Flexibilisierung der digitalen Arbeit

Kleines Karo, weite Welt

13. September 2022, 7:00 Uhr | Dr. Wilhelm Greiner

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Zurück in die Zukunft?

Die Frage, ob Angestellte zurück ins Büro müssen (unabhängig davon, ob sie zurück ins Büro wollen), wirkt aus der Zeit gefallen. Denn zahlreiche Umfragen und Erhebungen haben inzwischen belegt, dass die Produktivität von Beschäftigten nicht von ihrer Präsenz im Büro abhängt – sondern eher von Fragen der Mitarbeiterführung, Motivation, Unternehmenskultur und der Förderung des individuellen Engagements.

Ein Beispiel: In einer Umfrage unter 800.000 Beschäftigten von Fortune-500- Unternehmen, durchgeführt Anfang 2021 vom Great Place to Work Institute in den USA, berichteten die meisten Beschäftigten von stabiler oder gar gestiegener Produktivität durch das Arbeiten von zu Hause aus. Hierzulande ergab eine Umfrage der Schwesterblätter Funkschau, ICT Channel und LANline letztes Jahr, dass sich 66 Prozent der Befragten mehr Flexibilität wünschen: ein hybrides Arbeitsmodell, also eine Mischung aus Büro- und Home-Office-Arbeit. Laut Citrix-Umfrage fühlen sich 69 Prozent der hybrid Arbeitenden produktiv – unter rein im Home-Office Tätigen sind es nur 56, bei der Bürobelegschaft sogar nur 51 Prozent.

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Digitale Hilfsmittel wie Web-Conferencing haben der standortübergreifenden Zusammenarbeit längst den Weg geebnet.
© Cisco

Das Problem: Die Einschätzung der Produktivität, nach der in solchen Untersuchungen gefragt wird, ist stets subjektiv – doch vielen Vorgesetzten fehlen die Werkzeuge, um Quantität und Qualität der Arbeit ihrer Remote-Belegschaft hieb- und stichfest zu beurteilen. Und so greifen viele Arbeitgeber eben auf jenen vertrauten Maßstab aus den Anfangszeiten der Industrialisierung zurück, als man den Output schlicht nach Stückzahlen pro Arbeitszeit bemaß. Vieles, was insbesondere höher qualifizierte Beschäftigte heute im Büro – oder eben im Home-Office – leisten, entzieht sich jedoch solch einfacher Bewertung. Entsprechend schwierig ist es, die Frage nach der Produktivität belastbar zu beantworten: Hier wären zunächst ergebnisorientierte Parameter zu definieren.

In Bezug auf die empfundene Produktivität jedenfalls zeigte eine Online-Befragung des Fraunhofer IAO, vorgestellt im März dieses Jahres, zwei Tendenzen, die der oben genannten Citrix-Umfrage widersprechen: „Wir erkennen hier mittlerweile zwei Lager, in denen sich Beschäftige entweder im Home-Office oder im Büro produktiver fühlen“, so Studienautorin Milena Bockstahler vom Fraunhofer IAO. Auch die Work-Life-Balance lässt sich laut den Befragten mal im Home-Office, mal im Büro besser herstellen. Und so will rund die Hälfte der Befragten ihrer Arbeitszeit in Zukunft (wieder) im Büro verbringen. Insbesondere die Möglichkeiten für Zusammenarbeit und informellen Austausch innerhalb der Belegschaft spielen dabei eine große Rolle: „Wir ziehen uns sozusagen gegenseitig wieder ins Büro“, so Fraunhofer-Forscherin Bockstahler.

Laut der Fraunhofer-Umfrage spielt die Qualität der technischen und ergonomischen Ausstattung des Heimarbeitsplatzes einen entscheidenden Faktor bei der Wahl des Arbeitsorts: Befragte, die zu Hause eher unzufrieden mit ihrem Setup waren, bevorzugten – wenig überraschend – die Arbeit im Büro. „Wir haben auch festgestellt, dass eine gute Anbindung an das Unternehmen und eine gute Verpflegung für viele zu den größten Anreizen für die Rückkehr ins Büro gehören“, so Bockstahler.

Die Folgerung der Fraunhofer-Forschung: „Angesichts der zeitlichen Ressourcen, die das Pendeln zum Büro in Anspruch nimmt, werden sich Unternehmen in Zukunft noch mehr mit der Thematik innovativer Bürokonzepte sowie erlebnis- und lernorientierter Büroformen auseinandersetzten müssen, um die Rückkehr ins Büro attraktiver zu gestalten.“ Besonders wichtig seien Rückzugsorte für produktives und fokussiertes Arbeiten. Um den informellen sozialen Austausch zu fördern, empfiehlt Fraunhofer IAO „Lounge-ähnliche offene Begegnungsorte und Erlebnisangebote“. Das Büro der Zukunft könne man als wichtigen Treffpunkt für soziale Zusammenarbeit und kreativen Motor in der Ideenfindung verstehen.

Dass die Unternehmenskultur – bei Apple als wesentliches Argument für Präsenz im Büro genannt – nicht unter verteiltem Arbeiten leiden muss, bestätigte jüngst eine Umfrage des MIT Sloan Management Review im Auftrag von Cisco unter 1.561 Beschäftigten aus Unternehmen mit über 5.000 Beschäftigten in 56 Ländern: 90 Prozent der Befragten erklärten hier, Remote Work wirke sich positiv auf die Unternehmenskultur aus. Fast die Hälfte (47 Prozent) gab an, die Übereinstimmung der Unternehmensprozesse mit den Unternehmenswerten habe sich dadurch verbessert – oder zumindest nicht verändert (41 Prozent). Inwieweit eine Aussagen quer durch die Belegschaften multinationaler Konzerne auf deutsche Mittelständler übertragbar sind, sei einmal dahingestellt.

„Die Vorbehalte gegenüber Home-Office und Hybrid Work sind in der Praxis unbegründet“, meint jedenfalls Detlev Kühne, Direktor Mittelstandskunden und verantwortlich für die strategische Entwicklung der Hybrid-Work-Aktivitäten bei Cisco Deutschland. „Hybrid Work verbessert die Unternehmenskultur. Für die Schaffung eines Zugehörigkeitsgefühls sind Führungsqualität und Kultur viel wichtiger als der Arbeitsort.“

Bei dieser Umfrage erklärten 68 Prozent der Befragten, die freie Wahl des Arbeitsortes sei ein wichtiger Faktor für ihr Engagement und Wohlbefinden. IT-Anbieter wie eben auch Umfragesponsor Cisco erwähnen an dieser Stelle gerne, dass die technischen Möglichkeiten für eine ortsungebundene (Zusammen-)Arbeit längst gegeben sind: Sie reichen von digitalen Workspaces über Online-Videokonferenz- und Collaboration-Tools bis hin zu SaaS-Angeboten, die ganze Prozesse in die Cloud verlagern und somit ortsunabhängig machen.


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