Sollten die Kartellbehörden zustimmen, wäre es die drittgrößte Übernahme in der Geschichte der amerikanischen IT-Industrie: IBM will Red Hat kaufen, um gegen die Cloud-Konkurrenz von Google, Amazon und Microsoft bestehen zu können.
IBM hat die Übernahme des Softwareunternehmens Red Hat angekündigt. IBM bietet demnach 190 US-Dollar je Aktie in bar und bewertet Red Hat so mit 34 Milliarden US-Dollar. Das teilten beide Unternehmen mit. Red Hat hat sich als Open-Source-Spezialist einen Namen gemacht. Auf der Basis des freien Betriebssystems Linux bietet Red Hat kommerzielle Dienstleistungen an.
Am Freitag war die Red-Hat-Aktie bei 116,68 Dollar aus dem Handel gegangen, der Aufschlag liegt also bei fast zwei Drittel. Zuvor hatte die Nachrichtenagentur Bloomberg über die Übernahmeabsichten berichtet.
«Die Übernahme von Red Hat ist ein Game-Changer», sagte IBM-Chefin Ginni Rometty. «IBM wird die weltweite Nummer-Eins unter den Hybrid-Cloud-Anbietern.» Beim Cloud-Geschäft wird die Software vom Hersteller im Internet zur Verfügung gestellt und befindet sich nicht auf den Rechnern der Kunden. Unter Hybrid-Cloud versteht man einen gemischten Betrieb von Cloud-Anwendungen und selbst betriebenen Servern.
Das Cloud-Geschäft verzeichnet zwar bei vielen IT-Unternehmen starke Zuwächse. Allerdings sind die Gewinnmargen geringer als bei der Kaufsoftware. Zudem konkurrieren nicht nur die klassischen IT-Unternehmen wie Microsoft und Google auf diesem Feld miteinander, auch ursprünglich aus anderen Bereichen stammende Firmen wie zum Beispiel Amazon mischen kräftig mit.
In der Geschichte der US-amerikanischen IT-Industrie waren nur zwei Deals noch größer als die nun angekündigte Übernahme von Red Hat: 2016 fusionierten für 67 Milliarden Dollar der Computerhersteller Dell und der Speicherspezialist EMC. Im Jahr 2000, kurz vor dem Platzen der Dot-Com-Blase, schluckte das Netzwerkunternehmen JDS Uniphase für 41 Milliarden Dollar den Spezialisten für optische Bauteile SDL.
Zukunft im Cloud-Geschäft
IBM-Chefin Ginni Rometty will den IT-Riesien zukunftssicher machen, indem sie wenig profitable alte Geschäftsbereiche schrumpft und dafür stärker auf Künstliche Intelligenz und Cloud-Dienste setzt. Der Umbau ließ den Umsatz sechs Jahre lang sinken. Romettys Sanierungskurs schien Früchte zu tragen, weil IBM drei Quartale in Folge mit Wachstum schaffte. Doch zuletzt gab es wieder ein Vierteljahr mit sinkenden Erlösen, das setzte auch die Aktie unter Druck.
Mit dem Kauf von Red Hat könnte IBM auf einen Schlag wichtiger im Cloud-Geschäft werden. Alle rund 12.600 Mitarbeiter von Red Hat sollen übernommen werden, sagte Rometty dem «Wall Stree Journal». Im Cloud-Markt gehören unter anderem Microsoft, Google und Amazon zu den Konkurrenten. Microsoft kaufte jüngst die von vielen Linux-Programmierern genutzte Entwicklerplattform GitHub.
Mit 190 Dollar je Aktie bietet IBM einen satten Aufschlag von gut 60 Prozent auf den Schlusskurs von Red Hat von Freitag. Der Preis von 34 Milliarden Dollar schließt auch Schulden von Red Hat ein, IBM will dafür neben seinen Geldreserven auch auf Kredite zurückgreifen. Mit dem Abschluss des Deals rechnen die Unternehmen im zweiten Halbjahr 2019.