Produkttest Yealink SIP-T54W

Der IP-Tausendsassa

28. Juli 2023, 10:30 Uhr | Autor: Hannes Rügheimer / Redaktion: Diana Künstler
© connect professional/Yealink

Das IP-Telefon Yealink SIP-T54W ist ganz offensichtlich für größere Einsatzumgebungen konzipiert. Dank der umfangreichen Erfahrung seines Herstellers kann das Gerät aber auch Einzelnutzern oder kleineren Bürogemeinschaften gute Dienste leisten.

Der chinesische Hersteller Yealink bietet ein breites Sortiment an IP-Telefonen an. In der gehobenen Mittelklasse verortet ist dabei das zum UVP von 165 Euro angebotene Modell SIP-T54W. Während seine größeren Geschwister auf Touchscreens setzen, verfügt das T54W zwar über ein 4,3 Zoll (Diagonale 10,9 cm) großes Farbdisplay, aber keine Touch-Bedienung. Zum Navigieren dient eine Fünfwege-Tastenanordnung sowie eine Reihe von insgesamt 14 physischen Tasten, die rund um das Display angeordnet sind und deren programmierbare Funktion jeweils daneben auf dem Screen angezeigt wird. Hinzu kommen weitere physische Tasten für im Tagesgebrauch wichtige Funktionen wie Umschalten auf Headset, Freisprechen, Stummschaltung, Parken, Weiterleiten oder Wahlwiederholung. Auswahl, Ausführung und Anordnung der Tasten sowie das Bedienkonzept insgesamt zeigen, dass der Hersteller über große Erfahrung beim Design von Tischtelefonen verfügt.

Anbieter zum Thema

zu Matchmaker+
Screenshot 2 Yealink SIP-T54W
Zum Navigieren dient eine Fünfwege-Tastenanordnung sowie eine Reihe von insgesamt 14 physischen Tasten.
© connect professional/Hannes Rügheimer

Die Neigung des Farbdisplays lässt sich für optimales Ablesen stufenlos verstellen, im per Tastendruck aufrufbaren Hauptmenü erleichtern farbige Icons die Orientierung. Wer das Telefon nicht kennt, wird versucht sein, sie doch direkt per Touch zu steuern – tatsächlich muss die Auswahl jedoch über das Steuerkreuz erfolgen. Daran gewöhnt man sich aber schnell.

Kabelgebundene oder schnurlose Netzverbindung

Pro / Cons Yealink SIP-T54W
© connect professional/Hannes Rügheimer

Der Anschluss erfolgt über ein Gigabit-Ethernet-Kabel. Im von Yealink angenommenen Standardeinsatz liefert dieses auch per PoE (Power over Ethernet) die Stromversorgung. Ein Netzteil liegt deshalb gar nicht erst im Karton – wer eines braucht, kann ein passendes 5V-Netzteil für etwa 12 Euro nachkaufen. Wer das Telefon einzeln oder in kleineren Stückzahlen betreibt und von der Anbindung über ein einziges Kabel profitieren möchte, hat stattdessen die Option, für etwa 17 Euro einen „PoE-Injector“ zu erwerben. Und kommen mehrere T54W zum Einsatz, lohnt sich vielleicht auch die Investition in einen PoE-Switch, den es mit fünf Ports ab knapp 40 Euro gibt. In jedem Fall besitzt das Telefon eine Gigabit-LAN-Ausgangsbuchse und einen integrierten Mini-Switch, sodass sich ein Arbeitsplatz-PC dahinter anschließen lässt. Die Verbindung zum internen Netzwerk kann alternativ aber auch per WLAN erfolgen – dafür unterstützt das Gerät den Standard 11n (Wi-Fi 4) sowohl auf 2,4 als auch auf 5 GHz.

Tabelle: Leistungsumfang des Yealink SIP-T54W

Komfortable Konfiguration und Bedienung

Alle wichtigen Einstellungen lassen sich direkt im Telefonmenü vornehmen. Für die Grundkonfiguration empfiehlt es sich aber, über einen Webbrowser auf die Backend-Oberfläche des Geräts zuzugreifen. Beide Oberflächen lassen sich zwischen üppigen 18 Sprachen umschalten. Kleiner Kritikpunkt: In der deutschen Fassung und mit der aktuellen Firmware sind einige Einträge unübersetzt auf Englisch stehengeblieben.

Einzelnutzer oder kleinere Arbeitsgruppen können sich auf die wesentlichen Einstellungen wie die Konfiguration eines SIP-Kontos beschränken und alles Weitere im Werkszustand belassen. Man merkt dem T54W aber an, dass es konzeptionell für wesentlich größere Einsatzumgebungen ausgelegt ist. So lassen sich praktisch alle Einstellungen per Autoprovisionierung von einem Konfigurationsserver abrufen. Administratoren, für die es zu diesem Zweck ein eigenes Admin-Handbuch gibt, können auf Wunsch so gut wie alle Zuordnungen und Einstellungen des Telefons an den hauseigenen Bedarf anpassen. Das geht bis zu den auf den Funktionstasten hinterlegten Bedienschritten und bis zum Screendesign auf dem Display. Clever ist auch das Konzept von „Aktions-URLs“: Auf Tastendruck wird eine hinterlegte HTTP(S)-Adresse aufgerufen, über die etwa eine PBX oder eine Cloud-Telefonanlage komplexere Funktionen bereitstellen kann.

Screenshot 3 Yealink SIP-T54W
Einzelnutzer oder kleinere Arbeitsgruppen können sich auf die wesentlichen Einstellungen wie die Konfiguration eines SIP-Kontos beschränken und alles Weitere im Werkszustand belassen. Man merkt dem T54W aber an, dass es konzeptionell für wesentlich größere Einsatzumgebungen ausgelegt ist. So lassen sich praktisch alle Einstellungen per Autoprovisionierung von einem Konfigurationsserver abrufen.
© connect professional/Hannes Rügheimer

Hinzu kommen unzählige Anpassungsmöglichkeiten für die Netzwerkkonfiguration inklusive VLAN, LLDP oder NAT – von denen Nutzer, die hier keinen Modifikationsbedarf haben, jedoch besser die Finger lassen sollten. Sollte in dieser Hinsicht doch mal etwas schiefgehen, ist das Gerät aber schnell wieder auf Werkseinstellungen zurückgesetzt.

Ebenfalls schnell deutlich wird, dass Yealink davon ausgeht, dass sein Gerät an einer IP-Telefonanlage betrieben wird. Vor diesem Hintergrund gibt es zwar Bedienelemente und Einstellmöglichkeiten für Funktionen wie das Abhören eines Anrufbeantworters oder das Lesen und Verfassen von SMS – die eigentlichen Funktionalitäten müssen aber von der PBX beziehungsweise aus dem Netz bereitgestellt werden. Besonders eng arbeitet der Hersteller zu diesem Zweck mit Systemen von Placetel/Cisco zusammen.

Einen lokalen Anrufbeantworter sucht man daher im T54W vergebens. Das Handbuch weist zwar auf die Möglichkeit hin, einen in FAT32 formatierten USB-Stick als zusätzlichen Speicher anzustecken, der dann zum Mitschneiden von Gesprächen genutzt werden kann. Aber mit den lokal verfügbaren Einstell- und Bedienmöglichkeiten ist uns das nicht gelungen – das Admin-Handbuch legt nahe, dass dies in einer zentralen Konfigurationsdatei freigeschaltet werden muss.

Umfangreiche Erweiterungsmöglichkeiten

Mit Massenspeicher scheint das Gerät aber auch ohne USB-Stick auskömmlich bestückt zu sein. Darauf weisen jedenfalls die möglichen Größen für eine lokales Telefonbuch und eine lokale Blacklist (jeweils 1000 Einträge) sowie für ein von einem Server bezogenes übergreifendes Telefonbuch (bis zu 5000 Einträge) hin. Außerdem kann das T54W mit einer in der Google-Cloud gespeicherten Kontaktliste verknüpft werden. Zu jedem Telefonbucheintrag kann auch ein Foto hinterlegt werden, das dann bei Gesprächen mit dem jeweiligen Kontakt im Display erscheint.

Die auf der Geräterückseite angeordnete USB-Buchse bietet noch weitere Möglichkeiten: Hier lässt sich auch eines der von Yealink angebotenen USB-Headsets anschließen – im Zweifel auch eine kabellose Variante, dann hängt an der USB-Buchse die Sendeeinheit. Alternativ gibt es auch den für rund 30 Euro angebotenen DECT-Dongle DD10K, an dem sich dann bis zu vier schnurlose Telefone anmelden lassen, die laut Datenblatt auch alle gleichzeitig über IP telefonieren können. Angesichts der Vielzahl der Optionen würde man sich möglicherweise wünschen, dass das T54W mehr als eine USB-Buchse bereitstellte. Für ein schnurgebundenes Headset gibt es allerdings auch noch eine eigene Buchse auf der Geräteunterseite.

Über 200 Kurzwahlziele? Ja, das geht.

Screenshot 1 Yealink SIP-T54W
Screenshot der Anrufliste
© connect professional/Hannes Rügheimer

Apropos Erweiterungen: Kurzwahlziele lassen sich im Telefon auf bis zu drei Bildschirmseiten ablegen, sodass bis zu 27 Direktwahlziele lokal angeboten werden. Wem das nicht reicht, der kann bis zu drei Tastenfeldmodule vom Typ EXP50 (um 90 Euro) andocken. Die zeigen mit jeweils eigenem Farbdisplay jeweils 20 weitere Kurzwahlziele auf bis zu 3 Bildschirmseiten an, pro Modul also weitere 60 Rufnummern. Mit den Modulen lassen sich auch Features wie ein Besetztlampenfeld realisieren. Sollen solche Funktionen lieber über eine PC-Oberfläche abgebildet werden, bietet Yealink auch dafür die erforderlichen Software-Schnittstellen.

Fortgeschrittene Kollaborationsfunktionen wie Chef-Sekretariat-Schaltung, ACD (Automatic Call Distribution), Teamschaltung, Hotdesking und vieles mehr, beherrscht das T54W bereits in der Grundausstattung – sie brauchen natürlich wiederum entsprechende Unterstützung durch eine PBX. Das gilt auch für alltäglichere Komforttelefonie-Features wie Halten, Weiterleiten, Konferenzschaltung und Co. Im Praxistest lief all dies aber auch an einer Fritzbox.

Für Großes konzipiert, aber auch in kleineren Umgebungen überzeugend

Siegel Juli 2023, Yealink SIP-T54W
© connect professional

Die Klangqualität gefiel den Testern im Praxisbetrieb sehr gut – sowohl über den Hörer als auch im Freisprechbetrieb. In letzterem sorgt die Funktion „Acoustic Shield“ für die Unterdrückung von Störgeräuschen.

Das Yealink SIP-T54W schafft damit einen beeindruckenden Spagat: Es bietet unzählige Features und Einstellmöglichkeiten, die auf einen Einsatz in sehr großen Unternehmensumgebungen mit Hunderten oder Tausenden von Nebenstellen ausgelegt sind. Ebenso überzeugt das Gerät aber auch als einzelnes IP-Festnetztelefon an einem Einzelarbeitsplatz oder in kleineren Arbeitsgemeinschaften. Das muss man in dieser Konsequenz und Stabilität erst mal hinbekommen – Yealink hat es gut geschafft.


Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Yealink Network Technology Co. 4th-5th Floor, South Building

Weitere Artikel zu IP-Telefonie

Weitere Artikel zu Telefone (VoIP, ISDN, DECT, etc.)

Matchmaker+