Freiwillig, anonym, aber keine Wunderwaffe: Die Corona-App vom Robert Koch-Institut ist in den Stores von Google und Apple verfügbar. Auch »kriminelle Trittbrettfahrer« stünden schon bereit, warnt das IT-Sicherheitsunternehmen Eset.
Nach wochenlangen Vorbereitungen ist die offizielle deutsche Warn-App für den Kampf gegen das Coronavirus nun am Start. In den App-Stores von Google und Apple stand die Anwendung bereits Dienstag Nacht zur Verfügung (»Corona App«, Robert Koch-Institut). Bis zum Morgen zählte Google Play Store mehr als 10.000 Downloads. Das Herunterladen soll für alle Bürger freiwillig sein, um mit Hilfe von Smartphones das Nachverfolgen von Infektionen zu erleichtern. Die Regierung wirbt für eine breite Nutzung und verspricht hohen Datenschutz. Forderungen nach einem Gesetz lehnte sie ab. Die Ärzte unterstützen die neue App.
Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, sagte gegenüber dpa: »Das ist ein sehr sinnvolles Instrument.« Die App sorge auf einfache Weise dafür, Infektionsketten zu erkennen. »Sie ermöglicht aber auch, persönliche Vorsorge zu treffen - indem man sich bei einer entsprechenden Warn-Meldung testen lassen kann.« Die App wirke natürlich nur dann, wenn man möglichst viele Menschen fürs Mitmachen gewinne. »Sie würde noch besser wirken, wenn man das System grenzüberschreitend in Europa gangbar machen könnte.«
Anders als beispielsweise in Frankreich, wo die Corona-Warn-App auf einer zentralen Datenspeicherung erfolgt, basiert die deutsche App auf einer dezentralen IT-Architektur. Nutzer der vom Robert Koch-Institut herausgegebenen App werden nicht im Klartext, per Namen oder Telefonnummer identifiziert, sondern es werden spezielle, anonyme und verschlüsselte Signaturen generiert.
Die App soll am Vormittag von Kanzleramtschef Helge Braun (CDU), mehreren Ministern, dem Robert Koch-Institut und den beauftragten Unternehmen SAP und Telekom vorgestellt werden. Sie kann messen, ob sich Handynutzer über eine längere Zeit näher als etwa zwei Meter gekommen sind. Ist ein Nutzer positiv getestet worden und hat dies in der App geteilt, meldet sie anderen Anwendern, dass sie in der Nähe eines Infizierten waren. Kontaktdaten werden nicht - wie zunächst vorgesehen - zentral gespeichert, sondern nur auf den Smartphones. Die Entwicklungskosten betragen rund 20 Millionen Euro. Hinzu kommen monatliche Betriebskosten von rund von 2,5 bis 3,5 Millionen Euro, was einige IT-Experten scharf kritisierten, wie CRN berichtete.
Keine Wunder zu erwarten
Der Chef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, nannte die App einen sinnvollen Baustein im Kampf gegen die Ausbreitung des Virus. »Es ist absolut sinnvoll, die Chancen der Digitalisierung für den Kampf gegen Corona zu nutzen«, sagte er der dpa. Die App könne aber auch keine Wunder vollbringen, und sie ersetze natürlich weder Abstands- noch Hygieneregeln. Eine längere Entwicklungszeit sei auch allemal besser als schlecht funktionierende Schnellschüsse, wie Erfahrungen aus anderen Ländern zeigten. Baas äußerte sich zugleich kritisch zur Rolle von Apple und Google. »Das Gesundheitswesen darf nicht in eine Abhängigkeitsfalle der großen US-Konzerne geraten - gerade, wenn es um den Umgang mit und die Nutzung von Daten geht.«