Müßige Suche nach dem Sündenbock
G Datas Studienband ist allein schon deshalb kein Hexenhammer des Cybercrimes, weil hier viel mehr als nur ein Schadensbericht vorgestellt wird – und auch klar gesagt wird: Es mag Versäumnisse und Unachtsamkeit geben, aber es trifft niemanden eine individuelle Schuld, wenn ein Cybercrime-Vorfall eintritt. Die Suche nach einem Sündenbock (da ist sie wieder, die Hexe!), ist leider immer noch in den Köpfen vieler heutiger Führungskräfte verankert. Nichts ist damit gewonnen.
G Data gelingt es, aus rund 50 Quellen zu fast allen Facetten der Cybercrime-Industrie valide und aufschlussreiche Statistiken zu präsentiert – und das nach Ländern ausgeschlüsselt. Und noch etwas ist anders.
Was in der Prävention schief geht
G Datas Report bleibt nicht lediglich bei der Dokumentation der sich Jahr für Jahr zuspitzenden Bedrohungslage stehen. Man fragt, warum es bei Unternehmen mit der Einstellung von Security-Experten nicht klappt und welche gewaltigen Probleme aus dem Fehlen von Fachpersonal erwachsen (u.a. falsch konfigurierte Systeme). Ob Unternehmen gut auf einen Vorfall vorbereitet sind (Notfallplan?). Worauf sie Wert legen, wenn ein IT-Dienstleister für Security sorgen soll. Das alles sind wichtige Punkte, um sich ein Bild zu machen, was in der Prävention schief geht. Fast 18 Prozent der Geschäftsführer sind sich der IT-Risiken nicht hinreichend bewusst, wenn ein Hackerangriff erfolgreich ist. Das trifft auch auf 23 Prozent der Belegschaft zu. Regelmäßige Schulungen, um beispielsweise nicht auf jede E-Mail mit Anhang zu klicken, würde vielleicht KGB die Arbeit erleichtern?
Stecker am Computer ziehen?
Erleichtern? Ja. KGB steht nämlich für Kira Groß-Bölting. Die Incident-Response-Koordinatorin hat bei G Data gleich vier Aufgaben, wenn panische Kunden wegen eines Hackerangriffs bei ihr anrufen: Feuerwehrleitstelle, Seelsorge, Ersthelferin und Überdruckventil. Letzteres, wenn die Emotionen hoch kochen und betroffene Firmenverantwortliche Schuldige suchen. Der Bericht über den Alltag von KGB ist höchst spannend, ihre Tipps im Falle von Panikattacken bei betroffenen Unternehmen hilfreich. Soll man im Falle eines Hackerangriffs den Stecker am Computer ziehen? Lösegeld zahlen, um an verschlüsselte Daten zu kommen? KGB wird mit Gefühlen der Ohnmacht konfrontiert. Wie gut, dass wenigstens sie Ruhe bewahrt, zuhört und dann aber auch ansagt, was zu tun ist.
Cybersicherheit in Zahlen 2022/2023 von G Data: absolut lesenswert!