Cloud Gaming gilt als konsequente Fortsetzung der Digitalisierung im Videospielebereich, denn damit wandert ein Großteil der bislang notwendigen Hardware in die Wolke. Doch nicht nur für etablierte Gaming-Anbieter ist das ein Thema – auch Telekommunikationsunternehmen bietet sich Umsatzpotenzial.
Der Markt für Videospiele ist einer der Gewinner der Corona-Krise. Die Umsätze sind im Jahr 2020 um mehr als 20 Prozent gewachsen und haben damit erstmalig die Grenze von 100 Milliarden Euro Umsatz weltweit durchbrochen. Ein Großteil entfällt dabei auf den Konsolen- und PC-Bereich. Aufgrund neuer Technologien und Verbreitungswege ist davon auszugehen, dass hier die Umsätze in Zukunft neu verteilt werden und sich für Neueinsteiger die Chance ergibt, in den Markt einzutreten und Marktanteile zu gewinnen.
Insbesondere Cloud Gaming, bei dem Nutzer keine spezielle Hardware benötigen, sondern Bild und Ton per Stream auf vorhandene Endgeräte wie Smartphones oder Fernseher übertragen werden, spielt eine immer größere Rolle. Mit prognostizierten jährlichen Wachstumsraten von rund 112 Prozent bietet dieser noch junge und fragmentierte Markt großes Potenzial für Newcomer. Zu beobachten ist, dass vor allem Telekommunikationsunternehmen Cloud Gaming für sich entdeckt und eine Vielzahl eigener Angebote eingeführt haben.
Aus diesem Grund hat mm1 als Beratungsunternehmen für Connected Business in der "Cloud Gaming Benchmark Analysis" 27 Telekommunikationsunternehmen weltweit im Hinblick auf ihre Aktivitäten im Bereich Cloud Gaming untersucht. Die Autoren der Marktstudie im Q&A:
"Cloud Gaming" ist ein vergleichsweise junges und innovatives Thema und mit Sicherheit noch nicht jedem ein Begriff. Was verbirgt sich dahinter?
Cloud Gaming ist die konsequente Fortsetzung der Digitalisierung im Videospielebereich. Wo es früher noch physische Gaming-Cartridges für Konsolen gab und später online Spieledownloads für PCs, wandert jetzt beim Cloud Gaming sogar ein Großteil der bislang notwendigen Hardware in die Cloud. Konkret heißt das, Speicher und Prozessorleistung für Spiele operieren in der Cloud – der Spieler braucht nur noch ein geeignetes Ein- und Ausgabegerät: im Minimalfall einen Controller mit Bildschirm oder ein Smartphone, auf dem das Spiel selbst gar nicht installiert werden muss.
Das ist insbesondere im Gamingbereich attraktiv, da dieser schon immer zu den Speerspitzen der Anforderungen an die notwendige Technologie gehörte, gerade wenn man an GPUs für das graphische Processing im First Person Shooter Bereich denkt oder an speicherintensive Rollenspiele mit einem hohen Anteil an Videoproduktion. Das Tolle ist, dass ich als Spieler eben nicht mehr immer die neueste Hardware benötige, um auch die neuesten Titel flüssig mit Spaß spielen zu können. Zusätzlich unterstützt wird Cloud Gaming durch den generellen gesellschaftlichen Trend vom Besitzen hin zum Nutzen. Videoentertainment ist durch Netflix und Co. schon lange virtualisiert.
Was hat Sie veranlasst, sich mit gerade diesem Thema zu beschäftigen?
Als Beratung für Connected Business beschäftigen wir uns auch in vielen unserer Projekte mit netzwerknahen Anwendungsfällen, deren Geschäftspotenzial und Anforderungen. Und Cloud Gaming hat natürlich direkt mit dem Netz und Konnektivität zu tun. Vor allem fanden wir es unmittelbar faszinierend, wie gut die User Experience vom Start einzelner Anbieter war – absolut flüssig und nicht zu unterscheiden von einem PC- oder Konsolengame. Da wir auch einige Telekommunikationsanbieter zu unseren Kunden zählen und Telcos eine zentrale Rolle beim Cloud Gaming zukommt, wollten wir wissen, was die Angebote unterscheidet und welche Anbieter hier bei Angebotsumfang, Qualität der Titel, der Content Discovery, Zusatzangeboten, Pricing etc. das beste Angebot haben. Dafür haben wir 27 Anbieter weltweit unter die Lupe genommen.
Wie funktioniert Cloud Gaming und welche technischen Voraussetzungen gibt es?
Die Anforderungen an die Hardware sind, wie angedeutet, recht überschaubar. Dadurch dass relevanten Bestandteile im Wesentlichen in der Cloud existieren, wuchsen diese über die Zeit auch mit den Anforderungen der jeweiligen Titel. Kritischer wird es mit Blick auf die erforderliche Konnektivität, also die Internetverbindung. Diese setzt sich aus Bandbreite und Latenz zusammen. Die erforderliche Bandbreite wird von den Anbietern oft mit 5 bis 15 MBit/s angegeben, wobei realistisch und mit etwas Puffer 50 MBit/s zu empfehlen ist, gerade wenn man mit 4K streamen möchte – auch in Abhängigkeit der gespielten Titel, von Action- bis Strategie-Game. Die Anbieter passen zudem die gestreamte Auflösung an die anliegende Bandbreite an. Die Latenz oder Ping-Time dagegen ist bislang schon für jeden Online-Gamer relevant, insbesondere im Multiplayer-Bereich. Beim Cloud Gaming kommt dieser Kenngroße nochmal eine besondere Rolle zu, da die Steuer-Eingaben in den Controller und deren Effekt auf dem Bildschirm möglichst dicht beieinanderliegen sollen – zudem ist die Wirkkette relativ lange und da gilt es idealerweise zu optimieren und die WLAN-Verbindung durch ein Kabel zu ersetzen oder den 5GHz-Kanal des Routers zu nutzen. Zusätzlichen Vorschub in Richtung niedriger Latenzen wird die weitere Verbreitung von 5G bringen. Hier liegt die Latenz aktuell zwischen 10 und 30 ms, was für Online-Spiele schon einen guten bis sehr guten Wert darstellt.