Technische Stolpersteine in der Videoüberwachung

Wenn's auf die Details ankommt

14. Juli 2015, 15:25 Uhr | Edwin Roobol, Regional Director Middle Europe bei Axis Communications
© Axis Communications

Sicherheitskameras sind in der heutigen Geschäftswelt etabliert. Man denke nur an den Einzelhandel, wo jährlich rund 3,3 Milliarden Euro Schaden durch Warendiebstähle von Kunden, eigenen Mitarbeitern sowie Lieferanten oder Service-personal anfallen. Videoüberwachung liefert wertvolle und vor allem (hoffentlich) verwertbare, visuelle Daten zur Aufklärung. Doch der Begriff „verwertbare Bilder“ ist oftmals ein gewisses Glücksspiel. In Zeiten von HDTV, Wide-Dynamic-Range (WDR) und hohen Lichtempfindlichkeiten sollte man eigentlich meinen, dass die Bildqualität auf einem sehr hohen Niveau ist. Leider ist dies nur sehr selten der Fall und die Videoforensiker fordern "Gebt uns mehr Details!".

Grundsätzlich ist die Hauptaufgabe einer Videoüberwachungsanlage die Sicherstellung von Beweismitteln. Denn in Zeiten zunehmend repressiver Polizeiarbeit wird es immer wichtiger, detaillierte Informationen zum Tathergang und idealerweise auch Informationen zum Täter zu bekommen.

Sicherheitskameras liefern dazu die visuellen Daten. Doch wie so oft stellt sich auch hier die Frage nach der Qualität der gelieferten Videobilder. Denn nur, wenn Personen identifizierbar und Geschehnisse sichtbar sind, kann man von einem echten Beweismittel sprechen.

Und tatsächlich, die Qualität der Beweismittel ist in vielen Fällen wenig hilfreich für eine forensische Analyse. Selbst bei ausreichender Pixeldichte (Pixel/Meter) sind die Details oft sehr undeutlich. Die mit Abstand häufigste Ursache ist die Videokompression selbst. Auch wenn der Errichter wirklich alles in puncto Installation, Ausrichtung und Kameraeinstellungen bedacht hat, die Kompressionseinstellungen für H.264 bleiben im Regelfall völlig unangetastet. Typischerweise verlässt man sich auf die Default-Einstellungen in der Kamera, im Recorder oder im Videomanagementsystem. Dies kann in der Praxis zu undeutlichen Bildern führen.

Speicherplatz und Bitrate vs. Bildqualität

Für die Aufzeichnung ist die von der Kamera oder dem Encoder erzeugte Datenrate die elementare Kalkulationsgröße. Je höher die Datenrate, desto mehr Speicherplatz wird verbraucht und desto mehr Daten werden über das Netzwerk übertragen. Die Datenrate einer IP-Kamera ist dabei dynamisch, das heißt sie schwankt in Abhängigkeit der Szenenkomplexität. Diese wird von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst. Es ist ein Unterschied, ob ein stark frequentierter Eingangsbereich einer U-Bahn überwacht wird oder der Hintereingang eines Lagers, wo sich nur wenige Personen oder Fahrzeuge aufhalten beziehungsweise bewegen.

Um den Speicherplatz sowie die Bitrate zu optimieren, bestimmen viele der gängigen IP-Kameras im Markt automatisch und eigenständig den Kompressionsgrad. Wichtig ist der so genannte MBR-Wert (Maximum-Bit-Rate). Der Bitrate-Controller sorgt in der Kamera für die Einhaltung der MBR-Werte. Er vergleicht ständig den gewünschten MBR-Wert mit der tatsächlichen Bitrate. Ist die tatsächliche Bitrate höher als der MBR-Wert, wird der Kompressionsgrad angehoben. Sinkt die Bitrate wieder ab und liegt unter dem MBR-Niveau, wird er wieder abgesenkt.

Die MBR-Methode wurde ursprünglich entwickelt, um Videostreams einer beliebigen (hohen) Bitrate auf eine niedrigere Bitrate zu bringen, etwa für das Live-Streaming. In der Videotechnik können niedrige MBR-Werte jedoch als unprofessionell bezeichnet werden. Der Grund: Sie können sehr leicht forensisch wertvolle Informationen vernichten. Und das obwohl die Kamera aus technischer Perspektive eigentlich in der Lage wäre, diese sauber zu dokumentieren. Denn die Kamera entscheidet selbstständig über den Kompressionsgrad, primär in Abhängigkeit der Szenenkomplexität an sich. Anders formuliert wird genau dann stärker komprimiert wenn etwas im Bild passiert. Doch dies sind meistens genau die Momente in denen der Forensiker nach Informationen sucht.

Die Empfehlung lautet daher unbedingt die Default-Werte in der Kamera, im Network-Video-Recorder (NVR) oder im Videomanagement zu überprüfen und äußerst kritisch zu hinterfragen. Zudem gibt es bereits eine innovative Technologie, mittels der die Kamera erkennt, welche Bildinhalte komprimiert werden können, ohne den forensischen Wert der Aufnahme zu reduzieren. So kann die Bitrate im Durchschnitt so weit wie möglich abgesenkt werden, ohne die großen Nachteile der in der Branche üblichen MBR-Limits in Kauf nehmen zu müssen.

Anbieter zum Thema

zu Matchmaker+

Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Axis Communications GmbH

Weitere Artikel zu Viren-/Malware-Schutz

Weitere Artikel zu Mobile Security

Weitere Artikel zu Videoüberwachung

Matchmaker+