Mobiler Zugriff auf Daten wird immer wichtiger, auch im Hinblick auf Daten im ERP-System. Doch was, wenn sich der Vertriebsmitarbeiter gerade in einem Funkloch befindet? Über den Einsatz mobiler ERP-Lösungen hat funkschau mit Daniel Schüllner von Pro Alpha gesprochen.
funkschau: Ein mobiles ERP ist praktisch – auch in einem Kühlhaus ohne Netzempfang?
Daniel Schüllner: Es gibt in Unternehmen stark abgeschirmte Bereiche ganz ohne Mobilnetz. Kühlhäuser gehören dazu oder auch Keller. Dort kann es tatsächlich passieren, dass offline aufs mobile Endgerät heruntergeladene Daten veraltet sein können und sich erst später mit dem ERP-System synchronisieren lassen. Ob eine solche Verzögerung vertretbar ist, hängt natürlich vom jeweiligen Use Case ab. Wenn ein Vertriebsmitarbeiter einen geänderten Ansprechpartner nicht angezeigt bekommt, lässt sich das verschmerzen. Aber beim Thema Lagerentnahmen ist Echtzeit ein „Muss“. Besonders wenn mehrere Mitarbeiter auf die gleichen Daten zugreifen. Kommissionieren Picker im Lager ihre Aufträge, benötigen sie aktuelle Daten. Sonst besteht die Gefahr, dass abhängige Prozesse ins Stocken geraten oder auch die Datenqualität leidet.
funkschau: Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang generell die Netzabdeckung?
Schüllner: Es gibt natürlich in der DACH-Region immer noch so genannte „blinde Flecken“, in denen wenig oder kein Empfang möglich ist. Das ist natürlich für Mitarbeiter, die unterwegs sind, relevant. Hier gibt es aber Möglichkeiten zur Überbrückung, beispielsweise bietet der Webtechnologiestandard HTML 5 eigene Offline-Funktionen an. Überall, wo Echtzeit-Informationen gefragt sind, macht das jedoch weniger Sinn. Um beim Beispiel aus dem Lager zu bleiben: Ein Lagerbestand, der physisch verfügbar ist, muss auch auf allen Geräten transparent und mit aktuellem Status eingesehen werden können. Ist das nicht gegeben, dann ist eine Offline-Variante nicht das richtige.
funkschau: Ein mobiles ERP ist also immer als Zusatzangebot zu verstehen?
Schüllner: Ja, es ist eher ein additiver Ansatz. Das klassische ERP bleibt das digitale Rückgrat des Unternehmens und die mobilen Prozesse können angrenzen, wie im Bereich Vertrieb, Service oder Logistik. Oder nehmen Sie die Geschäftsleitung eines Unternehmens. Sie benötigt letztlich die gesamten Daten des ERPs, greift aber selten über das eigentliche ERP zu. Stattdessen geschieht das meistens über konsolidierte Datenbestände, beispielsweise eine Business Intelligence Software, und dieser Zugriff erfolgt meist von mobilen Endgeräten aus. Grundsätzlich ist ein solcher Zugriff also schnell und überall verfügbar und immer transparent.
funkschau: Welche Rolle spielt im Zusammenhang von mobilem ERP die Cloud?
Schüllner: Die Cloud erleichtert den mobilen Zugriff auf Daten. Das geschieht netzwerkunabhängig. Ist das ERP in der Cloud, reicht möglicherweise ein Webbrowser und schon kann ich darauf zugreifen und das System nutzen. Cloud ist zudem ein sehr gut skalierendes Vehikel. Wenn sich die User- oder Zugriffszahlen erhöhen, kann das System sehr gut mitskalieren, da in den größeren Rechenzentren in der Regel mehr Rechner- und Speicherressourcen bereitstehen als in der unternehmenseigenen Infrastruktur. Eine Cloud ist aber keine zwingende Voraussetzung für ein mobiles ERP.
funkschau: Verfügbarkeit und Transparenz dürften somit die Hauptgründe für eine mobile Variante sein. Welche Gründe spielen für Unternehmen noch eine Rolle?
Schüllner: Ein weiterer Grund ist, dass die direkte Eingabe der Daten vor Ort weniger Medienbrüche mit sich bringt. So müssen Mitarbeiter nicht umständlich von Papier auf digital umswitchen, sondern können neue Informationen an Ort und Stelle in einem Medium nachziehen. Service-Mitarbeiter können beispielsweise Informationen zum jeweiligen Service-Termin direkt eingeben und müssen das nicht zu einem späteren Zeitpunkt an ihrem Arbeitsplatz im Unternehmen nachpflegen. Das reduziert die Fehlerhäufigkeit enorm und erhöht die Datenqualität. Beides spricht für die Nutzung von mobilen Lösungen im ERP-Konzept.
funkschau: Das setzt voraus, dass die Nutzer das auch machen. Wie ist es bei diesem Thema um die Akzeptanz bestellt?
Schüllner: Die Akzeptanz der Nutzer sollte nicht außer Acht gelassen werden. Das gilt allerdings nicht nur für mobile ERP-Lösungen, sondern auch für die klassischen Enterprise-Lösungen. Grundsätzlich ist zu mobilen Lösungen zwar zu sagen, dass viele diese aus dem privaten Bereich kennen. Sie sind mit den Geräten größtenteils vertraut und merken selber die Vorteile im Arbeitseinsatz. Dennoch: Wenn User nicht früh genug mit einbezogen werden, sondern es von oben auf oktroyiert wird, kann das problematisch sein.