damit verbundenen Einsparungen anhand von diversen KPIs nachweisen, so z.B. Rohstoffe, CO2, Wasserverbrauch, Toxizität und Energie. Viele unserer Partner nutzen diese Kennzahlen für ihr Reporting. Die Berichtspflicht und damit das Bewusstsein nehmen auf allen Ebenen zu. Viele Unternehmen schaffen die Position des Circular Solutions Managers, der in Richtung Zweitnutzung und Zirkularität evaluiert. Das sind Schlüsselstellen, die Nachhaltigkeit auf allen Ebenen in der Firmenstruktur verankern. Bei AfB erhalten wir auch ganz konkrete Anfragen von Privatpersonen und Unternehmen, weil diese die Inklusion von Menschen mit Behinderung auf dem ersten Arbeitsmarkt fördern wollen und durch den Kauf sowie die Zusammenarbeit einen wirkungsvollen Beitrag zu sozialer Nachhaltigkeit leisten können.
ICT CHANNEL: In diese Richtung gehen auch die neuen Vorgaben für Beschaffung und Ausschreibungen der öffentlichen Hand, die explizit eine Einbeziehung der Klimaziele fordern. Halten Sie diese für wirkungsvoll genug um dem Gebrauchtmarkt einen weiteren Schub zu verpassen?
Büchle: Ich gehe nicht davon aus, dass es durch die Erweiterung der AVV EnEff zur AVV Klima kurzfristig und direkt zu einem Schub für den IT-Gebrauchtmarkt kommt. Die AVV Klima bezieht sich zwar auf den „gesamten Lebenszyklus“, meint aber primär die Erstnutzung. Ein zweiter Nutzungszyklus durch Reparatur, Aufarbeitung und Aufrüstung wird nicht explizit berücksichtigt. Reparatur oder Gebrauchtkauf sind zwar „abzuwägen“ mit Blick auf die „wirtschaftlichste Handlungsalternative“, aber hierzu fehlen relevante Vergleichsdaten.
Dennoch wird sie vermutlich einen Anreiz für Hersteller und Anbieter von Gütesiegeln sein, für IT-Geräte eine Klassifizierung nach Kriterien der Klimafreundlichkeit wie THG-Emissionen zu schaffen, vergleichbar den Energieeffizienzklassen.
Noch ist die Einbeziehung von Klimazielen zu wenig konkret verpflichtend, zu optional. Fehlende Voraussetzungen erzwingen zu viele Öffnungsklauseln, Hintertüren und Einschränkungen, um einen Schub für den IT-Gebrauchtmarkt zu bewirken. Dennoch ist zu beobachten, dass sich die allgemeinen Rahmenbedingungen verändern und, dass von Unternehmen viel mehr Engagement in Richtung Kreislaufwirtschaft und Klimaschutz gefordert wird. Wir bieten mit unserer Dienstleistung und unseren Produkten eine ganz praktische Möglichkeit, sich nachhaltig und zirkulär aufzustellen und im Fall AfB sogar Inklusion auf dem Arbeitsmarkt zu fördern.