Neben den regionalen Netzen könnten auch die Kabelnetzbetreiber zunehmend eine Rolle im Glasfaserausbau spielen. Bereits mit Docsis 3.0 haben sie Glasfaser sehr nahe zum Kunden gebracht – teilweise sogar bereits bis in die Keller der Gebäude. Bei steigender Kundenanzahl wird dies auch notwendig sein, um das Werbeversprechen „bis zu 120 MBit/s“ erfüllen zu können. Und Beispiele in Portugal (ZON), Frankreich (Numericable) oder der Schweiz zeigen, dass dann Schritt für Schritt die nachfragenden Endkunden mit Glasfaser bis in den Haushalt versorgt werden.
Einige Überraschungen könnten auch die bisherigen Mobilfunkanbieter bringen. Während es immer noch Personen gibt, die glauben, dass LTE vielleicht sogar FTTH ersetzen könnte, sind sich Fachleute und Betreiber einig, dass diese beiden Technologien parallel zueinander existieren werden, da sie sich perfekt ergänzen. Allerdings bedeutet LTE auch, dass eine hohe Anzahl von Basisstationen mit Glasfaser angebunden werden muss. Und wenn man in einer Großstadt sowieso auf jedem dritten Haus eine solche Basisstation errichten muss, ist es wenig überraschend, dass Mobilfunkanbieter dann „nebenbei“ auch gleich Endkunden mittels direkter Glasfaser-Kabelanbindung versorgen.
Neben dem zusätzlichen Festnetzgeschäft könnten schon bald Mikrozellen, das heißt private Basisstationen dabei helfen, die explodierenden Datenmengen im Mobilbereich zu bewältigen. Unter diesem Aspekt erklärt sich auch, warum zum Beispiel Vodafone plötzlich in Deutschland in den Festnetz-Ausbau investiert und in Portugal bereits ein ansehnliches Glasfaser-Netz betreibt, sowie in anderen Ländern, wie beispielsweise in Italien, an FTTH-Konsortien beteiligt ist. Ein ähnliches Beispiel ist Superonline, ein FTTH-Anbieter in der Türkei, der es 2010 sogar geschafft hat, das Land in das weltweite FTTH-Ranking zu bringen. Dieses Unternehmen ist eine Tochtergesellschaft des Mobilfunkanbieters Turkcell, der damit wahrscheinlich gleichzeitig sein LTE-Backbonenetz errichtet.
In diesem kompetitiven Umfeld wird es spannend, zu sehen, wie die klassischen Telekommunikationsanbieter – inklusive der Deutschen Telekom – agieren werden. Gerade die DTAG hat ja nun zaghaft mit dem FTTH-Ausbau begonnen, größere Investitionen sollen bereits 2012 folgen. Wirklich neu und überraschend in diesem Zusammenhang ist jedoch die Tatsache, dass nun auch Kooperationsmodelle zunehmend in den Fokus der ehemaligen „Platzhirschen“ gelangen. Erst Anfang Mai hat die „Arbeitsgruppe Interoperabilität“ des NGA-Forum unter Mitarbeit von Vertretern aller großer TK-Anbieter in Deutschland – einschließlich DTAG – ein Dokument vorgestellt, das die technischen und operationellen Aspekte des Zugangs zu Glasfasernetzen in Deutschland beschreibt. Banal ausgedrückt ebnet dieses Dokument erstmals den Weg zu Kooperationen zwischen den verschiedenen Netzbetreibern zur Nutzung der jeweils anderen Glasfaser-Infrastruktur. Parallel dazu taucht in Präsentationen und Vorträgen der DTAG die Idee von „Open Access“ mit „Standardisierung des Netzzugangs“ verstärkt auf.