Öffentlicher Sektor

KI-Projekte pilotieren – und dann fliegen lassen

27. April 2022, 9:40 Uhr | Sabine Narloch

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Cloud: ja, nein oder ein hybrides Jein?

Und noch ein weiteres Thema poppt immer wieder auf: Wie kompatibel ist eine KI-basierte Technologie mit der technischen Reife von Behörden? „Wir sehen allgemein, dass das Thema Künstliche Intelligenz gerade bei Behörden zunehmend relevanter wird. Die Technologie hat jetzt die Reife erreicht, um sinnvoll eingesetzt werden zu können“, erläutert Ziems. „Auf der anderen Seite wird durch mögliche Anwendungsfälle für KI überdeutlich, dass in Behörden IT-technisch noch sehr viel Grundlagenarbeit zu tun ist. Viele Datenbanken sind noch nicht über Standardschnittstellen und Restfull API erreichbar. Hinzu kommen Medienbrüche in Prozessen, Perimeter-Security und undefinierte Datenlizenzen, welche die wichtigste Ressource für KI-Lösungen blockieren: Daten.“

Desweiteren stellt sich die Frage, ob bei der Implementierung von KI-basierten Anwendungen eine Cloud zum Einsatz kommen soll, oder besser nicht oder ob das Konzept hybrid umgesetzt wird. So wollte das LGLN, dass die Lösung sich sowohl in der Cloud als auch in lokalen Rechenzentren implementieren lässt. Man sei anfangs „für die Pilotierung mit nicht so sensitiven Daten“ in die Cloud gegangen, so Ziems. Bei besonders schützenswerten Daten sei man dann zu einer lokalen Implementation übergegangen. Dirk Michelsen, IBM Watson Data Science & AI Executive Consultant bei IBM, bestätigt die hohe Relevanz der digitalen Souveränität, wenn es um das Thema Cloud bei Behörden geht. „Wir möchten alle Behörden ermuntern, über einen Cloud-first-Ansatz nachzudenken. Cloud-first heißt dabei, dass die initiale Pilotierung in der Cloud erfolgt, aber gleichzeitig alles so vorbereitet ist, dass die nächste Projektphase mühelos vor Ort implementiert werden kann“, so Michelsen gegenüber funkschau. Mit diesem Ansatz lasse sich die „Geschwindigkeit einer Cloud-Umsetzung mit dem Datenschutz und der Autarkie einer lokalen Einführung“ verbinden.

Um gar nicht erst Daten zu erzeugen, deren Form schnell veraltet ist, lohnt sich eine zeitgemäße Datenerfassung. Ein Beispiel dafür ist die Polizei Nordrhein-Westfalen. Sie verwendet eine mobile Lösung bei Fahrer- und Fahrzeugkontrollen, entwickelt vom Start-up Anyline auf Basis von IBM Watson KI-Technologie. „Mithilfe der OCR-Technologie, also optischer Zeichenerkennung, können die Beamten nun offizielle Dokumente wie Führerscheine, Pässe und Personalausweise sowie Kfz-Kennzeichen und Seriennummern scannen“, erläutert Wolfgang Hildesheim, Direktor Data Science & Artifical Intelligence Ecosystem, IBM Technology DACH. „Seit der Einführung der Technologie im Jahr 2019 wurde sie inzwischen auf 22.000 Geräten ausgerollt, die von den Beamten täglich für ihre Arbeit genutzt werden.“ Die Fehlerquote bei dieser Art der Datenerfassung sei laut Hildesheim „auf null gesunken. Bei der Entscheidung für das mobile Scannen waren die Schnelligkeit und die Einfachheit, mit der die Technologie eingesetzt werden kann, ausschlaggebend. Die Beamten haben das neue System schnell angenommen und benutzen es gerne. Eine Schulung war nicht nötig“, so Hildesheim. Der letzte Punkt ist sicher nicht unwesentlich. Denn neue Technologie lebt immer davon, dass sie auch angewendet wird, sonst kann sie ihren effizienz- und qualitätssteigernden Effekt nicht ausspielen.

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Künstliche Intelligenz Öffentlicher Sektor
Um die Qualität von Katasterkarten zu homogenisieren und Fehler zu bereinigen, setzt das Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen Künstliche Intelligenz ein. Das Bild zeigt die von der Objekterkennung erkannten Gebäude. Nachgelagerte Schritte sind die Erkennung von Details, wie zum Beispiel dem Umriss. Anschließend können die gewonnenen Erkenntnisse mit den Katasterkarten abgeglichen werden.
© Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen

Da im behördlichen Umfeld zudem mehr Restriktionen herrschen als in anderen Organisationen ist noch ein weiterer Aspekt wesentlich: Sind erst einmal KI-Projekte erfolgreich gelaufen, werden diese Erfahrungen innerhalb des Verwaltungsbereichs gerne weitergegeben. In der Capgemini-Studie heißt es dazu: „Stellen sich die Pilotanwendungen als hilfreich heraus, können die Verantwortlichen entscheiden, ob sich die Skalierung lohnt.“ Die Lösung für LGLN hat bereits erste Kreise gezogen und kam nun auch bei der Bombentrichter-Detektion zum Einsatz. „Dabei geht es darum, auf alten Luftbildern aus dem zweiten Weltkrieg Anzeichen für Blindgänger zu finden und so den Kampfmittelräumdienst zu unterstützen. Andererseits ist das LGLN gerade dabei, seine Dienste auch anderen Behörden zur Verfügung zu stellen“, führt Ziems aus. Es geht im behördlichen Umfeld somit eher um die Anfänge. Sind diese erst einmal geschafft, dürften sich (weitere) Anwendungsgebiete innerhalb des öffentlichen Sektors wohl fast wie von selbst finden.


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