Vernetzte und autonome Mobilität ist datengetrieben. Eine wichtige Rolle spielen dabei zum einen Standortdaten. Zum anderen bieten Informationen aus Fahrzeugsensoren Aufschlüsse, die das vernetzte Fahren sicherer und effizienter gestalten.
Fahrzeuge sammeln über ihre Sensoren viele verschiedene Daten zu ihrer Umgebung, zum Verkehr und zur jeweiligen Route. Wenn diese Daten geteilt werden, können neue Dienste und eine neue Art von Mobilität entstehen. Dazu bedarf es einer zentralen Plattform, welche die Daten sammelt, anreichert und in den richtigen Kontext setzt. Eine solche Plattform lebt von möglichst hoher Aktivität: Je mehr Fahrzeuge Daten beisteuern, desto besser wird die Datenqualität. Gleichzeitig greifen sie auf die Plattform zu und nutzen die Daten. So entsteht eine Win-win-Situation: Wer Daten bereitstellt, profitiert im Gegenzug von besserer Qualität.
Sensoren als Datenlieferanten
Letztlich lässt sich jeder Sensor und jedes Assistenzsystem nutzen, um Informationen zu sammeln, die vernetztes Fahren unterstützen. Es sind vermeintlich unauffällige Helfer, die aufschlussreiche Daten liefern, von denen andere Verkehrsteilnehmer profitieren. Das Zusammenspiel von Regensensor und Scheibenwischer ist ein anschauliches Beispiel: Wenn in einem bestimmten Streckenabschnitt alle erfassten Fahrzeuge die Wischer betätigen, ist es ein sicheres Indiz für Regen. Die Stufe der Wischer gibt Aufschluss über die Regenintensität. Auch wie oft das ABS eingreift, lässt auf die Stärke des Niederschlags schließen. Gepaart mit dem Temperatursensor sind auch Warnungen vor Glatteis möglich.
Kombiniert mit Standortdaten sind solche Informationen die Grundlage für neue Dienste in der vernetzten Mobilität. Ortsbezogene Daten sind nötig, damit die beteiligten Fahrzeuge „wissen“, wo ein Ereignis wie beispielsweise Starkregen oder Glatteis stattfindet. Ohne den örtlichen Kontext nutzen Informationen über Regen oder Glatteis wenig.
Auch komplexere Sensoren, die in Fahrerassistenzsystemen zum Einsatz kommen, liefern Daten. Dazu zählen Kameras, aber auch Radar- und Lidar-basierte Sensoren. Mit ihrer Hilfe lassen sich Hindernisse auf der Straße erkennen, Abstände zu anderen Verkehrsteilnehmern erfassen und auch deren Geschwindigkeit. Gleichzeitig erfassen Kameras Verkehrsschilder, Ampeln und Änderungen in der Straßenführung.
Neue Dienste dank vernetzter Fahrzeuge
Aus der Interpretation der Daten vernetzter Fahrzeuge speisen sich neue Dienste und Systeme. Je mehr Verkehrsteilnehmer Daten beisteuern, desto präziser arbeiten diese Dienste. Um wirklich einen Mehrwert für Verkehrsteilnehmer zu schaffen, müssen die Daten echtzeitnah erfasst und verarbeitet werden. Mögliche Gefahren können Baustellen sein, liegengebliebene Autos oder Wetterphänomene wie Gewitter, Nebel und Glatteis. Wenn Fahrer gewarnt werden, wo eine solche Störung im Streckenverlauf auftritt, können sie rechtzeitig ihre Route ändern oder ihr Fahrverhalten anpassen.
So kann das Vernetzen von Fahrzeugen zum Austausch relevanter Informationen das Fahren sicherer machen und dazu beitragen, den Verkehr zu entlasten. Wenn Fahrer über Beeinträchtigungen auf der Straße informiert sind, können sie unterschiedliche Ausweichrouten wählen.
Zentrale Datenplattform
Der Informationsaustausch sollte über eine zentrale Plattform erfolgen, denn vernetzte Fahrzeuge kommunizieren in der Masse nicht bilateral miteinander. Deshalb benötigen sie eine übergeordnete Ebene, die sämtliche erfassten Daten sammelt, aggregiert, bearbeitet und an die Nutzer zurückspielt. Eine Datenplattform für vernetzte Mobilität sollte herstellerübergreifend und -unabhängig mit Daten gespeist werden. Weitere Informationen, wie von Verkehrs- oder Wetterdiensten, aber auch Verkehrsdaten von Kommunen und anderen Unternehmen tragen dazu bei, eine solide Datenbasis zu schaffen und sorgen für die benötigte Datenqualität. Die Plattform muss gleichzeitig so offen sein, dass alle Nutzer dort Daten konsumieren, aber auch beisteuern können.
Für den effizienten Austausch von Daten vernetzter Fahrzeuge ist ein Datenmarktplatz nötig. Dieser sollte eine neutrale und skalierbare Umgebung bieten, um den Austausch von Daten möglichst einfach und sicher zu gestalten. Die auf dem Marktplatz gehandelten Daten lassen sich dann für vernetzte Dienste im Auto einsetzen. Um eine solche Plattform und einen Marktplatz zu betreiben, bedarf es auch eines besonderen Schutzes der Privatsphäre. Rein standortbezogene Daten müssen unter Einhaltung der DSGVO genutzt werden.
Denn letztlich ist der verantwortungsvolle Umgang mit Daten entscheidend für die Akzeptanz von Diensten in der vernetzten Mobilität.
Sichere Übertragung
Wie der Begriff schon suggeriert, benötigen vernetzte Fahrzeuge ein Netz. Jedoch gibt es große Unterschiede in der Netzabdeckung, gerade beim 4G-Netz in Deutschland. In ländlichen Gebieten, aber auch in Straßenschluchten, gibt es keine qualitativ gleichbleibende Abdeckung. Die gesamte Industrie setzt große Hoffnungen in den Mobilfunkstandard der fünften Generation, 5G. Jedoch sollen vernetzte Dienste im Fahrzeug verlässlich funktionieren, noch bevor 5G flächendeckend verfügbar ist. Darum benötigen Autos entlang ihrer Route Informationen zur Netzabdeckung. So erkennen sie, wann sie am besten Daten teilen und empfangen können. Sie können beispielsweise Routeninformationen herunterladen, bevor sie in eine Gegend mit schlechter Netzabdeckung fahren und darauf basierend ihre Route optimieren.
Um das Teilen und Empfangen der Daten sicher zu gestalten, bedarf es eines hochkomplexen Sicherheitsstandards. Dieser muss gewährleisten, dass niemand von außen in die Fahrzeugsysteme eindringen kann. Eine industrieweite Akzeptanz garantiert zudem einen universellen Einsatz. Es gibt hochsichere Over-the-Air-Lösungen zur Aktualisierung vernetzter Fahrzeuge und IoT-Geräte, die beispielsweise auf dem Hochsicherheits-Framework der Uptane Alliance basieren. Dabei handelt es sich um ein gemeinnütziges Konsortium aus Automobilunternehmen, akademischen Sicherheitsforschern und Regierungsbehörden, die daran arbeiten, die Uptane Open-Source-Software für die Sicherheit von Software-Updates over-the-air (OTA) für Fahrzeuge und andere Geräte und Infrastrukturen zu standardisieren. Uptane ist das erste offene Software-Update-Sicherheitssystem für die Automobilindustrie, das in der Lage ist, selbst Angriffen auf der Ebene nationalstaatlicher Akteure standzuhalten. Es ist so konzipiert, dass die Sicherheit von Software-Updates nicht auf einmal abgebaut wird, sondern einer Hierarchie folgt, in der verschiedene Zugangsstufen zu Fahrzeugen oder der Infrastruktur des Automobilherstellers erreicht werden müssen. Durch den Einbau dieser Ebenen in das Sicherheitssystem wird verhindert, dass ein Angreifer größere Schäden am Fahrzeug verursachen kann – selbst wenn er Server kompromittiert, Netzbetreiber besticht oder Zugang zu Fahrzeugnetzen erhält.
Die nächste Stufe: autonomes Fahren
Vernetzte Dienste, Technologien und Assistenzsysteme bilden die Basis für autonomes Fahren. Ortsbezogene Daten, die in den richtigen Kontext gesetzt werden, spielen dabei eine wichtige Rolle. Nur wenn diese Daten in Echtzeit auf einer neutralen Plattform gesammelt, mit anderen Daten in Verbindung gesetzt und richtig interpretiert werden, kann eine autonome Mobilität Realität werden.
Knuth Sexauer ist Senior Director Sales EMEAR Automotive bei Here Technologies