Digitale Barrierefreiheit

Key Facts zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz

17. Januar 2024, 8:14 Uhr | Diana Künstler
© Urupong/AdobeStock

Am 28. Juni 2025 tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz, kurz BFSG, in Kraft. Mit dem Gesetz werden zum ersten Mal private Wirtschaftsakteure dazu verpflichtet, Barrierefreiheitsanforderungen einzuhalten, wenn ihre Produkte oder Dienstleistungen in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen.

Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz, kurz BFSG1, wurde die europäische Barrierefreiheitsrichtlinie (Richtlinie (EU) 2019/882 über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen) umgesetzt. Das Gesetz wurde im Juli 2021 verkündet und tritt am 28. Juni 2025 in Kraft. Mit dem Gesetz werden zum ersten Mal private Wirtschaftsakteure dazu verpflichtet, Barrierefreiheitsanforderungen einzuhalten, wenn ihre Produkte oder Dienstleistungen in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen. Laut Definition § 3 Absatz 1 BFSG sind Produkte und Dienstleistungen „barrierefrei, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind“. Diese Definition hat das BFSG aus dem Behindertengleichstellungsgesetz in gekürzter Form übernommen.

Vereinfacht sagt das BFSG aus, dass Produkte und Dienstleistungen, die digital genutzt werden – zum Beispiel Computer und Smartphones, aber auch Telekommunikations- und Bankendienstleistungen –, ab dem 29.06.2025 barrierefrei(er) sein. Hierzu zählen sowohl das Bereitstellen einer Kontaktfunktion als auch der gesamte B2C-E-Commerce-Bereich. Und das auf allen digitalen Endgeräten: ganz gleich ob Website, Tablet, Smartphone oder auch Selbstbedienungsterminals.

Welche Produkte und Dienstleistungen u.a. barrierefrei zu gestalten sind

Produkte:

  • Computer, Notebooks, Tablets, Smartphones, Mobiltelefone
  • Geldautomaten, Fahrausweis- und Check-in-Automaten
  • Fernsehgeräte mit Internetzugang
  • E-Book-Lesegeräte
  • Router

Dienstleistungen:

  • Telefondienste
  • E-Books
  • Messenger-Dienste
  • auf Mobilgeräten angebotene Dienstleistungen (inklusive Apps) im überregionalen Personenverkehr
  • Bankdienstleistungen
  • elektronischer Geschäftsverkehr
  • Personenbeförderungsdienste (für Stadt-, Vorort- und Regionalverkehrsdienste nur interaktive Selbstbedienungsterminals)

Wer fällt unter das Gesetz?

Das BFSG betrifft dabei nicht nur Hersteller, Importeure und Händler der Produkte oder Anbieter der Dienstleistungen. Alle Unternehmen und sogar Vereine müssen bis zum 28.06.2025 unter Umständen Apps, Online-Shops sowie Webseiten barrierefrei gestalten. Kleinstunternehmen (weniger als zehn Beschäftigte und höchstens 2 Millionen Euro Jahresumsatz), die Dienstleistungen anbieten, sind vom Gesetz ausgenommen. Kleinstunternehmen, die Produkte in Umlauf bringen, fallen jedoch unter das BFSG.

Ein weiterer wichtiger Punkt. Das BFSG regelt die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen, die von Verbrauchern genutzt werden. Verbraucher im Sinne des Gesetzes ist „jede natürliche Person, die ein unter dieses Gesetz fallendes Produkt oder eine unter dieses Gesetz fallende Dienstleistung zu Zwecken kauft oder empfängt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.“ Dienstleistungen, die ausschließlich Bereich B2B (Business to Business) angeboten werden, sollten also nicht vom BFSG betroffen sein.

Einzuhaltende Fristen

Ab dem vollständigen Inkrafttreten des BFSG am 28. Juni 2025 sind nur noch Produkte in Verkehr zu bringen, wenn sie

  • den vorgeschriebenen Barrierefreiheitsanforderungen genügen
  • das Konformitätsbewertungsverfahren durchlaufen haben
  • mit einer EU-Konformitätserklärung ausgestattet sind
  • eine CE-Kennzeichnung aufweisen.

Ab dem vollständigen Inkrafttreten des BFSG am 28. Juni 2025 dürfen die in § 1 Absatz 3 BFSG aufgeführten Dienstleistungen nur angeboten werden, wenn sie den Barrierefreiheitsanforderungen des BFSG genügen. Ausnahme sind die in § 38 BFSG aufgeführten Dienstleistungen.

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz ist also ab dem 28. Juni 2025 anzuwenden, das heißt ab diesem Zeitpunkt müssen die im Gesetz erwähnten Produkte und Dienstleistungen barrierefrei sein. Für einige Produkte und Dienstleistungen gibt es jedoch Übergangsbestimmungen, nach denen die Barrierefreiheitsanforderungen erst zu einem späteren Zeitpunkt erfüllt sein müssen. Sie sind unter § 38 BFSG nachzulesen. So gibt es für bestimmte Dienstleistungen eine Übergangsfrist von fünf Jahren, für Selbstbedienungsterminals wiederum eine Übergangsfrist von 15 Jahren.)

Rechtsverordnung

BFSGV Anforderungen an Webites und Onlineshops
Eine Auswahl der konkreten Anforderungen der BFSGV an Websites und Onlineshops
© https://bfsg-gesetz.de/bfsgv/eingangsformel/; Abruf am 17.01.24

Es gibt eine vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) erstellte Rechtsverordnung zum BFSG: die Verordnung über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen nach dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSGV)2. Diese wurde gemeinsam mit Vertretern der Länder, Verbänden, Wirtschaft, Bundesressorts und der Bundesfachstelle Barrierefreiheit erarbeitet. Die Verordnung legt spezifische Anforderungen an die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen fest. Demnach müssen zum Beispiel Informationen zur Nutzung des Produkts, wie Kennzeichnungen, die Gebrauchsanleitung und Warnhinweise, die auf dem Produkt selbst bereitgestellt werden, über mehr als einen sensorischen Kanal zur Verfügung gestellt werden (beispielsweise haptisch und visuell). Darüber hinaus verweist die BFSGV auf technische Standards, die künftig auf der Website Bundesfachstelle Barrierefreiheit gesammelt und veröffentlicht werden.

Während das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz allgemeine Anforderungen an die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen beinhaltet, sind in der Verordnung (unter anderem) konkretere Anforderungen an die barrierefreie Gestaltung festgehalten.

Hilfestellung des BMAS

Für Unternehmen hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) Leitlinien zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz3 erstellt. Darin werden viele Fragen rund um das Gesetz beantwortet, beispielsweise ob man als Unternehmen in den Anwendungsbereich des Gesetzes fällt oder was passieren kann, wenn man die Barrierefreiheitsanforderungen nicht einhält. Diese „Leitlinien für die Anwendung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes“ erläutern den Inhalt des Gesetzes anhand von praktischen Beispielen. Gerade auch für Kleinstunternehmen ist das Dokument eine wertvolle Hilfe. Zudem erklären die Leitlinien, weshalb Barrierefreiheit für Unternehmen eine lohnende Investition sein kann.

1 https://www.bmas.de/DE/Service/Gesetze-und-Gesetzesvorhaben/barrierefreiheitsstaerkungsgesetz.html
2 https://bfsg-gesetz.de/bfsgv/eingangsformel/
3 https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Teilhabe/leitlinien-barrierefreiheit.pdf?__blob=publicationFile&v=3
Informationen der Bundesfachstell: https://www.bundesfachstelle-barrierefreiheit.de/DE/Fachwissen/Produkte-und-Dienstleistungen/Barrierefreiheitsstaerkungsgesetz/barrierefreiheitsstaerkungsgesetz_node.html


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