ICT CHANNEL: Hat die Entwicklung der letzten zwei Jahre geholfen, neue Kunden und Zielgruppen zu erschließen?
Thiele: Ob dies tatsächlich neue Zielgruppen erschlossen hat, lässt sich mit Gewissheit erst in zwei oder drei Jahren abschließend beurteilen. Wir sehen eher Unternehmen, die Remarketingprodukte auswählen, da sich dies auf ihre CO2-Bilanz positiv auswirkt. Wir können dem Refurbishing Prozess CO2-Äquivalente zuordnen und unseren Kunden eine konkrete Ersparnis ausweisen.
Mein Eindruck ist des Weiteren, dass die Akzeptanz für Altgeräte dann steigt, wenn der Nutzer den Unterschied zum Neugerät kaum merkt. Also der optische und haptische Eindruck neuwertig ist. Dazu gehört das Remanufacturing, also das professionelle Wiederaufbereiten der Geräte auf den Zustand „wie neu“, inklusive einer wertigen Verpackung.
Allerdings gibt es auch gesetzliche Vorgaben, die neue Zielgruppen erschließen. Etwa in Frankreichs öffentlichem Sektor, in dem ein gewisser Prozentsatz der Infrastruktur Investitionen mit wiederaufbereiteter Hardware abgedeckt wird.
ICT CHANNEL: Könnten Vorgaben wie die AVV Klima ähnliches in Deutschland bewirken?
Thiele: Ja, definitiv. Wie sich die Vorgaben in Ausschreibungen niederschlagen, werden die nächsten Monate zeigen.
ICT CHANNEL: Was könnten die Hersteller unternehmen, um die Verlängerung der Lebenszyklen zu unterstützen?
Thiele: Die Verfügbarkeit der Software ist ein sehr wichtiger Faktor. Aber auch das Design spielt eine wichtige Rolle. Ist das Gerät so konzipiert, dass Reparaturen oder Upgrades einfach möglich sind, dann wirkt sich das positiv auf die Nutzungsdauer aus. Und natürlich auch für das Recycling am Produktlebensende. Notebooks mit verklebten Komponenten zugunsten eines schlanken Designs sind aus Nachhaltigkeitssicht eher kontraproduktiv.
ICT CHANNEL: Welche Rolle spielt die Nachhaltigkeit bei den Anfragen der Kunden zu Ein- und Verkauf gebrauchter Hardware? Ist das nur ein Bonus neben Preis und Verfügbarkeit, oder inzwischen auch handfestes Argument für den Gebrauchtkauft?
Thiele: Wir wissen aus unserer Kundenumfrage, dass die Bedeutung zunimmt, aber noch nicht das schlagende Kaufargument darstellt. Wir rechnen aber mit einer steigenden Bedeutung, da in der Europäischen Union die Offenlegung von sogenannten nichtfinanziellen Kennzahlen im Nachhaltigkeitsreporting auf deutlich mehr Unternehmen ausgeweitet wird. Zudem gibt es weitere Gesetze, Leitlinien und Verordnungen im Zuge des europäischen Green Deals, wie die EU-Taxonomie, die eine steigende Relevanz von Nachhaltigkeitskriterien erwarten lassen.
ICT CHANNEL: Wie können Sie die Unternehmenskunden dabei unterstützen?
Thiele: Wir haben großes Interesse IT Hardware aus Workplace und Datacenter am Ende des ersten Lebenszyklus bei Unternehmen anzukaufen und damit im Kreislauf zu halten. Hierfür haben wir für den Bereich Workplace einen Consultingansatz digitale Nachhaltigkeit entwickelt. Zielsetzung ist es anhand von Wirtschaftlichkeit- und Nachhaltigkeitskriterien die Nutzungsdauer IT im Unternehmen zu planen. Hierfür schauen wir uns die Anforderungen der unterschiedlichen Rollen im Unternehmen an. Bereits zu Beginn der Nutzungsphase machen wir unseren Kunden ein Angebot zur Rücknahme, um die Hardware im Kreislauf zu halten. Gerne stellen wir unseren Kunden einen Nachweis über die CO2 Äquivalente des Refurbishing Prozesses aus, so dass die Ersparnis zur Neuproduktion sichtbar wird und diese in den jeweiligen Nachhaltigkeitsbericht einfließen kann.
ICT CHANNEL: Wie viel der angekauften Hardware eignet sich überhaupt für einen zweiten Lebenszyklus?
Thiele: Wir nutzen mehr als 90 Prozent für den Wiederverkauf. Die verbleibenden zehn Prozent werden über ein zertifiziertes Partnerunternehmen in Deutschland recycelt. Bei allen Geräten werden in jedem Fall die Daten zuvor in unserem Haus in einem nach hohen Sicherheitsstandards zertifizierten Prozess gelöscht.