Interview mit Ericsson

5G-Standardisierung – ein sukzessiver Prozess

23. Oktober 2017, 10:44 Uhr |

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Herausforderung: Einen flexiblen Rahmen schaffen

funkschau: Welche Anforderungen müssen Radiotechnologien erfüllen, die im künftigen IMT-2020-Spektrum betrieben werden sollen?

Hoymann: Die Anforderungen der IMT-2020-Systeme wurden von klassischen Mobilfunkanwendungen aber auch von völlig neuen Anwendungsfeldern aus dem Internet der Dinge abgeleitet. Bei ersteren spielen Nutzerdatenraten, spektrale Effizienz und Mobilitätsunterstützung eine große Rolle. Beim Internet der Dinge sind beispielsweise Verzögerungszeiten und Ausfallsicherheit oder aber die Unterstützung vieler Verbindungen wichtig. Nehmen wir das Autonome Fahren als Beispiel für die Notwendigkeit von niedrigen Verzögerungszeiten und hoher Ausfallsicherheit. Bei Fahrzeugen, die miteinander über ein Mobilfunknetz agieren, sind diese Bereiche von höchster Bedeutung, um letztendlich sichere Mobilitätslösungen auf die Straße zu bringen. Aber auch im Bereich Industrie 4.0 gibt es Fälle bei denen die Latenz (Reaktions- beziehungsweise Verzögerungszeit) essenziell ist. Bei Ericsson ordnen wir diese Fälle in den Bereich der kritischen Kommunikation ein.

Der Bereich der massiven Kommunikation beschreibt hingegen die Unterstützung vieler Verbindungen wie zum Beispiel das Vernetzen von Papiersammel-Containern einer Smart City. Der Müllwagen kann hierbei aufgrund der vorliegenden Daten zum Füllstand der Container eine besonders effiziente Route abfahren. Hier liegt die Herausforderung dann eher bei der Verknüpfung unzähliger Sensoren und einem niedrigen Stromverbrauch. Die Möglichkeiten sind wirklich sehr weitreichend. Daher ist unser Ziel, einen Rahmen zu schaffen, ohne diese Möglichkeiten einzuengen.

funkschau: Wie kann man sich einen solchen Zertifizierungsprozess vorstellen? Was sind die besonderen Herausforderungen im Zuge eines solchen?

Hoymann: Der Prozess ist langwierig, da er vielen Interessen gerecht werden, aber trotzdem zukunftsweisend sein muss. Die Herausforderungen sind zum Teil technischer Natur, das heißt: Wie konstruiere ich ein Mobilfunksystem, das schneller und leistungsfähiger aber trotzdem billiger und energieeffizienter als der Vorgänger ist? Zum Teil sind sie aber auch nicht-technisch – beispielsweise bei Spekulationen über zukünftige Anwendungsfälle oder bei der Frage, wann die Systeme zur Verfügung stehen sollen.

funkschau: Wie lange kann es in der Regel dauern bis Technologien das entsprechende Zertifikat für den Betrieb in IMT-2020 erhalten?

Hoymann: IMT-2020 Systeme werden im Jahre 2020 zertifiziert, das heißt etwa fünf Jahre nach den ersten Diskussionen in der ITU.

funkschau: Die ITU geht laut Medienberichten davon aus, dass in naher Zukunft erste technische Implementierungen und Versuche von 5G-Technologien auf Basis der für IMT-2020 geplanten Entwicklungen nicht zu erwarten seien – stimmt das? Und was heißt das für die Realisierung der Roadmap?

Hoymann: Testsysteme von 5G-Mobilfunksystemen sind seit einiger Zeit verfügbar. Deren Leistungsfähigkeit wird schrittweise verbessert und deren Funktionalität dem aktuellen Stand der Standardisierung angepasst. Im Aachener Eurolab (das Ericsson Entwicklungszentrum in Deutschland) betreiben wir beispielsweise ein 5G-Testnetz. Und auch erste Radiolösungen und Services, bei denen wir davon ausgehen, dass sie dem 5G-Standard entsprechen werden, haben wir seit kurzem im Portfolio. Aus diesen Systemen werden also nach und nach kommerzielle Produkte. Ich erwarte den Start kommerzieller 5G-Mobilfunksysteme etwa im Jahr 2019. Jedoch wird es eher ein sukzessiver Prozess sein und kein Verkaufsstart an einem Tag X.

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  1. 5G-Standardisierung – ein sukzessiver Prozess
  2. Herausforderung: Einen flexiblen Rahmen schaffen
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