Arbeitswelt

Industrie 4.0: Bye bye Jobs?

16. April 2014, 13:02 Uhr | Von Corinne Schindlbeck

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Das sagt die Gewerkschaft

Den klassischen Feind-Part will Gewerkschafterin Dr. Constanze Kurz, Ressortleiterin Ressort Zukunft der Arbeit und zweite Vorsitzende im Vorstand der IG Metall, nicht spielen. Arbeitsplatzverluste im großen Stil, diese Ängste schürt sie nicht - sondern mahnt zur positiven Betrachtung: etwa das Verbesserungspotenzial für die eintönige Arbeit in der Großserienproduktion. "Industrie 4.0 muss und wird auch eine Umorganisation der Arbeitsstrukturen beinhalten", davon zeigt sie überzeugt.

Sebastian Schlund sieht zudem die Chance, die demographisch bedingt knapper werdenden Hochqualifizierten von zeitraubenden Tätigkeiten zu entlasten, damit sie mehr Entwicklungsarbeit leisten können. Eine Maßnahme, um die vorhandenen Fachkräfte effizienter einzusetzen. "Ich spreche von einer Reduzierung der so genannten Chaos-Kosten: Wie oft muss ein Ingenieur Daten von A nach B in Systeme klopfen, anstatt reiner Entwicklungsarbeit nachzugehen? Da haben wir viele Produktivitätshebel", so Schlund.  

Dr. Bernd Haeuser ist zuständig für "Manufacturing Coordination, Production System Development and Investment Planning (C/MP)" bei  Bosch und damit zuständig für die Fertigungs-IT.  Er ist sich sicher: Der Inhalt der Arbeit werde sich verbessern, und auch die Anzahl der Arbeitsplätze. Der Consumer-Bereich mache es vor, wie die Echtzeitfähigkeit Einzug halte. Das alles werde nun auf die Industrie projiziert – und das habe nichts mit Automatisierung zu tun, da pflichtet er seinem  Kollegen Schlick von der Wittenstein AG bei. "Überhand nehmen" werde der Service-Ansatz durch Echtzeit-Daten in Zukunft aber nicht. Er hält eher eine Individualisierung möglich, nicht zuletzt durch 3D-Druck und additive Fertigung

Die Rolle des Mitarbeiters in dieser Produktionsumgebung? Er wird derjenige sein, der die Fäden zur Prozessverbesserung weiterhin in der Hand hält, glaubt Haeuser. Sensorik werde einen denkenden und handelnden - und damit lernenden Menschen – nicht ersetzen können. Conclusio: "Der Mensch wird in diesem Prozess eher an Gewicht gewinnen", so der Bosch-Manager. Um die Belegschaft über etwaige "Motivationshürden" mitzunehmen, existieren bei Bosch laut Haeuser aktuell rund 50 Pilotprojekte zu Industrie 4.0. Was sich als nützlich erweisen werde, werde in Folge über relevante Bereiche ausgedehnt.

Womöglich beinhaltet der Wandel zu Industrie 4.0 auch eine neue Chance für "Wissensmanagement", ein schon leicht angestaubtes Buzzword, weil IT-Anbieter schon ein Jahrzehnt lang damit hausieren gehen, das sich aber nie richtig zum Trend entwickelt hat. Schlick sieht einen Trend zur "Industrialisierung von Wissensarbeit, denn schließlich sei man damit als Industrie noch in der Steinzeit."

Ein Problem bleibt die Verheiratung der beteiligten Disziplinen, also vorrangig Maschinenbau und IT. "Da begegnen sich zwei Welten", seufzt Constanze Kurz. Zwar existiere die Forderung nach Interdisziplinarität schon seit Jahren, doch mit der Umsetzung hapert es. "Ein Wissenstransfer findet nicht statt", so Kurz, weder auf Unternehmens- noch auf Hochschulebene.

Noch ausgeschlossen sind auch Disziplinen, die sich wissenschaftlich mit dem Umbau der Arbeitsorganisation befassen, schließlich sei Industrie 4.0 "keine rein technische Kiste", so Kurz.  Ja, das sei erst im Kommen, pflichtet ihr Sebastian Schlund bei. Und auch Haeuser gibt zu: Wir stehen ganz am Anfang!

 


  1. Industrie 4.0: Bye bye Jobs?
  2. Das sagt die Gewerkschaft
  3. Umbau der (Arbeits-)Organisationen

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