Noch hat sich die Kommunikation per Video nicht überall durchgesetzt. Doch der Vormarsch wird sich nicht aufhalten lassen, denn die Anwendungsbereiche sind vielfältig. In etlichen Fällen beschleunigen und erleichtern Videokonferenzen Abläufe, von der Kaufentscheidung bis zum Arztbesuch.
Von Angesicht zu Angesicht miteinander zu reden, ohne am selben Ort zu sein, das ermöglicht die Kommunikation per Audio oder Video. Die Zeiten, in denen man dafür teure Raumlösungen und spezielle Netzwerkanbindungen benötigte, sind vorbei. Ein Headset auf den Kopf, die Bildschirmkamera an und den Anruf entgegennehmen, schon sieht und hört man sich. Was vor zehn Jahren noch undenkbar erschien, ist dank heutiger Hardware, Software und Breitband-anschlüsse im privaten Bereich bereits Alltag. Die offizielle Freigabe von WebRTC durch das W3C hat zusätzlich Vorschub geleistet. Mit der Standardisierung ist es jetzt möglich, auch Browser-basiert, ohne die Installation weiterer Software zu kommunizieren. Das eröffnet vielversprechende Möglichkeiten über alle Branchen hinweg.
Beratung 4.0
In den letzten Jahren hat sich das Einkaufsverhalten der Endkunden grundlegend geändert. Wofür man früher Fachgeschäfte vor Ort aufgesucht hat, bestellt man heutzutage im Internet. Doch was tun, wenn Beratung erforderlich ist? Die derzeit angebotenen Chat-Lösungen sind bei kleineren Fragen meist hilfreich, ersetzen aber oft nicht das persönliche Beratungsgespräch vor Ort. Denn wer möchte dem Versicherungsberater vor dem Vertragsabschluss nicht zumindest einmal in die Augen sehen? Daher kann die Kommunikation über Video in den unterschiedlichsten Branchen wichtig und sinnvoll sein. Ein Beratungsgespräch über Video ist persönlicher und verbindlicher als am Telefon. Man sieht den Gesprächspartner sowie dessen Gestik und Mimik. Unternehmen können so – sicherlich nicht vollständig, aber in vielen Fällen – teure und zeitaufwendige Besuche bei Kunden oder Interessenten durch ein Gespräch per Video ersetzen. In allen Branchen, in denen die Beratung von Kunden aufgrund erklärungsbedürftiger Produkte und Dienstleistungen eine wesentliche Rolle spielt, können Unternehmen, oder auch Behörden, durch die Kommunikation per Video profitieren. Das gilt insbesondere in den Unternehmensbereichen Vertrieb, Service oder Personalwesen. Beispielsweise kann ein Beratungs- oder Verkaufsgespräch über die Webseite zum Abschluss einer Versicherung oder zum Kauf eines Autos führen. Der Kunde authentifiziert sich über Video, der Vertrag wird rechtsgültig. Es ist auch denkbar, dass ein Bankkunde von zu Hause aus ein Konto eröffnen kann. Er kommuniziert über Video mit dem Bankberater. Die Situation ist nahezu dieselbe wie im persönlichen Gespräch. Um seine Identität zu verifizieren, hält er seinen Personalausweis in die Webcam. Dank der Videolegitimation kann der Bankberater sicher sein, die richtige Person vor sich zu haben. Wird die Möglichkeit zur Videokommunikation zusätzlich noch mit einer Authentisierung verknüpft, erhöht dies nicht nur die Sicherheit, sondern ermöglicht zudem eine direkte Integration in die Geschäftsprozesse des Unternehmens. So bekommt der Mitarbeiter schon bei Eingang des Anrufs alle kundenrelevanten Daten angezeigt und kann den Anrufer persönlich begrüßen und sofort professionell beraten. Während des Gesprächs hat der Mitarbeiter in entsprechenden Systemen die Möglichkeit, angebundene ERP- oder CRM-Branchenlösungen aufzurufen und beispielsweise eine Bestellung aufzunehmen.
Ein weiteres großes Einsatzfeld ist die Telemedizin. Die Videosprechstunde beim Arzt ersetzt den Haus- oder Arztbesuch. Der Arzt sieht über Video wichtige Details, beispielsweise Hautausschläge, und kann von der Ferne eine Diagnose stellen oder zumindest besser beraten als nur telefonisch. Gerade in ländlichen Bereichen, in denen der nächste Arzt weiter weg ist, bedeutet der Weg für einen kranken oder älteren Menschen mitunter eine große Anstrengung. In diesen Fällen über Video mit Patientinnen und Patienten zu sprechen, erleichtert sicherlich die ärztliche Versorgung in Regionen, die keine flächendeckende Ärzteabdeckung haben.
Darüber hinaus können Angehörige mittelefonieren: Statt eines Headsets kann der Lautsprecher und das Mikrofon beispielsweise des Laptops genutzt werden. Angehörige und Patienten sprechen dann gemeinsam mit Ärztin oder Arzt. So lassen sich wichtige Fragen von Angesicht zu Angesicht klären, ohne eine weite, anstrengende Fahrt auf sich nehmen zu müssen. Aufgrund der sicheren Peer-to-Peer-Verbindung auf Basis des WebRTC-Standards können auch sensible Patientendaten ausgetauscht werden, ohne befürchten zu müssen, dass diese in falsche Hände geraten. Die Anforderungen an die Ausstattung der Patienten sind gering: Gängige aktuelle Laptops haben eine Webcam integriert, dazu kauft man sich noch ein Headset mit USB- oder Bluetooth-Anschluss oder nutzt das Mikrofon des Laptops.
Ein weiteres Anwendungsbeispiel sind Bewerbungsgespräche. Diese lassen sich direkt über die Webseite des Arbeitgebers führen, ohne dass zusätzliche Software vom Bewerber installiert werden muss. In dieser Form kann ein Erstgespräch mit dem Bewerber stattfinden.