CRM-Systeme

KI als Partner des Menschen sehen

12. November 2018, 10:46 Uhr | Sabine Narloch

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

"Menschen haben außergewöhnliche Fähigkeiten, wir sind nicht einfach durch Maschinen zu ersetzen"

Salesforce Oliver Oursin
Oliver Oursin ist Vice President Solution Engineering EMEA Central bei Salesforce.
© Salesforce

funkschau: Stichwort Hyperindividualisierung: Inhaltlich relevante Informationen zum richtigen Zeitpunkt auf dem vom Nutzer bevorzugten Kanal erhalten – klingt eigentlich gar nicht so schwierig – oder doch?
Oursin: Das Prinzip, jemanden auf dem richtigen Kanal zur richtigen Zeit mit der richtigen Nachricht anzusprechen, ist eine Jahrzehnte alte Erkenntnis. Mit KI geht es aber darum, dass wir die Präferenzen eines Kunden erkennen, ohne dass wir darüber mit ihm gesprochen haben. Das setzt eine entsprechende Datenqualität und eine ausreichend große Datenmenge voraus. Datenmenge, Rechenleistung, Datenintegration: Das sind die drei Grundbausteine für Hyperindividualisierung. Die Rechenleistung hatten wir vor ein paar Jahren noch nicht. Aufgrund der Datenintegration verfolgen wir bei Salesforce den Plattformgedanken: Wenn die Daten alle auf einer Plattform liegen, müssen sie nicht aufwändig integriert werden. So werden individuelle, personalisierte Ansprachen erst möglich. Wenn ein Unternehmen einen vollständigen Blick auf einen Kunden hat – von der Verkaufsseite über Marketing bis hin zum Service – dann lässt sich die Personalisierung übergreifend durchführen. Genau das ist für viele Unternehmen aber ein Problem, weil sie nicht ein System, sondern verschiedene haben – beispielsweise für Tickets, Marketing oder Verkaufsoptimierung. Diese Daten dann für einen Rundumblick zusammenzubringen, ist aufwendig.
 
funkschau: Könnten wir mit KI in CRM- und ERP-Systemen schon weiter sein? Oder kommen immer wieder (technische) Probleme auf, die die Entwicklung bremsen?
Oursin: Ich glaube nicht, dass Technologie die Entwicklung noch bremst. Natürlich gibt es Felder, an denen wir noch arbeiten – das Erkennen und Verarbeiten der menschlichen Stimme, Sprache und Emotion etwa. Aber da könnten wir nicht weiter sein, diese Entwicklung dauert. Was uns behindert, sind eher Dinge wie die verteilten Systemarchitekturen. Lassen Sie mich ein simples Beispiel nennen: Um eine Verkaufschance zu optimieren, muss ich wissen, wie die Service-Tickets beim Kunden aussehen. Bei vielen Unternehmen weiß der Vertrieb das aber nicht. Einen anderen, berechtigten Hinderungsgrund stellen rechtliche und ethische Rahmenbedingungen dar, die einzuhalten sind. Nur wenn wir alle Komponenten berücksichtigen, wird KI einen positiven, sinnvollen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten.
 
funkschau: Werden uns Systeme künftig besser kennen als unsere eigene Familie? Spracherkennung beziehungsweise Emotion AI soll die Stimmung eines Anrufers besser einordnen können als ein menschlicher Zuhörer.

Oursin: Auf keinen Fall. Wir als Menschen haben außergewöhnliche Fähigkeiten, wir sind nicht einfach durch Maschinen zu ersetzen. Klar, den Durchschnittswert über Jahres-Orders oder Prognosen des Kaufverhaltens – das sind Berechnungen, bei denen Computer besser sind als wir. Aber nicht bei emotionaler Intelligenz. Oder bei Fragestellungen, auf die wir das erste Mal treffen. KIs können automatisiert Dinge lösen, die wir kennen, für die wir sie trainieren können. Natürlich gibt es bei Emotion AI spannende Entwicklungen, etwa das Erkennen von Gesichtsausdrücken. Aber Menschen im direkten Gespräch finden einen ganz anderen Zugang zu ihrem Gegenüber. Es geht eher darum, dass KI künftig besser einschätzen kann, wann bei einer Interaktion an einen Mitarbeiter weitergegeben werden muss, um auf den Kunden zuzugehen. Auch hier agiert die KI wieder als Partner des Menschen.
 
funkschau: Wo sehen Sie an der „Schnittstelle“ Mensch – Künstliche Intelligenz Probleme oder Herausforderungen?
Oursin: Ein Problem ist die unbegründete Angst der Menschen, dass sie von KI ersetzt werden. Das wird nicht passieren. Bei der Einführung von KI sollte daher den Mitarbeitern klar gemacht werden, dass die Technologie zwar zu deutlichen Veränderungen führen wird, aber sie wird unsere Möglichkeiten vergrößern, nicht verringern – so wie wir es bei jeder anderen Industriellen Revolution gesehen haben. Ein weiteres Problem ist, dass langjährige, erfahrene Mitarbeiter einen technischen Partner nicht immer akzeptieren. Auch das müssen wir adressieren – je nach Generation. Gelöst werden kann das darüber, dass die KI die Sprache der Mitarbeiter spricht und in ihre Systeme integriert wird. Die KI muss sich dem Menschen anpassen, nicht andersherum.
 
funkschau: Was wird hinsichtlich KI in CRM/ERP das nächste „große Ding“ sein?
Oursin: Auf der einen Seite stellen KI und Digitalisierung generell die nächste große Revolution in unser aller Arbeitsleben dar. Das wird ein großer Umbruch sein. In der Arbeitswelt werden wir dadurch aber auch Unterstützung erhalten, die es früher nicht gab. Das ist wie vor 30, 40 Jahren in der Herstellung: Damals kamen die Roboter und nahmen uns schwere körperliche Arbeit ab. Genauso wird uns KI bei zeitraubender geistiger Arbeit entlasten. Technisch betrachtet wird, wie schon erwähnt, Sprache das nächste große Ding sein.

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